Berlin liefert Leopard-Panzer an die Ukraine, der Kreml tobt und reagiert mit drastischen Drohungen: Man werte das in Moskau als „direkte Beteiligung“ am Konflikt. Ist Deutschland damit jetzt Kriegspartei?
Der Kreml drohtBerlin liefert Kampfpanzer: Nimmt Putin jetzt auch Deutschland ins Visier?
Deutschland liefert der Ukraine Kampfpanzer des Typs Leopard – ein wichtiger Schritt im Krieg gegen Russland, da sind sich Expertinnen und Experten einig. In einem ersten Schritt werden 14 Panzer zur Verfügung gestellt, weitere sollen folgen.
Klar ist: Die Kampfkraft der ukrainischen Streitkräfte wird enorm gestärkt. Schon lange fordern Militärexpertinnen und -experten, dass Panzer geliefert werden, da die Ukraine sie nun dringend benötigt.
Ukraine: Deutschland liefert Kampfpanzer, USA ziehen nach
Seit Oktober konzentriert sich der Krieg in der Ukraine vor allen Dingen auf den Osten des Landes, die russischen Streitkräfte haben sich konsolidiert: Es gibt zahlreiche Befestigungsanlagen entlang der Front, die eine Gegenoffensive der Ukraine deutlich erschweren. Kampfpanzer würden da helfen.
Doch lange Zeit war in der Frage der Lieferung wenig Einigkeit bei den Nato-Verbündeten zu merken: England ist bereits vor der deutschen Ankündigung vorgeprescht, versprach Challenger-2-Panzer. Dann hat der US-amerikanische Präsident Joe Biden zwar mit Kanzler Olaf Scholz telefoniert – aber die USA wollten vorerst keine Panzer liefern.
Dann erklärte Scholz, der eigentlich nur Leopard 2 schicken wollte, wenn die USA Kampfpanzer senden, dass die deutschen Panzer nun doch an die Ukraine gehen sollen.
Leopard 2 für die Ukraine: Phase 3 im Krieg gegen Russland
Laut Militärstrategen eine wichtige Maßnahme, denn Schützenpanzer und Kampfpanzer bilden in der Ukraine erstmals eine Einheit, mit der die russischen Linien durchbrochen werden können.
Der Leopard ist Teil der dritten Phase, nachdem zu Beginn des Krieges vor allem der mobile Widerstand aktiv war (mit Panzerfäusten aus deutschen Beständen) und im weiteren Verlauf dann Flugabwehr und Artillerie wichtig wurden.
Panzer für die Ukraine: Große Sorge vor allem im Osten Deutschlands
Die neue Panzer-Offensive des Westens schürt nun Hoffnungen für weitere Lieferungen, etwa von Tornado-Kampfflugzeugen, auf der einen Seite. Und Sorgen auf der anderen: Ab wann wird Deutschland zur Kriegspartei?
Einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv zufolge stößt die Leopard-Entscheidung bei mehr als der Hälfte der Deutschen auf Zustimmung: 53 Prozent halten das für richtig. Doch besonders im Osten Deutschlands ist die Ablehnung groß: 65 Prozent der Ostdeutschen halten Kampfpanzer-Lieferungen für falsch, und 59 Prozent glauben, dass es dadurch zu einer militärischen Reaktion Russlands gegen Deutschland kommen könnte.
Am Donnerstag kam die Reaktion aus dem Kreml: Man werte westliche Panzerlieferungen als „direkte Beteiligung“ am Ukraine-Konflikt. Doch aus völkerrechtlicher Sicht ist die Schwelle zur Konfliktpartei mit der Lieferung von Panzern nicht überschritten.
Panzer für die Ukraine: Ab wann ist Deutschland Kriegspartei?
Die Frage, wann genau denn ein Staat wie Deutschland, der eine andere Konfliktpartei wie die Ukraine militärisch unterstützt, selbst zur Kriegspartei wird, lässt sich nicht einfach beantworten. Doch mit der Lieferung des Leopard 2 wird keine rote Linie überschritten.
Denn grundsätzlich gilt im Völkerrecht ein allgemeines Gewaltverbot. Die Ausnahme: Die Charta der Vereinten Nationen gesteht jedem Land ein Selbstverteidigungsrecht gegen einen bewaffneten Angriff zu. Im März 2022 hat die UN-Vollversammlung Russlands militärische „Aggression“ Russlands als Verstoß gegen die Charta missbilligt und das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine bestätigt.
Andere Länder und somit auch Deutschland dürfen einen angegriffenen Staat bei seiner Selbstverteidigung demnach unterstützen. Aus rechtlicher Sicht ist damit auch militärische Hilfe für die Ukraine zulässig. Mit der Unterstützung durch eine Lieferung von Leopard-2-Panzern, auch wenn sie Kampfpanzer sind, ist die rote Linie nicht überschritten.
Deutschland als Kriegspartei? Es ist nicht entscheidend, was man liefert
Denn entscheidend ist nicht, was man liefert, sondern ob und wie man in den Krieg eingebunden ist, erklärt Völkerrechtsexperte Alexander Wentker dem ZDF.
Man wird erst Kriegspartei, wenn ein Staat mit eigenen Streitkräften unmittelbar an Kampfhandlungen beteiligt ist, so Wentker. Auch die militärische Durchsetzung einer „No-Fly-Zone“ würde laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages darunterfallen.
Aus völkerrechtlicher Sicht lässt sich also die Frage beantworten, ob die Lieferung des Leopard 2, des stärksten Kampfpanzers der Welt, Deutschland zu einer Kriegspartei werden lässt. Wie die russische Regierung dieses Vorgehen bewertet, ist wiederum eine ganz andere Frage.