„Das wussten Sie alles vorher!“Lanz formuliert schweren Vorwurf an CDU-Mann Frei

Wer muss in den Koalitionsverhandlungen einen stärkeren Kompromiss eingehen - Union oder SPD? Bei „Markus Lanz“ lieferte sich vor allem CDU-Politiker Thorsten Frei ein Wortgefecht mit dem ZDF-Moderator, der versuchte, ihn zur geplanten Neuverschuldung aus der Reserve zu locken.

Neben den laufenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD fand aktuell auch die erste konstituierenden Sitzung des frisch gewählten Bundestages in Berlin statt. „Ich hatte das Gefühl, das war schon so ein Wendepunkt. Ein historischer Moment“, stellte Markus Lanz am Dienstagabend (25. März 2025) in seiner Sendung fest.

Der Moderator sprach damit auf die 152 Abgeordneten der AfD an, die künftig mit im Bundestag sitzen. „Der Sound war ein anderer“, erklärte der ZDF-Moderator und echauffierte sich dabei über verwendete Begriffe wie „Schrumpf-Germanen“.

Lanz fragt SPD-Politikerin: „Haben Sie Merz über den Tisch gezogen?“

CDU-Politiker Thorsten Frei gab daraufhin zu, dass die Veränderung im Bundestag bereits spürbar sei, „seit die AfD in den Bundestag gekommen ist. Damals vielleicht noch etwas tollpatschig - so wie das für Neulinge häufig der Fall ist - jetzt schon sehr abgebrüht“. Frei unterstellte der AfD in dem Zusammenhang unter anderem eine „Verächtlichmachung des Parlamentarismus“. Dennoch wollte Lanz wissen, ob es legitim sei, „diese Strategie der Ausgrenzung immer weiterzufahren“ und die AfD bei der Wahl des neuen Bundestagsvizepräsidenten zu ignorieren. „Das zementiert ja immer genau diesen Opfer-Märtyer-Status“, gab der ZDF-Moderator zu bedenken.

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Frei reagierte zwiegespalten und erklärte, dass ein Bundestagsvizepräsident in der Lage sein müsse, „mit Souveränität und Konsequenz das Haus auch zu vertreten“. Diese Fähigkeiten sehe er bei der AfD jedoch ausdrücklich nicht. Eine Annahme, die auch Anke Rehlinger teilte. „Man muss in der Demokratie aushalten, dass sich auch Feinde der Demokratie in Parlamenten bewegen, aber man muss nicht jedem Feind der Demokratie auch die Hand reichen“, konstatierte die SPD-Vizevorsitzende.

Journalistin Eva Quadbeck reagierte zwar skeptisch, merkte jedoch an: „Es ist keine gute Lösung, zu sagen, man grenzt die AfD aus, aber mir fällt auch keine bessere ein. Weil diese Partei nachgewiesen in Teilen (...) faschistisch ist.“ Quadbeck ergänzte: „Besser wäre es natürlich, man könnte sie integrieren, aber sie sind nicht integrierbar. Und das muss man sich auch immer wieder bewusst machen - es ist keine demokratische Partei.“

Markus Lanz nickte streng und erklärte, dass nur erfolgreiche Koalitionsverhandlungen und eine erfolgreiche Regierung den Aufwärtstrend der AfD stoppen könne. Der ZDF-Moderator wollte deshalb wissen: „Wie läuft es denn so zwischen Ihnen beiden?“ Anke Rehlinger antwortete nüchtern: „Zwischen uns beiden läuft es gut.“ Lanz reagierte lachend und warnte: „Sie sind ein bisschen zum Erfolg verdammt, wenn man so will.“ Anke Rehlinger musste zwar zustimmen, sie ergänzte jedoch: „Ich glaube, (...) dass wir mit den Arbeitsergebnissen aus dem Sondierungspapier schon einen wirklich guten Rahmen geschaffen haben, der viele Chancen beinhaltet.“

Diskussion bei „Markus Lanz“ zwischen Unions-Politiker Thorsten Frei (Mitte) und SPD-Frau Anke Rehlinger zeigte, dass noch keine Einigkeit in den Koalitionsverhandlungen besteht. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Diskussion bei „Markus Lanz“ zwischen Unions-Politiker Thorsten Frei (Mitte) und SPD-Frau Anke Rehlinger zeigte, dass noch keine Einigkeit in den Koalitionsverhandlungen besteht.

Mit Blick auf die geplante Neuverschuldung in Milliardenhöhe sagte sie: „Es wird wahrscheinlich nie mehr wieder einen so großen finanziellen Hebel geben, wie man ihn jetzt hat.“ Grund genug für Lanz, nachzuhaken: „Was ist das, was Sie da gerade mit Friedrich Merz gemacht haben? Haben Sie ihn über den Tisch gezogen?“ Die SPD-Vizevorsitzende wiegelte lächelnd ab: „Nein, wir haben uns sehr ernsthaft mit all den Fragen und Notwendigkeiten auseinandergesetzt.“ Laut Rehlinger sei der Weg der Erkenntnis jedoch „für den einen oder anderen etwas länger“ ausgefallen. Eine Aussage, die Lanz zu der Frage animierte: „Sind Sie, Herr Frei, schon am Ende dieses Weges der Erkenntnis angekommen?“

„Das wussten Sie alles vorher!“: Lanz formuliert schweren Vorwurf an CDU-Mann Frei

Thorsten Frei gab ehrlich zu: „Nein, natürlich nicht. Weil wir sind unterschiedliche Parteien, und wir haben unterschiedliche Schwerpunkte.“ Der 51-Jährige ergänzte: „Es ist das Wesen der Demokratie, dass wir zum Kompromiss kommen, und dazu sind wir in der Lage.“ Markus Lanz fasste nach: „Worin genau besteht der Kompromiss?“ Der Moderator wollte weiter wissen, ob es sich bei der geplanten Neuverschuldung nicht eher um „eine faustdicke politische Lüge“ handle.

Der CDU-Mann schüttelte prompt mit dem Kopf und erklärte: „Was für uns entscheidend war, (...) ist die Tatsache, dass wir deutlich mehr Geld brauchen für die Gewährleistung von Sicherheit und Verteidigung.“ Das Argument konnte Lanz jedoch nicht überzeugen. Er stellte klar: „Das wussten Sie alles vorher, Herr Frei!“ Der CDU-Politiker erinnerte daraufhin an das ausgeartete Treffen von Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump, das „eine neue Dramatik“ für Europa dargestellt habe.

Trotzdem machte Thorsten Frei keinen Hehl daraus, dass er die Aussage, an der Schuldenbremse festzuhalten, nicht bereue. Im Gegenteil: „Ich habe alles, was ich vor der Wahl gesagt habe, damals für richtig gehalten.“ Eine Aussage, die Lanz erneut irritierte: „Sie halten das, was Sie vor der Wahl gesagt haben, für richtig - und heute halten Sie genau das Gegenteil für richtig?“ Thorsten Frei versuchte sich zu verteidigen und gab zu: „Ich will nicht sagen, dass ich mich in jedem Kompromiss zu hundert Prozent wiederfinde.“ Auch davon ließ sich Lanz nicht abspeisen. Er fragte stichelnd: „Können Sie Leute verstehen, die sagen: 'Die haben uns Mist erzählt?'“ Eine Frage, auf die Frei mit einem nüchternen „Ich verstehe, dass es erklärungsbedürftig ist“ reagierte. (tsch)