Zum 60. GeburtstagSchreinemakers: „Mein Comeback scheiterte an RTL“
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Margarethe Schreinemakers mit Hund Lupi. Sie hat neun zu Hause.
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Eupen/Palma – Wer bei Margarethe Schreinemakers zu Hause im belgischen Grenzort Eupen ständiges Hundebellen im Hintergrund erwartet, muss warten, bis der Postbote klingelt. Ansonsten sind ihre sechs Lieblingen zu gut erzogen.
Außerdem lässt sich die frühe Talk-Queen und Quotenkönigin der 90er auch nach fast sechs Jahrzehnten „Schreinemakers-Live“ nur schwer unterbrechen. Aber warum sollte man auch? Die gebürtige Krefelderin, Mutter von zwei Söhnen (Lukas, 28 und Kristoph, 22), liebende Ehefrau ihres Lebensretters Jean-Marie Maus, Bestseller-Autorin und leidenschaftliche Hobby-Gärtnerin, hat immer noch viel zu sagen. Wie in unserem Geburtstagsinterview zum „Sechzigsten“.
Ich fahre mit der Familie weg. Ich wünsche mir und ich brauche keine Geschenke. Darum habe mir mit meinen Jungs und ihren Freundinnen und meinem Gatten einfach nur Zeit gewünscht, handylos. Wir fliegen nach Mallorca, in den Südosten der Insel.
Das ist für mich eine zweite Heimat. Eine Woche nur die Familie und ich. Das reicht dann aber auch – wir wollen die Jungs ja nicht überstrapazieren (lacht).
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Ausgeglichen: Margarete Schreinemakers.
60 Jahre. Was bedeutet diese Zahl für Sie?
Nichts. Haben 50 und 40 auch nicht. Nur die 30 hat mich gekratzt. Das war der Einschnitt, bei dem ich definitiv aufgehört habe ein Kind bzw. jung zu sein. Das hat mich in eine tiefe Krise gerissen. Aber es hat sich etwas geändert. Ich habe früher nie reflektiert, wie meine Eltern sich in diesem Alter fühlen. Mein Vater ist leider kurz nach seinem Renteneintritt gestorben.
Das heißt: Es gibt nicht unbedingt ein Leben nach der Arbeit – ich versuche, ein gutes Jetzt zu leben. Ich fand dieses Leben auf Achse ja auch super-toll, ich hatte Spaß am Stress. Aber ich finde jetzt auch das Älterwerden toll – denn die wichtigsten Erkenntnisse bekommst Du erst, wenn Du älter wirst. Alles gehört zu deiner Geschichte – jede Fehlentscheidung. Denn daraus gewinnst Du wichtige Erkenntnisse. Ich liebe mein Leben und nehme es so an, wie es kommt.
Früher war ich genauer und habe mich selbst unter Druck gesetzt, auch und gerade als Fernsehfrau mit Kindern. Fernsehmamas wurden damals schnell entsorgt. Wer hochschwanger war, war nicht mehr auf dem Bildschirm. Der Wiedereinstieg danach schwer. Das habe ich aber dann anders hinbekommen: ich machte die größte Karriere meiner beruflichen Laufbahn nach dem Baby. Aber ob mit oder ohne Erfolg: ich war immer die Margarethe, die ich auch jetzt bin.
Hat sich der Blick der anderen auch verändert?
Keine Ahnung. Aber ich finde die Generation der jungen Männer ganz toll – die übernehmen jetzt Verantwortung für ihre Kinder. Als ich den Lukas bekommen hatte, hatte mein Mann keine Zeit, noch nicht mal für den Geburtsvorbereitungskurs. Da saßen damals aber auch nur Ökotypen in Birkenstocksandalen, die ganz tief atmeten. Das hätte ich auch nicht haben wollen.
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So schrill kann Glück aussehen: Margarethe Schreinemakers und Mann Jean-Marie Maus vor dem Standesamt in Eupen.
Ich wollte eigentlich immer vier Kinder. Mit dieser Ansage habe ich die meisten Männer aber nicht unbedingt wohl gefühlt. War kein gutes Marketing (lacht).
