Oliver Pocher nimmt sich während eines Auftritts eine Zuschauerin vor, macht sich über sie lustig. Die fühlt sich im Anschluss gedemütigt und forderte, dass die Szene nicht gezeigt werden soll. Pocher ist das egal, er tritt noch einmal nach. Ein erbärmliches Verhalten, findet unser Autor.
Kommentar zu Oliver PocherWie kann man nur so erbärmlich sein?
Humor kann ambivalent sein, darf wehtun, darf auch mal unter die Gürtellinie und richtig roh zur Sache gehen. Wie es geht, zeigt zum Beispiel der US-Comedian Bill Burr, der sich in bester Regelmäßigkeit über Frauen und Minderheiten lustig macht – und eigentlich gegen alles und jeden. Rechte, Linke, Schwarze, Weiße, völlig egal.
Es ist die Art der Comedy, bei dem sich das Publikum beim Lachen die Hand vor den Mund hält. Nach dem Motto: Hat er nicht gesagt. Darf man das überhaupt machen?
Oliver Pocher: Comedy ist Geschmackssache – aber das geht gar nicht
Auch Oliver Pochers Art der Comedy geht in diese Richtung – wenn auch nicht so scharfsinnig: Seit Jahren arbeitet er sich vor allem an Promis ab, an Menschen wie Boris Becker oder an Youtuberin Bibi Claßen, oder zuletzt an seiner Ex Amira, oder an Cora Schumacher. Menschen, die im Rampenlicht stehen, oder jene, die ohnehin polarisieren. Ob diese geschmacklosen Witzchen und Sprüche lustig sind, ist am Ende eigentlich auch egal. Denn Unterhaltung, und auch diese Art der Comedy, ist Geschmackssache.
Doch einen Fan, eine Frau, jemanden, der lachen und Spaß haben will, öffentlich dermaßen vorzuführen und sich über sie in solch einer bösen und hämischen Weise über sie lustig zu machen, hat nichts mehr mit Comedy oder Show zu tun. Das ist niederträchtig und erbärmlich.
Natürlich gehört das „Crowdworken“ dazu, also wenn der Comedian jemanden aus dem Publikum auswählt, um ihn oder sie in eine Live-Show mit einzubinden. Das sorgt für witzige Dialoge, im besten Fall sogar für einzigartige Momente.
Kommentar zu Oliver Pocher: Einen Fan zu demütigen, das ist erbärmlich
Doch was Pocher mit der jungen Frau in Stuttgart veranstaltet hat, hat mit „Crowdwork“ nichts zu tun. Er hat sie eiskalt vorgeführt und bloßgestellt. In diesem Moment hat er keine Witzchen auf Kosten von anderen Promis gemacht, auch nicht von Minderheiten oder Frauen im Allgemeinen. Nein, er hat einen ganz bestimmten Menschen, eine Zuschauerin, eine Privatperson, vor laufender Kamera ins offene Messer laufen lassen.
Hier lesen: Nach Eklat bei SWR-Auftritt! Oliver Pocher schießt zurück – „dann muss man sich verpissen!“
Die Zuschauerin fühlte sich nach einem Auftritt von Oliver Pocher gedemütigt, heißt es später in einem Pressebericht. Sie sei nach der Show sitzen geblieben, habe geweint. Sie verlangte hinterher, dass die Szene bei der TV-Ausstrahlung nicht gezeigt wird, denn sie habe Konsequenzen gefürchtet. Pocher hatte ihr nämlich auch noch den Namen ihres Arbeitgebers entlockt.
Und Pocher? Dem ist das völlig egal. Er löscht das Video nicht etwa von seinem eigenen Instagram-Account mit rund 1,7 Millionen Followern, sondern lässt es – inklusive der Szene mit der Zuschauerin – online.
Auch auf eine Entschuldigung braucht die Frau bei ihm wohl nicht zu hoffen. Im Gegenteil: Pocher tut das Ganze als Teil der Show ab – und tritt noch einmal ordentlich nach: „Das ist auch eine Comedyveranstaltung“, sagte er. „Und wenn man es nicht abkann, sich in der ersten Reihe auch mal einen Spruch zu fangen, dann muss man einfach sich verpissen und kann nicht da sein.“ Autsch. Das ist nicht witzig, das ist eine Zumutung.