Mit seinem überraschenden Besuch in der Ukraine sorgte Olaf Scholz jüngst für Furore. Bei „Markus Lanz“ stärkte Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück dem Kanzler den Rücken, verteidigte seinen Parteigenossen aber nicht gegen alle kritischen Fragen des ZDF-Moderators.
Markus LanzNach Frage von Moderator platzt Peer Steinbrück der Kragen: „Das können Sie nicht erwarten“
Bundeskanzler Olaf Scholz ist völlig überraschend in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist, um sich vor Ort mit Präsident Wolodymyr Selenskyj zu treffen und seine Solidarität zu betonen. Zudem sagte Scholz weiteren Beistand zu und versprach, bis Ende des Jahres weitere Panzer und Raketen zu liefern.
Nicht nur vom Koalitionspartner, den Grünen, sondern auch von der CDU wurde Scholz für seinen Ukrainebesuch kritisiert. Roderich Kiesewetter etwa bezeichnete den Besuch als Wahlkampfmanöver und sagte gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“: „Scholz macht Wahlkampf auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung und bedient zugleich russische Angst-Narrative.“
Lanz möchte „keinen Kanzler haben, bei dem ich spüren kann, dass er Angst hat“
Bei „Markus Lanz“ wehrte sich Peer Steinbrück am Dienstag gegen die Kritik am Kanzler. Der frühere SPD-Kanzlerkandidat stellte klar: „Die Ukraine befindet sich in einem sehr prekären Zustand. (...) In dem Augenblick einen solchen Besuch zu unternehmen, (...) halte ich für richtig.“ Die Kritik, dass Scholz mit seinem Besuch in der Ukraine ein Wahlkampfmanöver betreibe, halte Steinbrück „für falsch“. Die Begründung: „Dann müsste der Bundeskanzler morgens im Bett bleiben und dürfte gar nichts mehr tun.“
Markus Lanz wollte dies nicht unkommentiert lassen und stichelte zurück: „So einfach? Sie sagen, das hat alles nichts mit Wahlkampf zu tun?“ Steinbrück blieb bei seiner Meinung und fragte genervt: „Was macht das für einen Sinn? Wollen Sie ihn zur Passivität verurteilen?“ Darauf konterte Lanz prompt: „Nein, passiv war er vorher – und zwar viel zu lange.“
Der ZDF-Moderator kritisierte den Kanzler weiter für seine zugespitzte Rhetorik, die bei vielen Menschen Kriegsangst auslöse. Peer Steinbrück kommentierte ausweichend: „Da hat jeder seinen eigenen Stil.“ Gleichzeitig warnte der SPD-Mann: „Ich halte das Spiel mit Angst für völlig falsch, weil im Zweifelsfall Angst dazu führt, dass man sich zurückzieht und gar nichts tut.“
Als Lanz fragte, ob Olaf Scholz „dieses Gefühl von Unsicherheit“ verbreite, erklärte Steinbrück, dass es „jedenfalls schwammig“ sei. Der ZDF-Moderator wurde daraufhin direkter und stellte klar: „Ich möchte ehrlich gesagt keinen Kanzler haben, bei dem ich spüren kann, dass er Angst hat.“
Dass diese Angst nun in der politischen Kommunikation eine Rolle spiele, bezeichnete der ZDF-Moderator als „fatal“. Unternehmer Martin Richenhagen sagte dagegen, dass er „nicht den Eindruck“ habe, „dass Herr Scholz jetzt tatsächlich Angst verbreiten will“. Gleichzeitig sei er jedoch auch niemand, „der Zuversicht verbreitet“. „Er zögert und das ist natürlich nicht gut, wenn man ein Unternehmen oder wenn man ein Land managt“, so Richenhagen. Grund genug für Lanz, nachzuhaken: „Was ist das? Ist das Schielen auf Umfragen?“ Der Unternehmer wiegelte ab: „Ich glaube, das ist eher Ungeschick. Ich glaube gar nicht, dass er wirklich so berechnend ist. Hoffe ich zumindest.“
„Das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil ich nicht der amtierende Kanzler bin!“
In Bezug auf die Waffenlieferungen an die Ukraine wollte Markus Lanz schließlich von Peer Steinbrück wissen, ob er sich generell für Taurus-Lieferungen aussprechen würde. Steinbrück nickte, woraufhin der ZDF-Moderator fragte: „Und wie erklären Sie sich, dass der amtierende Kanzler das nicht macht?“ Der SPD-Mann antwortete genervt: „Das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil ich nicht der amtierende Kanzler bin!“
Eine Steilvorlage für Unternehmer Martin Richenhagen, der die erneute Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz kritisch sieht. „Was will Scholz eigentlich? Fehlt ihm (...) jegliche Selbsterkenntnis und warum klammert er sich so an diesen Job? Er müsste doch gemerkt haben, dass er es nicht kann. Dann hätte er doch sagen können: Wenn ich es nicht kann, dann muss ich jetzt mal überlegen, wie kann ich meinen besten Mann in diese Position bringen?“, forderte der CEO des US-Landmaschinenherstellers AGCO.
Darauf antwortete Peer Steinbrück überraschend trocken: „Nein, das setzt eine Art von Selbstreflexion voraus, die Sie gar nicht unterstellen können.“ Der SPD-Politiker wetterte weiter, dass Scholz sich zudem nicht als denjenigen sehe, „der es nicht kann. Sondern er sieht sich als denjenigen, der es besser kann“.
„Kann er es besser?“, wollte Lanz wissen. Eine Frage, die Peer Steinbrück energisch von sich wies: „Ich verteile doch jetzt keine Zensuren für den Spitzenkandidaten einer Partei, der ich angehöre! Das können Sie ja nicht erwarten, wenn ich kein Parteiausschlussverfahren an den Hals kriegen will!“ Steinbrück weiter: „Ich habe (...) keinen objektiven Zustand beschrieben, sondern ich versuche, mich in ihn hineinzuversetzen.“ (tsch)