Was unterscheidet die Margarethe von heute von der Margarethe mit 30?
Die war keine Mutter. Kinder zu kriegen hat meine Welt verändert. Als Mutter wurde ich verletzbar. Wenn ich jetzt schlimme Sachen sehe, beziehe ich das immer auf meine Kinder. Ich stelle mir vor, wie ist das für eine Mutter? Wie hält sie das aus? Das ist hart...
Ich liebe es aber, positiv zu sein. Spaßbremsen und Energieräuber entferne ich aus meinem Leben oder gebe ihnen keinen Einfluss. Da brauche ich Luft. Wenn Du älter wirst, selektierst Du stärker. Und ich habe kein Problem damit, irgendwann eine muntere Oma zu werden. Ich möchte diese Gefühle entdecken.
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In den 1990er Jahren war Margarethe Schreinemakers ein gefeierter TV-Star mit ihrer Talkshow (Archivfoto aus Januar 1992).
Was geblieben ist: Ich bin nach wie vor beweglich, habe Energie für mehrere, und – ganz schrecklich - ich kann nicht dauerhaft auf dem Stuhl sitzen.
Nächstes Jahr am 1. März können Sie auch den 10. Geburtstag feiern – zehn Jahre nach dem Herzstillstand und Deiner Rückkehr ins Leben.
Das ist das Entscheidende. Jeder Tag ist jetzt für mich ein Geburtstag. Ich schicke jeden Tag dem lieben Gott einen Dank, dass ich lebe und gesund bin. Und ich weiß jetzt: Viele Totgesagte leben länger, als die Ärzte so einfach raushauen.
Bei mir wäre eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 3 Prozent gewesen. Das ist nichts. Aber keiner weiß, ob er nicht zu den 3 Prozent gehört. Ich habe damals alles geregelt, was ich regeln wollte – direkt, als ich aus dem Krankenhaus kam.
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Margarethe Schreinemakers, Hella von Sinnen, Wolke Hegenbarth und Otlile Mabuse beim Dreh für „Promi Shopping Queen“ in Düsseldorf.
Vor allem gegenseitige Geschäftsvollmachten und Patientenvollmachten mit meinem Mann. Es gibt ja Krankenhäuser, die Lebensgefährten keine Auskunft geben. Da denkst Du vorher ja nicht dran. Ich habe auch mein Testament nochmal anwaltlich prüfen lassen, das war nämlich auch noch fehlerhaft.
Das reicht eben nicht auf dem Bierdeckel, auch wenn das viele noch glauben. Das ist nur eine Willensbekundung. Wenn da ein versierter Anwalt gegen vorgeht, dann gute Nacht.
Viele frühere TV-Gesichter kehren auch nach einer Abstinenz wieder ins Rampenlicht zurück – „juckt“ es Sie nie, noch mal ein TV-Comeback zu starten?
Ich hatte sogar ganz wunderbare Gespräche mit RTL darüber, wir waren aber inhaltlich auf ganz anderen Dampfern unterwegs. Da passten unsere Vorstellungen nicht zusammen. Ich hätte gerne schöne Reportagen und Filme gedreht mit Geschichten, die echt sind, die etwas mit mir zu tun haben. Ich kenne Menschen mit Geschichten, die ich faszinierend finde.
Positive Geschichten, die einen wieder an das Leben glauben lassen. Dazu hieß es aber immer: Das ist ganz toll...aber das ist was für Arte oder 3Sat. Viele wollen lieber was gescriptetes. Etwas Kontrollierbares. Das bin ich nicht. Das passt nicht zu mir. Jeder mag das heutige TV anders sehen. Und ich habe eben meine Auffassung davon.
Beispiel: Ich kenne einen Mann, der das Kurzzeitgedächtnis nach einem Zusammenbruch verloren hat – und das kam 25 Jahre nicht mehr zurück. Seine Frau und die Kinder blieben aber bei ihm. Und das war wirklich nicht einfach. Der Mann hat dann bei Ikea ganz unerwartet das Gedächtnis wieder erlangt, wegen eines roten Sofas. Nach 25 Jahren! So profan war das.
