„Wird ein Problem“Virologe Streeck befürchtet Schlimmes und räumt mit Impf-Missverständnis auf

Hendrik Streeck (hier bei einer Pressekonferenz im April 2020 in Düsseldorf) plädiert für eine höhere Impfbereitschaft in Deutschland.

Hendrik Streeck (hier bei einer Pressekonferenz im April 2020 in Düsseldorf) plädiert für eine höhere Impfbereitschaft in Deutschland.

Corona-Experte Hendrik Streeck hat sich zur aktuellen Corona-Lage zur Wort gemeldet. Die Infektionszahlen könnten stärker steigen als in Wellen zuvor. Das liegt auch an einem Impf-Missverständnis.

Köln. Die Corona-Zahlen stagnieren nach dem starken Anstieg im Zusammenhang mit den Reiserückkehrern, die Lage auf den Intensivstationen war entspannt. Corona-Experte Hendrik Streeck befürchtet, dass sich das auch schnell wieder ändern kann.

Ein Blick nach Köln reicht, um die unsichere Situation zu verstehen. Obwohl die kalte Jahreszeit noch nicht angefangen hat, sind aktuell bereits alle Intensivbetten in den Kölner Kliniken belegt. „So etwas hatten wir noch nie im Sommer in Köln“, twitterte der Chef-Mediziner der Intensivstation in Köln-Merheim.

Hendrik Streeck: „Höhere Infektionszahlen als in Wellen davor“

Auf die Frage, wie schlimm es denn jetzt im Herbst mit der Corona-Welle werde, gibt sich Infektiologe Hendrik Streeck wenig optimistisch. Im Detail könne das natürlich keiner vorhersagen, „aber wir müssen schon mit einem deutlichen Anstieg rechnen“, so Streeck in dem Interview mit RTL am Donnerstag (16. September). „Ich kann mir sogar vorstellen, dass wir höhere Infektionszahlen als in den Wellen davor haben werden.“

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Streeck führt den befürchteten Anstieg der Corona-Zahlen auf die anstehenden kälteren Jahreszeiten im Herbst und Winter und auf die niedrige Impfquote in Deutschland zurück. Auch einen Lockdown könne man vor diesem Hintergrund „nie ausschließen“, so der Experte weiter. Man müsse aber unbedingt verhindern, dass es dazu komme. Er glaube aber, dass dafür im Moment noch viel zu wenig für getan werde.

„Wir müssen noch mehr Menschen dazu bringen, dass sie sich impfen lassen wollen, aus Überzeugung, nicht aus Druck. Und zusätzlich müssen wir vielleicht Richtlinien geben, etwa wie Innenräume sicher sind“, erklärt Streeck. Er schlägt in diesem Zusammenhang ein Hygienezertifikat für Innenräume vor.

Virologe Hendrik Streeck räumt mit Impf-Missverständnissen auf

Zudem räumt der Virologe mit möglichen Missverständnissen zu den Impfstoffen auf. „Es wird ja viel von Herdenimmunität geredet. Aber der Impfstoff ist vor allem ein Eigenschutz und kein Fremdschutz“, betont Hendrik Streeck. Man könne nicht darauf bauen, dass man sich selbst nicht infiziert, wenn man geimpft ist. Die Studien zeigten eindeutig, dass auch Geimpfte sich immer mal wieder infizieren und so das Virus an Ungeimpfte weitergeben könnten, so Streeck weiter.

Ein Argument für Impfverweigerer sei dies jedoch nicht. Man wisse viel zu wenig über Long-Covid. „Das wird ein Problem und das ist eine reelle Gefahr für jeden, der nicht geimpft ist“, sagt Hendrik Streeck. Zudem werde sich die Situation auf den Intensivstationen wieder zuspitzen. Niemand wolle riskieren, mit einer schweren Erkrankung, sei es Covid oder etwas anderes, und am Ende haben wir keine Plätze mehr auf den Intensivstationen. (jv)