PersonalwechselWelche Ermittler kommen, welche gehen beim Dortmunder „Tatort“?

„Tatort: Abstellgleis“ wirkte wie eine große Jubiläumsfolge. So viel ist los auf den Straßen, Bahnhöfen und Polizeirevieren des Potts. Ein Nervtöter-Ermittler kommt ums Leben. Ein anderer kehrt zurück. Dazu deutet sich ein Neuzugang an. Um Faber (Jörg Hartmann) muss man sich wieder Sorgen machen.

Das Dortmunder „Tatort“-Revier, gestartet 2012 als Viererteam um Kommissar Faber (Jörg Hartmann), ist ein Ort ständiger Unruhe. Und einer mit viel Stress.

Peter Faber, der seine Familie tragisch verlor, wurde von Beginn an als zynischer Grenzgänger mit Psychiatrie-Erfahrung erzählt. Dann verliebte er sich auch noch in seine Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt), die in der Folge „Liebe mich!“ (2022) einem Bauchschuss erlag. Einer der schockierendsten „Tatort“-Abgänge aller Zeiten!

Erstaunliche Personalwechsel in der Folge „Tatort: Abstellgleis“

Erstaunliche Personalwechsel gibt es auch in der neuen Folge „Tatort: Abstellgleis“. Ein Ermittler tritt ab, ein anderer kommt nach acht Jahren zurück und ein dritter scheint in Wartestellung für eine Festanstellung.

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Dazu stiften Stammautor Jürgen Werner und Regisseur Torsten C. Fischer viel Verwirrung, die eventuell erst viel später aufgeklärt wird. Wir verschaffen (zumindest ein bisschen) Klarheit: Wer kommt, wer geht - und wer ist anders, als man denkt?

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Beliebte TV-Kommissarin: Nervig oder toll? Wie Anna Schudt über die ewige „Tatort“-Fragerei denkt

Rückkehr nach sieben Jahren: Kommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske), früher Teil des Dortmunder Teams, ist wieder in Dortmund.
  (Bild: WDR/Thomas Kost)

Rückkehr nach sieben Jahren: Kommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske), früher Teil des Dortmunder Teams, ist wieder in Dortmund. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Worum ging es?

Der „Tatort: Abstellgleis“ begann auf dem Gelände des Dortmunder Güterbahnhofs. Dort schien sich Faber, verfolgt von der Polizei, den Gleisen hingeben zu wollen. Wie es so weit hatte kommen können, zeigte eine lange Rückblende.

KTU-Chef Sebastian Haller (Tilman Strauß), Fabers Intimfeind, darf im „Tatort: Abstellgleis“ ein letztes Mal provozieren. (Bild: WDR/Thomas Kost)

KTU-Chef Sebastian Haller (Tilman Strauß), Fabers Intimfeind, darf im „Tatort: Abstellgleis“ ein letztes Mal provozieren. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Tatsächlich wurde der Kommissar zum Mordverdächtigen, weil sein Intimfeind, KTU-Leiter Haller (Tilman Strauß), ermordet worden war. Nervtöter Haller, einst Co-Lover von Fabers großer Liebe Martina Bönisch, konnte nicht mit dem Provozieren aufhören. Nun ist wohl Ruhe!

Bekommt das Dortmunder Ermittlungsteam Zuwachs? Kommissar Otto Pösken (Malick Bauer) freut sich, dass er Hauptkommissarin Rosa Herzog in diesem Fall helfen kann. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Bekommt das Dortmunder Ermittlungsteam Zuwachs? Kommissar Otto Pösken (Malick Bauer) freut sich, dass er Hauptkommissarin Rosa Herzog in diesem Fall helfen kann. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Haller war allerdings schon das zweite Opfer in einem Krimi, der mit einer Ermittlung rund um ein Verkehrsdelikt startete. Eine Frau wurde von einem SUV überfahren, der Fahrer flüchtete. Weil das Opfer die Ex-Freundin von Clan-Mitglied Lorik Duka (Kasem Hoxha) war, ermittelte die Kripo. Chefin Ira Klasnic (Alessija Lause) schickte Faber und seine Kollegin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) zur Unfallstelle ...

