„Werde zu wenig bedauert“Markus Lanz klagt sein Leid mit Sahra Wagenknecht

Markus Lanz und Sahra Wagenknecht trafen im ZDF-Talk schon oft aufeinander. Nun deutete der Moderator an, was er von der BSW-Politikerin hält. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Markus Lanz und Sahra Wagenknecht trafen im ZDF-Talk schon oft aufeinander. Nun deutete der Moderator an, was er von der BSW-Politikerin hält. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

„Der wählt sich bei der nächsten Wahl nicht mal selbst“: In seinem ZDF-Podcast lästert Richard David Precht ungeniert über den deutschen Bundeskanzler. Podcast-Partner Markus Lanz spricht über die Emotionen, die Sahra Wagenknecht bei ihm auslöst. Dabei hatten beide zuvor Gefühle als politisches Problem ausgemacht.

„Wie viel Gefühl verträgt die Politik?“ Mit dieser Fragestellung ist die aktuelle Ausgabe des ZDF-Podcasts „Lanz & Precht“ überschrieben. Ein fraglos sinnfälliger Ansatz. Wenn man einmal davon absieht, dass Richard David Precht und Markus Lanz („Hast du nicht auch das Gefühl, Richard ...“) dem politischen Emo-Smalltak selbst bisweilen nicht abgeneigt sind.

Was die beiden befreundeten Podcaster nun an Erkenntnissen zutage fördern, dürfte aber nur bei den wenigsten auf Widerspruch stoßen. Weltweit und eben auch in Deutschland wird immer mehr mit den Gefühlen der Menschen Politik gemacht. „Du musst dir einfach nur die Frage stellen: Wovor haben die Leute am meisten Angst?“, kennt Precht die Gewinner-Losung dieser unruhigen Tage.

„Wenn man ernsthaft darüber nachdenkt, wird einem schlecht“

Laut einer Umfrage seien es aktuell die Themen Inflation und Migration, die der Bevölkerung am meisten den Schlaf raubten. Der TV-Philosoph: „Wenn du diese Themen besetzen kannst und todsichere Lösungen hast, bist du ganz oben und bestimmst die politische Agenda.“

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Markus Lanz kann in dem Diskussions-Zusammenhang eine interessante Beobachtung aus Italien einstreuen. Die dortige Ministerpräsidentin Giorgia Meloni habe vor ihrer Wahl versprochen, die illegale Migration zu begrenzen. Das Gegenteil sei geschehen. Verblüffenderweise habe das ihrer Beliebtheit keinen Abbruch getan. Der ZDF-Talker schlussfolgert im Rückgriff auf eine Erkenntnis den Neurobiologen Gerald Hüther: „Poltiker werden zunehmend nach ihren Absichten beurteilt, nicht nach ihren Resultaten.“

Precht vervollständigt seine Populisten-Regel: „Wer es schafft, die größte Angst zu verbreiten, gewinnt. Und der bleibt auch dann beliebt, wenn sich herausstellt, dass es fauler Zauber ist, was er als Lösung vorgeschlagen hat.“

Der Bestsellerschreiber ist darüber selbst am meisten entsetzt: „Wenn man ernsthaft darüber nachdenkt, wird einem schlecht. Dafür waren unsere liberale Demokratie, unser Parteiensystem doch nicht gedacht!“

Aber, so Lanz, der nun den seligen Heiner Geißler zitiert: „In der Politik sind Emotionen Fakten.“ Der ZDF-Talker weiter: „Wenn du dir Markus Söder anguckst: Der hat's verstanden.“

Da ist der Weg zum Negativbeispiel nicht weit. „Ist das der Grund, warum die Menschen mit einem Computer-artigen Menschen wie Olaf Scholz so fremdeln?“, fragt Lanz schon fast rhetorisch, und Precht bestätigt pointiert: „Der geht zum Fühlen in den Keller.“

Precht läsert über Scholz, Lanz über Wagenknecht

Was folgt, ist ein bemerkenswert unakademischer Läster-Exkurs des TV-Gelehrten über den deutschen Bundeskanzler: „Wenn er mal eine Sekunde nicht richtig funktioniert, guckt er so schlumpfig und lacht auf. Fast ein pubertäres Lachen, was sich dann so Bahn bricht.“ Precht: „Du musst eine Projektionsfläche für Emotionen sein. Scholz ist das überhaupt nicht. Der wirkt so lustlos. Ich verstehe auch nicht, wieso der auf die Idee kommt, sich noch mal für sein Amt zu bewerben. Ich wage die These, dass er sich bei der nächsten Wahl nicht mal selbst wählt.“

Markus Lanz glaubt hingegen, der Kanzler sei noch immer von sich überzeugt. Und er hat Verständnis für die Überforderung, die viele Politikerinnen und Politiker erfasst. „Dieses ewige Müssen-Müssen“ vermutet er auch als Grund für den Rücktritt des SPD-Generalsekretärs Kevin Kühnert: „Man muss die ganze Zeit sprechfähig sein. Man muss permanent erreichbar sein. Man muss ständig irgendwas organisieren.“

Richard David Precht (links) und Markus Lanz sprechen in ihrem aktuellen ZDF-Podcast über Gefühle und Politik. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

Richard David Precht (links) und Markus Lanz sprechen in ihrem aktuellen ZDF-Podcast über Gefühle und Politik. (Bild: ZDF / Christian Bruch)

In dem Zusammenhang erinnert sich Lanz an einem Ausspruch Kühnerts, er werde nie so sehr bedauert wie nach einem Auftritt in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“. Precht hakt ein: „Ich dachte, das gilt bislang nur für Sahra Wagenknecht?“ Da lässt Deutschlands wohl meinungsstärkster Talk-Gastgeber in einem seltenen Moment der Transparenz erahnen, was er von seinem BSW-Dauergast insgeheim hält: „In gewisser Weise gilt das auch für mich. Ist keine Einbahnstraße, muss man auch mal sagen.“ Precht, gespielt empathisch: „Du findest, du solltest auch bedauert werden?“ Den Gag geht Lanz mit: „Ich finde ja, ich werde zu wenig bedauert, aber ich will mich nicht beklagen, ich bin Dienstleister.“

Manchmal müssen eben auch im Polit-Podcast die ganzen Gefühle einfach mal raus. (tsch)