ZDF-TalkMarkus Lanz legt sich mit neuem Sprecher der Grünen Jugend an

Ein altes Video vom neuen Sprecher der Grünen Jugend, ein „mega-peinlicher“ Clip vom FDP-Fraktionschef, „Fake-News-Kritik“ der CSU: Bei „Markus Lanz“ debattierten Jung-Politiker von CDU, SPD, der FDP und den Grünen über die Wirkung von Sozialen Medien - und überraschten am Ende mit seltener Einigkeit, als es um die Regulierung oder gar das Verbot von TikTok ging.

Die politische Kommunikation findet längst nicht mehr nur am Rednerpult statt, sondern vor allem auf Social Media. Im Netz, besonders auf Plattformen wie TikTok, locken Parteien wie die AfD schon seit geraumer Zeit mit gezielten Werbekampagnen und einprägsamen Kurzvideos junge Wähler an.

Markus Lanz blickte daher am Donnerstagabend (31. Oktober) mit fünf Jungpolitikern auf die Bedeutsamkeit eines gelungenen Social-Media-Auftritts im heutigen Zeitalter - und war vom Fazit am Ende mehr als baff.

Franziska Brandmann, die Vorsitzende der Jungen Liberalen, merkte dazu an, dass sie das Augenmerk nicht zu sehr auf einen perfekten Auftritt bei TikTok legen würde, sondern vielmehr auf eine authentische Kommunikation.

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Dies nahm Markus Lanz zum Anlass und spielte ein TikTok-Video von FDP-Politiker Christian Dürr vor, in dem er versucht, mithilfe von Slang-Wörtern junge Wähler anzusprechen. Statt Begeisterung löste der Clip jedoch bei den Jungpolitikern Fremdscham aus. Der Grüne-Jugend-Vorsitzende Jakob Blasel unterstellte Dürr sogar, mit dem Video verzweifelt nach Aufmerksamkeit zu suchen.

Ein Versuch, der zumindest bei ihm gnadenlos scheiterte: „So leicht lassen wir uns nicht verar..en!“ Der JU-Vorsitzende Johannes Winkel wählte ähnlich harsche Worte: „Es tut einfach weh, sich das anzuschauen. (...) Es ist einfach nur peinlich, aber es passt halt ein bisschen zur Performance der Ampel insgesamt.“

Markus Lanz legt sich mit neuem Sprecher der Grünen Jugend an: „Sagen Sie das jetzt aus taktischen Gründen?“

Dem harten Feedback wollte sich Franzika Brandmann zwar nur ungern anschließen, doch auch sie musste zugeben: „Ich will Christian Dürr gar nicht verteidigen. Ich finde das Video auch peinlich. Ich finde das mega-peinlich.“ Dennoch beschwichtigte Brandmann ihre Kritik, indem sie klarstellte, dass es vor allem darum ging, Reichweiten zu generieren. Ein Argument, auf das Jakob Blasel prompt mit dem Wort „Clickbait“ konterte.

Die JuLi-Vorsitzende stichelte genervt zurück: „Da kannst du drüber lachen, aber die Grüne Jugend hat halt deutlich weniger Reichweite als die FDP Bundestagsfraktion!“ Ähnlich turbulent ging es in der Debatte weiter, als Markus Lanz ein fünf Jahre altes Video von Jakob Blasel vorspielte, in dem er Haustiere als „Umwelt- und CO2-Luxus“ bezeichnete und forderte: „Meiner Meinung nach sollte es verboten werden, Tiere unnötig zu züchten.“ Statt diese Meinung zu wiederholen, sagte Blasel aktuell jedoch überraschend: „Ich persönlich habe mich da aus meiner jetzigen Sicht ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt.“

Bei „Markus Lanz“ warnte der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer: „Wir müssen TikTok (...) wirksam regulieren. Das ist total wichtig, um unsere demokratische Debatte zu schützen.“  (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Bei „Markus Lanz“ warnte der Juso-Vorsitzende Philipp Türmer: „Wir müssen TikTok (...) wirksam regulieren. Das ist total wichtig, um unsere demokratische Debatte zu schützen.“

Als der Grünen-Politiker ergänzte, dass er damals nur etwas wiederholt habe, was ihm vorgegeben wurde, stellte Lanz irritiert fest: „Ich habe noch nie irgendwo was vorgelesen, was ich nicht vorlesen wollte.“ Der ZDF-Moderator fragte deshalb streng: „Sagen Sie das jetzt aus taktischen Gründen, weil Sie wissen, dass das Klischee über die Grünen ist: 'Die wollen uns eh alles verbieten und jetzt auch noch die Haustiere'?“

Jakob Blasel dementierte dies und betonte, dass es „keine Klischee-Angst“ gebe. Er halte „diese Zuspitzung auf den Konsum von einzelnen Menschen“ aus heutiger Sicht jedoch „für falsch“. Nachdem Lanz deutlich machte, dass Blasel in dem Video lediglich eine Meinung kundgetan und nicht „wir müssen, ich fordere, ich will, ich verlange“ gesagt hat, zeigte er eine Video-Reaktion von Martin Huber, in der der CSU-Politiker behauptete: „Die Grüne Jugend will euch die Haustiere wegnehmen!“

Philipp Türmer warnt vor AfD-Erfolg auf TikTok: „Wir haben die Debatte dort zu lange den Falschen überlassen“

Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, sah in der Zuspitzung des CSU-Politikers kein Problem. Jakob Blasel reagierte derweil wütend und stellte klar, dass er „an keinem Punkt“ die Forderung gestellt habe, „dass Haustiere verboten werden sollen“. Zudem sei das Video nicht „in meiner Funktion als Grüne-Jugend-Mitglied“ aufgezeichnet worden.

Franziska Brandmann sah derweil ein ganz anderes Problem und kritisierte die Debatte als solche mit den Worten: „Ich finde, es geht um die Frage, was ist gerade wichtig in diesem Land!“ Laut der JuLi-Vorsitzenden seien sicherlich nicht die Hundekotbeutel das Thema, das die Menschen beschäftigt: „Das ist doch absurd!“ Jakob wehrte sich darauf prompt: „Du machst dir gerade eine Fake-News-Kritik von der CSU zu eigen, sich über eine Hundedebatte aufzuregen, die ich niemals als Sprecher der Grünen Jugend geführt habe!“

In einem Punkt waren sich die fünf Jungpolitiker jedoch einig: Besonders TikTok müsse reguliert und im schlimmsten Fall sogar verboten werden. Parteien wie die AfD schaffen es laut Johannes Winkel mit ihren „radikalen Inhalten, (...) einen höheren Push beim Algorithmus“ zu haben. Philipp Türmer stimmte zu und machte deutlich, dass traditionelle Parteien „den Kampf dort gegen diese faschistische Propaganda aufnehmen“ müssen. „Wir haben die Debatte dort zu lange den Falschen überlassen“, so der Juso-Vorsitzende.

Gleichzeitig mahnte er: „Wir müssen TikTok, (...) insgesamt Social Media, wirksam regulieren. Das ist total wichtig, um unsere demokratische Debatte zu schützen. Und wenn sie sich nicht regulieren lassen, dann muss man sie auch verbieten.“ Franziska Brandmann ergänzte zustimmend: „Entweder zieht sich der chinesische Staat aus diesem Unternehmen zurück (...), sonst verbieten wir die App!“ Eine Aussage, die Markus Lanz sichtlich überraschte: „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass hier fünf junge Politiker sitzen, die fast unisono sagen: 'TikTok müssen wir möglicherweise verbieten, zumindest regulieren'.“ (tsch)