Worum ging es wirklich?

Um Verwirrung auf gehobenem Niveau! Autor Jürgen Werner, der für diese Folge verantwortlich zeichnet, hat den Dortmunder „Tatort“ 2012 erfunden.

Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) muss sich aus Gründen, die nicht verraten werden dürfen, im „Tatort: Abstellgleis“ einem Umstyling unterziehen. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) muss sich aus Gründen, die nicht verraten werden dürfen, im „Tatort: Abstellgleis“ einem Umstyling unterziehen. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Horizontal erzählte Serien - also jene, in denen die Handlung Folge für Folge aufeinander aufbaut - war damals Trend im deutschen Fernsehen. Ein Fernsehland, in dem man Serien- oder Reihenfolgen bis dahin eher als Einzelstücke sah, bei denen man Woche für Woche einsteigen oder auch mal was auslassen konnte.

Rechtsmedizinerin Greta Leitner (Sybille J. Schedwill) erklärt Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann), was sie über das Opfer herausgefunden hat. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Rechtsmedizinerin Greta Leitner (Sybille J. Schedwill) erklärt Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann), was sie über das Opfer herausgefunden hat. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Werner setzte sich mit dem Dortmunder „Tatort“ 2012 das Ziel, neben einem konkreten Fall pro 90-Minüter private Entwicklungen des Personals permanent weiterzuerzählen. „Das alles dramaturgisch unter einen Hut zu bekommen, war immer eine tolle Herausforderung“, sagt der 61-Jährige nun über 13 Jahre Dortmunder Dramaturgie. Im „Tatort: Abstellgleis“ macht Werner nun ein ganz großes Fass auf: Ermittler kommen und gehen. Und das Bestandspersonal könnte ganz anders sein, als man bisher dachte.

Dortmunder Personal-Rochade: Wer kommt, wer geht?

Dass KTU-Leiter Haller nicht wiederkommen wird, dürfte klar sein. Er wirkte ziemlich tot auf dem Seziertisch. Damit endet der ewige Streit zwischen Faber und Haller rund um die Frage, wer für den Tod Martina Bönischs, die mit beiden Männern etwas hatte, verantwortlich ist.

Haller ging so mit der Frage um, dass er den leidenden Faber ständig provozierte - und der sich revanchierte. Das war am Anfang witzig, aber irgendwann auch auserzählt. Da Narzisst Sebastian Haller eine der unsympathischsten „Tatort“-Figuren aller Zeiten war, wird ihn kaum jemand vermissen.

Dr. Magnus Gabor (Stefan Haschke) ist der Neue in der Rechtsmedizin.  (Bild: WDR/Thomas Kost)

Dr. Magnus Gabor (Stefan Haschke) ist der Neue in der Rechtsmedizin. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Fast vergessen hatte man Ur-Ermittler Daniel Kossik (Stefan Konarske), der 2017 in „Tatort: Sturm“ seinen Hut nahm. Der Schauspieler („Das Boot“) verließ das Format auf eigenen Wunsch, zog nach Paris und etablierte sich in Frankreich als Theatermime.

Nun ist Kossik, der praktischerweise nicht starb, sondern im Streit mit Faber und nach Verletzung zum LKA nach Düsseldorf wechselte, wieder da. Als LKA-Mann aus Düsseldorf - so weit, so korekt. Auch in der nächsten Folge wird er mitwirken. Was danach kommt, ist noch offen.

Wird Peter Faber (Jörg Hartmann) mal wieder zum Dortmunder Psycho-Kommissar? Die Eröffnungsszene des „Tatort: Abstellgleis“ lässt dies vermuten. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Wird Peter Faber (Jörg Hartmann) mal wieder zum Dortmunder Psycho-Kommissar? Die Eröffnungsszene des „Tatort: Abstellgleis“ lässt dies vermuten. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Ebenfalls im nächsten Film dabei ist Otto Pösken (Malick Bauer aus „Sam - Ein Sachse“). Er wurde Rosa Herzog von Chefin Ira Klasnic als Unterstützung zur Seite gestellt. Otto könnte längerfristig ermitteln, was aber noch nicht bestätigt ist. Rosa weiß noch nicht, ob sie dem freundlichen Hünen trauen kann. Wie es aussieht, interessiert der sich nicht nur für den Job, sondern auch für Rosa - was diese alles andere als gewohnt ist. Klingt nach einer spannenden Konstellation für die Zukunft.

