Franz Stärk sucht als erster „Golden Bachelor“ mit 73 Jahren bei RTL noch einmal eine „Liebe fürs Leben“. Dabei setzt der pensionierte Schulleiter zunächst auf leise Töne. Derweil wissen die gestandenen Single-Frauen genau, was ihnen der potenzielle Traummann bieten muss - und was gar nicht (mehr) geht.
„Golden Bachelor“Erste Folge macht deutlich, was in der jüngeren Generation schiefläuft
Er greift zum Golfschläger statt zu Gewichten. Sein Haar trägt er nicht an den Seiten abrasiert, sondern voll und grau. Und wenn er Frauen begrüßt, nuschelt er ihnen nicht „Hi, alles gut bei Dir?“ zu, sondern fragt fröhlich: „Halli-hallo, wen haben wir denn da?“: Gestatten: Franz Stärk, 73 Jahre, pensionierter Schuldirektor aus Niedersachsen, ist der erste „Golden Bachelor“ Deutschlands.
Seit dem 3. Dezember sind die ersten beiden von insgesamt zehn Folgen beim Streamingportal RTL+ abrufbar. Im Januar können dann auch Zuschauer im linearen TV verfolgen, wie sich der geschiedene Vater von zwei Kindern anstellt bei der Suche nach einer neuen Liebe - und wie anders die Generation Ü-60 bei der Kontaktanbahnung tickt. „Die Jugend kann sich bei uns was abschauen“, ist sich Stärk sicher. Sein Signature-Flirt-Move kommt harmlos daher: „Ich umarme gern Menschen.“ Außerdem spielt er Gitarre, was ja bekanntlich noch nie bei der Kontaktanbahnung geschadet hat.
„Golden Bachelor“ Franz: „Die Jugend kann sich bei uns was abschauen“
Während ihn die Kamera in einem knallroten Cabrio auf den Serpentinen Kretas maximal malerisch einführt, erzählt der „Golden Bachelor“ auf dem Off, dass er in seinem früheren Leben 25 Jahre lang verheiratet war, sich seine Frau dann aber wegen eines Klassikers trennte: Kurschatten. Nun, zwölf Jahre später, sei er bereit, „noch einmal die Liebe des Lebens zu finden“. Seine Geschwister und sein Sohn unterstützen ihn dabei: „Er ist einfach sehr jung geblieben“, macht sein Sohn Werbung.
Das wollen 18 Kandidatinnen - im Alter zwischen 60 und 72 Jahren - überprüfen. Auffällig viele Blondinen sind dabei, keine einzige gibt als Beruf Influencerin an. Sie arbeiten bei Krankenkassen, als Anwältinnen oder Unternehmerinnen. Eine war im norwegischen Außenministerium angestellt, eine andere spuckte früher Feuer in der Manege und sagt den schönen Satz: „Wir haben damals Benzin genommen, es gab ja nichts anderes.“
Wie der Traummann sein sollte, darüber haben alle sehr konkrete Vorstellungen - die meisten waren mindestens ein Mal verheiratet, viele mehrmals. Eine macht direkt klar: „Ich will nicht mehr jeden Abend für einen Mann kochen.“ Humor und Empathie stehen hoch im Kurs, „und keine Pflegestufe idealerweise“, bringt eine der Frauen die Besonderheit der „Best Ager“-Liebesssuche schonungslos auf den Punkt.
Franz Stärk wiederum sucht eine Frau, die „weltoffen und natürlich“ ist, Selbstironie ist ein Plus, glatte Haare auch. Falten? Damit scheint weder er noch die Mehrheit der Ü-60-Frauen ein Problem zu haben. „Vor 30 Jahren gab es noch kein Botox“, stellt eine lapidar fest. Dafür verabredete man sich mithilfe von Telefonzellen. Happy times.
Vor der ersten Begegnung auf dem roten Teppich zeigen sich die Alten aber genauso nervös wie die Jungen: „Mir geht die Pumpe! Bloß nicht stolpern!“, zittert eine. „So spät war ich lange nicht mehr unterwegs“, klagt eine in der Limousine über aufkommende Müdigkeit. Man ist ja schließlich nicht mehr 22. Und wann wurde zuletzt in einer regulären „Bachelor“-Folge gereimt? „Einer mit Brille - das war mein Wille!“, ruft eine Bewerberin entzückt aus, als sie den wartenden „Golden Bachelor“ entdeckt. „Er erinnert mich ein bisschen an George Clooney“, ruft eine andere Single-Frau entzückt.
Was ebenfalls ähnlich ist: Die Frauen überreichen dem Mann, den sie noch gar nicht kennen, kuriose Geschenke wie eine Spreewaldgurke to Go, Rosenquarz und ein gemaltes Bild vom Enkelkind. Fremdscham-Momente gibt es auch: Eine Frau reißt sich theatralisch eine graue Lockenperücke und ein weites Kleid vom Leib und zeigt sich darunter im sexy Look mit langen braunen Haaren: „Wichtig ist auch immer, hinter die Kulissen zu schauen“, raunt sie dazu verschwörerisch.
Eine Kandidatin singt den Hildegard-Knef-Hit „Für mich soll's rote Rosen regnen“. Eine andere rollt mit ihrem schweren Motorrad vor und macht dem sichtlich eingeschüchterten Bachelor eine Knallhart-Ansage: „Mein Name ist Sonja. Freu' dich darauf, mich kennenzulernen!“
Die Freude währt jedoch nur kurz, denn schon in der ersten Nacht der Rosen schickt der 73-Jährige die taffe „Rockerbraut“ wieder nach Hause, auch eine andere Kandidatin muss direkt gehen. Was dann doch wieder arg am Klischee schrammt: Am meisten interessiert sich der „Golden Bachelor“ ausgerechnet für die Frau, die von allen Kandidatinnen am jüngsten aussieht: die 62-jährige Ute, eine weitgereiste Boutique-Managerin, die so manche Konkurrentin an Frauke Ludowig erinnert. „Da knistert was!“, ist der Bachelor nach dem ersten kurzen Gespräch schon schwer angetan.
Fazit nach dem Auftakt: Nach der ersten bisexuellen „Bachelorette“ Stella Stegmann entstaubt RTL mit dem „Golden Bachelor“ ein zuletzt etwas eingefahrenes Format auf spannende Art, die durchaus Lust auf mehr macht. Vielleicht fängt das Leben mit 66 Jahren nicht erst an, wie Udo Jürgens einst sang, aber klar ist: Mit über 60 Jahren kann man sich immer noch verknallen und zum Horst machen - und sich nun sogar von Kameras dabei begleiten lassen. (tsch)