Der Titel dieser Folge wäre „Bis dass der Tod euch scheidet“ gewesen. Das zeigt doch eine Lebensgemeinschaft, die hält. Gerade in Zeiten, in denen tägliche Horror-Nachrichten dich hilflos herunterziehen, wäre so etwas wie ein „wohliges Pendant“. Ich würde die Menschen gerne berühren.
Es tut schon ein bisschen weh, wenn gute Geschichten keinen Abnehmer mehr finden. Emotionen eben – die waren auch die Stärke von „Schreinemakers live“. Aber ich habe heute keine Lust mehr, damit hausieren gehen zu müssen. Im Herzen bin und bleibe ich aber Journalistin aus Leidenschaft.
Sie leben jetzt schon Jahrzehnte in Belgien. Nie an Rückkehr nach Deutschland gedacht?
Nein. Nie. Ich bin ein unmittelbares Grenzkind, da bin ich nicht typisch deutsch. Ich war immer eine Mischung aus allem. Ich mag viele Dinge an den Holländern, an den Belgiern und an den Deutschen. Der Hype um meine eigene Person und meine Verletzbarkeit führten damals dazu, dass ich wollte, dass meine Kinder ganz normal aufwachsen sollten.
Ganz natürlich, unaufgeregt, ungefährdet. Aber ich wollte auch nicht nach Florida oder sonst wie weit weg. Belgien passt zu mir. Es ist so nah an Deutschland , und doch kennt es keiner so richtig dort. Ich bin frankophil, liebe Chansons und belgisches TV. Und heute gratulieren mir alle deutschen Freunde für den tollen Fußball unserer National-Mannschaft…Das macht mich schon ziemlich stolz.
Birgit Schrowange hat quasi zum 60. ihr graues Haar der Öffentlichkeit präsentiert. Wie finden Sie das?
Ich finde das großartig und es steht ihr. Aber ich würde das nicht tun. Mir steht das nicht. Natürlich bin ich grau – 80 Prozent. Ich wäre fast kalkweiß. Ich bin jetzt 20 Jahre blond. Die Farbe passt zu mir. Ich bin so eitel, dass ich alle drei bis vier Wochen nachfärbe.
Aber dazu stehe ich auch. Mein bester Freund und Trauzeuge Andreas ist Frisör, der macht das so toll. Meine Haar-Eitelkeit habe ich von meiner Tante Grete geerbt. Ich möchte bis zu meinem letzten Atemzug nicht grau sein. Sie war es auch nie.
Haben Sie irgendwann mal „nachgeholfen“, um die Zeichen des Alters zu verschleiern?
Kein Gramm Botox, gar nichts. Ich hoffe auch, ich halte das durch. Ich möchte morgens nicht mit dicken Lippen und mit total glatter Mimik aufwachen. Damit sehe ich ja auch nicht mit 20 aus. Dann kann ich ja gar nicht mehr lachen – genau das mache ich aber so gerne.
Ich mag meine Falten. Ein Gesicht ohne gelebte Spuren wäre doch traurig. Der Mut zur Natürlichkeit gehört dazu. Ich schminke mich nicht mal.
Wie sieht ein „ganz normaler Tag“ im Leben von Margarethe Schreinemakers heute aus?
Nach wie vor eine Frühaufsteherin, das war ich immer schon. Um halb 6 stehe ich auf. Eigentlich hätte ich besser Landwirtin werden können. Ich finde, Schlaf wird überbewertet. Erst gibt’s Kaffee. Dann kümmere ich mich um meine sechs Hunde, gehe mit ihnen raus, egal welches Wetter. Frische Luft kriege ich jeden Tag.
Ich bin leidenschaftliche Gärtnerin, baue mir mein Bio-Obst selbst an. Das macht mir Spaß. Ich habe viele Hobbys und viele Aufgaben. Ich unternehme viel, besuche Konzerte und Ausstellungen. Ich habe einen tollen Freundeskreis. Zum Nägel lackieren jedenfalls habe ich bis heute immer noch keine Zeit gefunden.