Was waren das für Schauplätze?

Es war kein bildgewaltiger Tatort, der da aus Dortmund kam. Dazu war diese Folge zu voll mit Charakteren und Handlung. Sie trug sich im erheblichen Maße auf dem Polizeirevier, in Büroräumen, auf dem Parkplatz, in der KTU oder in der Gerichtsmedizin zu. Einen spektakulären Außendreh - neben der Szene auf dem Güterbahnhof Dortmund - gab es dennoch: Herzog und der auf der Flucht befindliche Faber trafen sich mehrfach an einem Aussichtspunkt im Grünen, der so gar nicht nach Dortmund aussah.

Die neue Leiterin der Mordkommission Ira Klasnić (Alessija Lause, rechts) unterhält sich mit Rechtsmedizinerin Dr. Greta Leitner (Sybille J. Schedwill) über den Fall. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Die neue Leiterin der Mordkommission Ira Klasnić (Alessija Lause, rechts) unterhält sich mit Rechtsmedizinerin Dr. Greta Leitner (Sybille J. Schedwill) über den Fall. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Dabei handelt es sich um das Kaiserdenkmal in Dortmund-Hohensyburg, das 1902 zu Ehren Kaiser Wilhelms erbaut wurde. Das Denkmal steht auf dem Syberg (245 Meter) ganz im Süden der Stadt zwischen Herdecke und Schwerte. Das Gewässer, auf welches man von oben schaut, ist der Hengsteysee, ein gut vier Kilometer langer Fluss und Stausee, der als Naherholungsgebiet genutzt wird.

Welcher Song wurde am Ende gespielt?

Der sehr bewegende Song am Ende der Folge ist recht alt - und dennoch ein Geheimtipp unter den traurigsten und schönsten Balladen dieser Welt. Es handelt sich um das Lied „From a Shell“, das die amerikanische Songwriterin Lisa Germano 2003 auf ihrem Album „Lullaby For A Liquid Pig“ veröffentlichte. Der Song erzählt - passend zur Szene - von eigenen Verwundungen und der Komplexität von Beziehungen. Lisa Germano hat ihre Musikkarriere wohl leider aufgegeben. Zuletzt arbeitete sie in einer Buchhandlung in Los Angeles.

Wie geht es beim Dortmunder „Tatort“ weiter?

Am Ende des „Tatort: Abstellgleis“ fühlt man sich ein bisschen auf selbigem, denn es gibt viele lose Enden. Hat Rosa wirklich den vermeintlichen Täter erschossen - und warum? Spielt Rosa ein doppeltes Spiel ebenso wie Neuchefin Ira Klasnic, die sich in einer der letzten Szenen intim mit dem vermeintlichen Clan-Verbrecher Lorik Duka zeigt? Fragen über Fragen, die Regisseur Torsten C. Fischer in einer Folge beantworten will, die er im Sommer 2025 dreht, wie er im Interview verrät.

Einsatz auf dem Dortmunder Güterbahnhof: Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und Daniel Kossik (Stefan Konarske) müssen einen Flüchtigen stellen.
 (Bild: WDR/Thomas Kost)

Einsatz auf dem Dortmunder Güterbahnhof: Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und Daniel Kossik (Stefan Konarske) müssen einen Flüchtigen stellen. (Bild: WDR/Thomas Kost)

Das Problem: Bevor diese Folge zu sehen sein wird, dürften noch zwei bis drei andere Dortmunder Krimis laufen. Noch 2025 soll der „Tatort: Feuer“ (Drehbuch: Markus Busch, Regie: Nana Neul) zu sehen sein, in dem es um häusliche Gewalt geht.

Außerdem befinden sich in Arbeit: „Tatort: Der gute Mensch von Dortmund“ (Arbeitstitel) und „Tatort: Blutkultur“, bei dem die preisgekrönte Ayse Polat (“Im toten Winkel“) Regie führen wird. (tsch)