Braucht es in der EU neue Atomkraftwerke, um die Klimaziele zu erreichen? Nachdem die Brüsseler Pläne zur Atomkraft bekannt wurden, wird wieder heiß über das Thema diskutiert. Ein SPD-Politiker bekam für seine klaren Worte auf Twitter einigen Gegenwind.
„Sie gehören nicht in die Politik“SPD-Mann erntet für seinen „Atomfan“-Vergleich heftige Kritik
Frankreich, Polen, die Niederlande sind überzeugt davon: Es braucht Atomkraftwerke, um die Klimaziele zu erreichen. Und Brüssel unterstützt diese Pläne – wenn auch indirekt. Der Plan der EU-Kommission sorgt für Empörung bei Umweltschützern und Kernkraftgegnern – und auf Twitter für heiße Diskussionen zwischen beiden Lagern.
Der SPD-Politiker Ralf Stegner hat mit seinem Tweet gegen Atomkraft-Befürworter für einigen Wirbel gesorgt. Denn er verglich einige Reaktionen von Kernkraft-Befürwortern mit denen von Coronaleugnern und Rechtsradikalen. Damit sorgte er für reichlich Unverständnis und deutliche Kritik.
Am Sonntagnachmittag twitterte Ralf Stegner: „Verstrahlte Reaktionen der Atomfans auf allen Social Media Kanälen bestätigen noch einmal in eindrucksvoller Weise alles, was ich in letzter Zeit dazu geschrieben habe. Inhaltlich und im Ton stehen sie Impfgegnern, Corona-Leugnern und Rechtsradikalen kaum nach.“
Die Reaktionen auf seinen Tweet lassen nicht lange auf sich warten. „Hat Ralf Stegner gerade die französische Regierung als Coronaleugner und Rechtsradikale beschimpft?“, fragte zum Beispiel der Wirtschaftswissenschaftler Jan Schellenbach. „Haben Sie Macron gerade als Impfgegner, Corona-Leugner und Rechtsradikalen bezeichnet?“, fragte ein anderer. Ein weiterer meint: „Also, wenn ich Sie richtig verstehe, sind Wissenschaftler, die für Atomkraftwerke sind, Rechtsextreme. Sie gehören nicht in die Politik, Herr Stegner.“
Ralf Stegner (SPD): „Ist es so schwer, sinnerkennend zu lesen?“
Stegner erklärte wortreich auf Twitter, dass er keine allgemeine Kritik an Atomkraft-Befürwortern übe, er habe vielmehr die radikalen Posts einiger Unterstützer gemeint. Der SPD-Politiker schreibt: „Ist es so schwer, sinnerkennend zu lesen? Mir gefällt die Haltung der frz. Regierung zur Atomenergie überhaupt nicht, aber ich habe das natürlich nicht (!) mit Rechtsradikalen verglichen. Unterirdische Social Media Posts einiger Atomfans hingegen ähneln diesem miesen Stil schon.“
Die politische Befürwortung von Atomenergie habe er nicht kritisieren wollen, „obwohl ich das in der Sache entschieden ablehne.“
Nachdem bekannt wurde, dass die EU-Kommission von Ursula von der Leyen moderne Atom- und Gaskraftwerke indirekt fördern wolle, warfen Organisationen wie Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe der Behörde am Wochenende vor, ein vollkommen falsches Signal zu setzen und ihre eigenen Klimaziele zu untergraben.
Atomkraft: Pläne aus Brüssel sorgen für scharfe Kritik
In Deutschland, das aus der Atomkraft aussteigt, gab es Aufregung vor allem wegen der Pläne, Investitionen für neue Atomkraftwerke oder Laufzeitverlängerungen unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einzustufen. Die „Hochrisikotechnologie“ Atomenergie als nachhaltig zu etikettieren, sei falsch, kommentierte etwa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der Atommüll werde die EU über Jahrhunderte belasten.
Auch Ralf Stegners Parteigenossin Svenja Schule (SPD), die neue Bundesentwicklungsministerin, sagte: „Atomkraft ist zu riskant, zu teuer und zu langsam, um der Welt beim Klimaschutz zu helfen.“ Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) nannte den Vorstoß der EU-Kommission energie- und klimapolitisch einen absoluten Irrweg. (mg)