Dieser Corona-Gipfel wurde mit Spannung erwartet: Die Ministerpräsidentenkonferenz, kurz MPK, hat am Donnerstag (18. November) entschieden, wie die Maßnahmen verschärft werden sollen.
Corona-Gipfel„Lage hochdramatisch“: Merkel kündigt harte Maßnahmen an – auch für Geimpfte
Berlin. Die vierte Welle muss gebrochen werden. Um das zu erreichen, wurden nun von Bund und Ländern schärfere Maßnahmen beschlossen. Ein neu definierter Schwellenwert soll dabei helfen – mit ihm könnte es auch Einschränkungen für Geimpfte geben.
Die 16 Länder-Chefs und geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel sind am Donnerstag, 18. November 2021, zusammengekommen. Um 13 Uhr hat der Corona-Gipfel begonnen. Am Abend trat Merkel zusammen mit Michael Müller (SPD), dem Regierenden Bürgermeister Berlins, Olaf Scholz (SPD) sowie dem MPK-Vorsitzenden Hendrik Wüst (CDU) vor die Kameras, um über die Ergebnisse zu informieren.
So wollen die Länder Beschäftigte unter anderem in Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Corona-Impfung verpflichten. Die Pflicht soll bei Kontakt zu besonders gefährdeten Personen gelten, wie Wüst erklärte.
Corona-Gipfel: Einschränkungen auch für Geimpfte möglich
Zudem sollen bei Überschreiten der Belastungsschwellen in den Kliniken schärfere Corona-Maßnahmen greifen, wie Merkel sagte. Dafür wurden drei Stufen beschlossen. Bei Überschreiten eines Werts von 6 sollen dann auch Einschränkungen für Geimpfte und Genese gelten: Sie müssten etwa zusätzlich Testnachweise (2G plus) vorweisen. Liegt der Wert über 3, gelten flächendeckende Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G) etwa zu Veranstaltungen und der Gastronomie. Auch für Fußballprofis werde eine 2G-Regel geprüft.
Corona-Gipfel: Pressekonferenz mit Merkel im Ticker
In übersichtlichen Stichpunkten fassen wir die Inhalte der Pressekonferenz mit Angela Merkel zusammen:
- Gilt die 2G-Regel auch für Profi-Fußballer? Am Arbeitsplatz gelte 3G, man müsse festlegen „was Arbeitswelt, was Freizeitwelt ist“, so Merkel. Bei Freizeitveranstaltungen seien 2G-Einschränkungen möglich. Wüst ergänzt: Unter den Ländern gebe es Einigkeit darüber, dass jene Regeln für Zuschauer im Stadion auch für Spieler auf dem Platz gelten sollten. Das heißt auch Spieler müssten genesen oder geimpft sein. Die rechtliche Umsetzbarkeit solle nun auch hier geprüft werden.
- Auf Nachfrage kritisiert Merkel das Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, wie vom Bundestag beschlossen. Das sei auch „psychologisch falsch“ und das „falsche Signal nach außen“. Sie hätte sich gewünscht, dass die Länder weiterhin die Werkzeuge zur Verfügung haben wie bisher. Sie halte den neuen Maßnahmenkatalog für nicht weitreichend genug.
- Es folgen die Fragen der Journalisten. Wie soll 2G und 3G praktisch kontrolliert werden? Merkel: „Es muss eine Systematik entstehen, bei der jeder weiß, dass die Gefahr eine Kontrolle da ist.“
- Scholz: „Es wird einschneidende Maßnahmen geben, die es bisher nicht gegeben hat“. 3G am Arbeitsplatz etwa. „Mein Wunsch ist es, dass wir die Zeit nutzen, um zu zeigen, dass wir als Land zusammenhalten können.“
- Olaf Scholz: „Es ist wichtig, dass wir gut durch diesen Winter kommen.“ Er appelliert an alle Ungeimpften, „sich einen Ruck zu geben“ und sich auch für die eigene Familie und Angehörige impfen lassen. Zudem sei es wichtig, dass geboostert wird.
- Berlins Regierender Bürgermeister Müller erklärt, dass es „zu viel Egoismus und Gleichgültigkeit“ im Land gebe. Es könne nicht sein, dass eine Minderheit eine Mehrheit gefährdet. Auch er hält die neuen Maßnahmen wie die flächendeckende 2G-Regel für richtig. Es sei zudem weiterhin wichtig, auf die Hygienemaßnahmen wie Abstand und Maske zu achten.
