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„Maybrit Illner“Waffenstillstand im Ukraine-Krieg? Strack-Zimmermann gerät mit Gysi aneinander – „so naiv“

Gregor Gysi und Marie-Agnes Strack-Zimmermann waren bei „Maybrit Illner“ nur selten einer Meinung.

Gregor Gysi und Marie-Agnes Strack-Zimmermann waren bei „Maybrit Illner“ nur selten einer Meinung.

Militärischer Druck sei die einzige Chance, den Ukraine-Krieg zu beenden – die Botschaft des Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak war eindeutig. Festgefahren waren auch die Positionen im TV-Studio – insbesondere bei Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Gregor Gysi (Die Linke).

In der kommenden Woche will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dem US-amerikanischen Präsidenten Joe Biden einen „Siegesplan“ vorstellen. „Die ganze Welt fragt sich, was das für ein Plan ist, denn nach echtem Sieg sieht es nicht aus“, begrüßte Moderatorin Maybrit Illner am Donnerstagabend zur Talk-Show mit dem Thema: „Ukraine will Sieg und Frieden – was will der Westen?“

Antworten erhoffte sie sich vor allem von einem: Mit Mychajlo Podoljak war einer der wichtigsten Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj aus einem bruchsicheren Bunker in Kiew zugeschaltet. Dass dieser Inhalte des „Siegesplan“ verraten würde, das hatte im Vorfeld bereits Wolfgang Ischinger (von 2008 bis 2022 Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, heute Präsident des MSC-Stiftungsrats) für unwahrscheinlich erklärt: Diese seien Joe Biden und eventuell Kamala Harris, vielleicht auch Donald Trump vorbehalten.

Russland-Expertin spekuliert auf „Paukenschlag“ von Joe Biden

Tatsächlich hielt sich der ukrainische Berater mit Details äußerst bedeckt. Eines machte er aber wiederholt deutlich: „Jegliche Verhandlungen mit der russischen Föderation sind ein Signal, dass wir ihr die Chance geben, ein Upgrade zu machen, an Fehlern zu arbeiten (...), und wenn der Konflikt eingefroren wird, kehrt man zur Expansion zurück. Es geht ihm um die Dominierung Europas“, warnte er vor der Illusion, mit Russland verhandeln zu können.

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Es bräuchte den Druck der russischen Bevölkerung auf die Eliten Russlands: „Das einzige Instrument ist, dass das Volk Russlands versteht, was Krieg ist.“ Deshalb sei die ukrainische Offensive in der Kursk ein „Meilenstein im Krieg“. Man dürfte Russland nicht bitten zu verhandeln, sondern müsse das Land an den Verhandlungstisch zwingen.

Mychajlo Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, warnte vor der Illusion, mit Russland verhandeln zu können.

Mychajlo Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, warnte vor der Illusion, mit Russland verhandeln zu können.

Dafür sei es notwendig, auch tief nach Russland reichende Langstreckenwaffen einsetzen zu dürfen, foderte Podoljak insbesondere von der USA und Deutschland, die sich diesbezüglich bisher quergestellt hatten: „Wir brauchen die Auflösung des Verbots, um systematisch handeln zu können“, betonte er. Damit könnte man vor allem kritische Infrastruktur in Russland angreifen. Das würde nicht nur die öffentliche Meinung der Russen weiter beeinflussen, sondern auch die Logistik und Ressourcen schwächen: „Der Preis muss zu hoch sein für Russland.“

Aus Sicherheitsgründen blieb es bei diesem kurzen Besuch. Die Antwort, warum Selenskyj ausgerechnet auf den scheidenden US-Präsidenten Joe Biden setzte, blieb er Maybrit Illner schuldig. Eine mögliche Erklärung darauf lieferte Russland-Expertin Sabine Adler vom Deutschlandfunk: „Die größte Hoffnung ist, dass Biden vielleicht noch mit Paukenschlag die Bühne verlassen will.“

Weniger erklärbar sei ihrer Ansicht nach die sowohl von Biden wie auch Bundeskanzler Olaf Scholz befürwortete Reichweitenbeschränkung für die Ukraine: Es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Ukraine die Waffen nicht völkerrechtskonform einsetze. Auch die Angst vor einer Eskalation durch Russland hielte sie für unbegründet. Zwar habe Putin oft gedroht, dann aber nicht entsprechend gehandelt: „Wovor hat der Westen Angst, warum zögert er?“

Wolfgang Ischinger will Russland „schwarzen Peter“ zuschieben

„Alle haben immer zu spät entschieden“, konstatierte Frank Sauer, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität der Bundeswehr in München, diese „passive und reaktive Politik“ sei „Teil des Gesamtproblems“. Man habe bisher keine langfristige Perspektive eingenommen: Der Ukraine-Krieg sei kein Regionalkonflikt, sondern ein zentrales Problem für die Sicherheit Europas.

„Es handelt sich nicht nur um eine freundliche Unterstützungsgeste für die Ukraine“, ergänzte Ischinger. Dass das in Deutschland bisher nicht hinreichend verstanden wurde, zeigten die Ergebnisse bei den jüngsten Landtagswahlen. In den letzten zweieinhalb Jahren habe sich der Westen „wie ein Ochse am Nasenring herumführen lassen von Putin“. Jetzt müsse man den „Spieß umdrehen“ und Russland den „schwarzen Peter“ zuschieben.

Gysi plädiert für Friedensverhandlungen, Strack-Zimmermann nennt ihn „naiv“

„Wir verschärfen, dann verschärft er zurück?“, konnte Gregor Gysi (Die Linke), Mitglied Auswärtiger Ausschuss im Bundestag, mit diesem Ansatz nichts anfangen. Zwar habe die Ukraine völkerrechtlich das Selbstverteidigungsrecht, „ob es politisch und militärisch klug ist, ist aber eine andere Frage“. Weder Russland noch die Ukraine könne den Krieg militärisch gewinnen, berief er sich auf Experten und warf in die Runde: „Warum können wir nicht ernsthaft über Waffenstillstand reden?“, plädierte er dafür, „statt an Eskalation an De-Eskalation zu denken“.

„Jeder möchte Frieden, die Frage ist, ob Putin in der Lage ist, das anzunehmen“, sah das Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) anders, „Putin versteht nur eine Sprache, und Friedensverhandlungen kann die Ukraine nur aus militärischer Stärke heraus führen.“ Deshalb sei es die Aufgabe des Westens, an der Seite der Ukraine zu stehen und diese humanitär, finanziell, aber auch mit Waffen zu unterstützen.

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„Das höre ich seit über zwei Jahren, es hat sich nichts verändert“, warf Gysi ein. „Deshalb werden wir nie zusammenkommen, Herr Gysi, weil Sie so naiv sind, mit diesem Mann Ringelreihen zu tanzen“, konterte Strack-Zimmermann. Doch der „Naive“ ließ sich nicht beirren: Man müsse zu Verhandlungen kommen, in denen man sich gegenseitig anhöre und einen Interessensausgleich fände.

Schließlich habe die NATO nach dem kalten Krieg das Völkerrecht durch den Krieg mit Serbien verletzt, und man müsse Russland die Angst, nein, den Druck davor nehmen. Gleichzeitig sollte man Länder wie China und Indien nicht - wie bisher durch Sanktionen „weit von uns wegschieben“, sondern als Vermittler gewinnen. „Wir schaffen es seit zwei Jahren nicht militärisch, vielleicht muss man jetzt anders denken“, wiederholte Gysi. (tsch)