Wirbel im ZDFStudiogast macht AfD-Chefin klare Ansage, die ist stinksauer: „Sie haben das auswendig gelernt!“

Klartext erwarten die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie den Kanzlerkandidaten von SPD, CDU, Grünen und AfD im ZDF ihre Fragen stellen. Doch als ein Studiogast mit AfD-Chefin Alice Weidel Klartext spricht, wird die ungehalten.

von Martin Gätke  (mg)

Im ZDF-„Klartext“ haben Bürgerinnen und Bürger am Donnerstagabend (13. Februar, ab 20.15 Uhr) im Studio die Möglichkeit, den Kanzlerkandidaten und der Kanzlerkandidatin Fragen zu ihren Plänen für Deutschland zu stellen. Zu Gast: die Kanzlerkandidaten von SPD, CDU und Grünen sowie die Kandidatin der AfD, Alice Weidel.

Doch Weidel wirkt etwas sprachlos, als einer der Studiogäste ihr eine klare Ansage macht, nachdem sie ihre Pläne erläutert hatte. Es geht um die Frage: Wer darf laut der AfD eigentlich in Deutschland bleiben und arbeiten – und wer nicht?

Frage an Weidel: „Gibt mir Deutschland eine Chance?“

Eine Migrantin aus Georgien erklärt Weidel, sie arbeite als Altenpflegerin in Deutschland. „Ich möchte in Deutschland bleiben und bezahle meine Wohnung und alles.“ Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, die Frau besitzt aktuell eine Duldung. Ihre einfache Frage: „Gibt mir Deutschland eine Chance?“

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Weidel lobt die Migrantin zunächst, fragt sie, wie lange sie in Deutschland lebt (seit zwei Jahren). „Sie sprechen so gut Deutsch! Wow, toll!“, so Weidel. Moderator Christian Sievers weist Weidel trotz des Lobes darauf hin, dass die AfD ja vorhabe, diesen Duldungsstatus, den die Georgierin hat, abschaffen zu wollen.

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Weidel erklärt: „Nein! Genau da müssen wir grundsätzlich unterscheiden: zwischen Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und in das Asylsystem.“ Anschließend wendet sich Weidel an die Georgierin: „Sie sind so qualifiziert, sie machen einen tollen Eindruck! Sie sind ausgebildet als Altenpflegerin, haben die Sprache gelernt. Diese Frau wäre nach unserem Ansatz herzlich willkommen bei uns.“

Sievers nimmt Weidel den Wind aus den Segeln: „Aber sie ist abgelehnte Asylbewerberin und lebt mit Duldung in Deutschland. Und da habe ich Sie doch richtig verstanden, dass die geduldeten Menschen weg sollen?“ Weidel: „Nein, Sie könnte sich so bewerben, sie wäre herzlich willkommen. Weil sie hier arbeiten geht und Steuern zahlt.“

„Sie arbeitet hier und zahlt Steuern und wird hier gebraucht“

Auf wiederholte Nachfrage bekräftigt Weidel, dass die Frau bleiben könne, auch als Geduldete. „Sie arbeitet hier und zahlt Steuern und wird hier gebraucht. Weil wir Fachkräftemangel haben.“ Es brauche in dem Sektor zudem eine viel bessere Bezahlung.

Bodo de Vries, Leiter einer Pflegeeinrichtung in NRW (rechts am Mikro) redet Klartext mit Alice Weidel. Neben ihm Moderator Christian Sievers.

Alice Weidel (AfD) stellt sich den Fragen von Bodo de Vries (am Mikro) und ZDF-Moderator Christian Sievers (links neben ihm).

Neben der Georgierin sitzt ihr Arbeitgeber, Bodo de Vries. Er ist der stellvertretender Vorsitzender des Vorstands und der Geschäftsführung des Johanneswerks – eine Diakonische Einrichtung mit mehr als 7.000 Beschäftigten. „Frau Weidel, die Antworten reichen mir nicht und die Wertschätzung, die bei Ihnen rüberkommt, das ist nicht das, was ich von Ihrer Partei erlebe. Ich erlebe genau das Gegenteil von Ihrer Partei.“

Pflegeheim-Leiter geht Weidel an: „Wir brauchen mehr Migration“

Er sehe keine Willkommenskultur in der Politik der AfD – und die brauche es doch angesichts des Fachkräftemangels. „Die deutsche Altenpflege kämpft ums Überleben. Wir werden weniger in Zeiten, in denen wir mehr werden müssten. Wir sind stolz darauf, dass wir mit 95 Nationen die Arbeit stemmen. Wir brauchen mehr Migration, das hat mit ,Remigration‘, für die Sie stehen, überhaupt nichts zu tun!“ De Vries könne Weidel die Wertschätzung gegenüber seiner Mitarbeiterin neben ihm nicht abnehmen.

Weidel zeigt sich daraufhin etwas entgeistert, sagt: „Da müssen Sie einfach unser Programm lesen!“ De Vries entgegnet: „Das habe ich gemacht, gerade zur Pflege und beim Thema Demografie ist das eine absolute Enttäuschung!“ Weidel erklärt, sie habe doch die Dame gelobt und erklärt, sie könne doch hier arbeiten.

De Vries: „Es ging ja eben um Ihr Programm, und das habe ich gelesen. Da sind Sie ein vollständiger Ausfall!“ Es bräuchte dringend Migration, es bräuchte Fachkräfte aus dem Ausland und eine echte Willkommenskultur. „Uns fehlen 130.000 Pflegemitarbeiter bis zum Ende der Legislatur. Was ist Ihre Antwort auf diese Frage der Altenpflege?“

Hier die Szene auf X ansehen:

Weidel, die sich schon zuvor bei einem anderen Studiogast sarkastisch über das „neutrale Publikum“ mokierte, wird ungehalten: „Das habe ich Ihnen gerade gesagt und ich habe den Eindruck – ich will Ihnen nicht zu nahe treten – dass Sie mir nicht zugehört haben, dass Sie unser Wahlprogramm nicht gelesen haben und dass Sie das, was Sie gerade gesagt haben, auswendig gelernt haben.“ Das Studio johlt daraufhin laut los. „Ich habe doch gesagt, dass qualifizierte Einwanderer in Deutschland herzlich willkommen sind. Das würde das Personalproblem lösen.“

Sievers wiederum zitiert aus dem Wahlprogramm der AfD, demnach müsste die georgische Altenpflegerin, die so dringend gebraucht wird, das Land verlassen. Rückführungsmaßnahmen würden laut AfD durch die Duldung unterlaufen, die Duldung müsse demnach abgeschafft werden. „Nein, sie arbeitet doch“, widerspricht Weidel dem erneut.

„Vielleicht lesen Sie mal Ihr Wahlprogramm“, empfiehlt De Vries der AfD-Kanzlerkandidatin. Das Publikum lacht und applaudiert, auch Weidel äfft das Lachen nach. „Das ist so lustig hier!“