- Wüst: „Ich bitte alle Ungeimpften, sich solidarisch zu zeigen und sich schnellstmöglich impfen zu lassen.“
- Wüst dankt dem Pflegepersonal und den Krankenhausmitarbeitern für ihren „unermüdlichen Einsatz“, es werde zusätzliche finanzielle Boni geben.
- „Es soll zum ersten Mal eine Impfpflicht geben“, so Wüst. Die Länder wollen Beschäftigte unter anderem in Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Corona-Impfung verpflichten. Die Pflicht soll bei Kontakt zu vulnerablen Personen gelten. Das müsse rechtlich geprüft werden. Am 9. Dezember werden die Ministerpräsidenten erneut zusammenkommen, um die Maßnahmen zu überprüfen.
- 2G-Regeln bei einem entsprechenden Schwellenwert, 3G am Arbeitsplatz, eine Impfpflicht für Krankenhausmitarbeiter und Pflegeberufe sowie neue Schwellenwerte – bei all dem sei man sich einig geworden. Unter-18-Jährige und Personen, die nicht geimpft werden können, seien von der 2G-Regel ausgenommen.
- MPK-Chef Wüst erläutert anschließend, dass wohl noch viele hundert Menschen in der Pandemie sterben müssten. „Wir sind an dem Punkt, an den wir nie kommen wollten.“ Viele Krankenhäuser seien überlastet, der Notstand müsse verhindert werden.
- Merkel weiter: „Die Lage ist hochdramatisch.“ Das Land befinde sich in einer „sehr ernsten Situation“. Die neuen Maßnahmen müssten nun regelmäßig überprüft werden. Merkel bedauert die große Impflücke in Deutschland. „Wir könnten besser dastehen, wenn die Impflücke nicht so groß wäre“, sagt sie. Es sei aber nie zu spät, sich impfen zu lassen.
- Merkel spricht über die neuen Schwellenwerte, die definiert worden sind: Ab einem Hospitalisierungswert von drei müssen in einem Land 2G-Regeln eingeführt werden. Ab einem Hospitalisierungswert von 6 soll die sogenannte 2G-plus-Regel gelten. Dann gelten strenge Einschränkungen auch für Geimpfte: An Orten mit besonders hohem Infektionsrisiko sollen Geimpfte und Genesene zusätzlich einen aktuellen Corona-Test vorzeigen müssen. Überschreitet der Index den Wert 9, könne es auch zusätzlich Kontaktbeschränkungen oder Verbote von Veranstaltungen geben, so Merkel.
- Dann spricht sie über die Beschlüsse: Die Auffrischungsimpfung sei nun auch von der Stiko für alle ab 18 Jahren empfohlen. „Eine gute Nachricht, aber auch eine herausfordernde Nachricht, weil nun eine große Zahl der Menschen eine solche Impfung bekommen muss.“ Es handele sich um 27 Millionen Menschen. Bund und Länder haben sich verpflichtet, jedem ein Impfangebot zu machen. Dafür haben auch THW und Katastrophenschutz ihre Hilfe angeboten.
- „Das einzige Kriterium unserer Beratung war, dass wir uns mit der aktuellen dramatischen Situation in Deutschland befassen“, so beginnt Merkel die Pressekonferenz. Die Situation sei besorgniserregend, es gebe eine Inzidenzspanne von 117 bis 911. „Wir brauchen einen schnellen Stopp des exponentiellen Anstiegs. “
Corona-Gipfel: Weitere Maßnahmen am Arbeitsplatz oder Verkehrsmittel
Am Vormittag hatte der Bundestag bereits die von SPD, Grünen und FDP geplanten Corona-Neuregelungen beschlossen. Der Bundesrat muss noch zustimmen, die Union droht aber mit Ablehnung. Vorgesehen sind neben der Ausweitung von Maßnahmen am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder Pflegeheimen auf der anderen Seite, dass besonders scharfe Maßnahmen, wie Schul- oder Geschäftsschließungen nicht mehr möglich sein sollen.
Die Pläne von SPD, Grünen und FDP sollen eine andere Rechtsgrundlage für Corona-Auflagen schaffen, wenn die bisher vom Bundestag festgestellte epidemische Lage am 25. November ausläuft. Die Ampel-Parteien haben sich dagegen entschieden, sie erneut im Bundestag zu verlängern. (dpa/mg)