Bauleiterin Hanna Sökeland ist die neue „Princess Charming“. Im Interview spricht sie über die Liebe, die Kandidatinnen in der Show und warum sie nie wirklich ein Coming-out hatte.
Hanna SökelandEigentlich wollte sie gar nicht „Princess Charming“ werden – was sie dann aber doch überzeugte
„Als ich die Frauen zum ersten Mal gesehen habe, war ich sehr nervös“, gesteht Hanna Sökeland. „Ich hatte das Glück, dass einige Kandidatinnen dabei waren, die direkt auf mich zugekommen sind und mich etwas beruhigt haben.“
Verständlich, immerhin ist es eine Ausnahmesituation, in der sich die 28-jährige Hannoveranerin befindet: Sie ist die neue „Princess Charming“ und versucht, unter 19 Single-Frauen ihre Herzensdame zu finden.
Mittlerweile sind die Folgen abgedreht und seit Dienstag, 14. Juni, auf RTL+ abrufbar und später bei VOX auch linear zu sehen. Im Interview spricht die leidenschaftliche Motorradfahrerin nicht nur über die Dating-Show und ihr Outing, sondern auch über eines ihrer größten Lebensziele: eine Organisation, die entwicklungsärmeren Ländern helfen soll.
Sie haben in einem Interview erwähnt, dass Sie Menschen gerne auf die Nerven gehen. Das war nicht Ihr Ernst, oder?
Hanna Sökeland: Doch. Tatsächlich ja! Ich war als Kind schon sehr anstrengend und bin meinen Eltern auf die Nerven gegangen. Das ist bis heute so geblieben. Das einzige, was sich geändert hat, ist die Art und Weise, wie ich Menschen nerve (lacht).
Wie würden Sie sich darüber hinaus beschreiben?
Sökeland: Ich bin ein sehr humorvoller Mensch, manchmal auch etwas aufgedreht. Auch temperamentvoll, laut und energiegeladen.
Also gibt es viel Action in Ihrer Freizeitgestaltung?
Sökeland: Eigentlich schon. Ich liebe es, Motorrad zu fahren, vor drei Jahren habe ich meinen Führerschein gemacht. Es ist energiereich und passt extrem zu mir. Ich fahre auch gerne mal flott Auto - das löst bei mir viel Adrenalin aus. Aber ich mache auch gerne ruhigere Sachen, wie zum Beispiel kochen.
„Princess Charming“ Hanna: „Ich hatte nie wirklich ein Outing“
„Viele Menschen haben keine guten Erfahrungen bei ihrem Outing gemacht. Wie war das bei Ihnen?“
Sökeland: Ich hatte nie wirklich ein Outing, weil meine Freunde das so angenommen haben. Ich hatte damals eine Freundin und musste das nicht großartig erklären – auch nicht bei meinen Schwestern. Nur bei meiner Mutter war es ein Problem, weil sie aus Brasilien kommt und sehr religiös erzogen worden ist. Aus diesem Grund konnte ich nicht offen mit ihr darüber sprechen und habe mich ihr gegenüber nicht wirklich geoutet.
Was verbinden Sie mit Ihren brasilianischen Wurzeln?
Sökeland: Auf jeden Fall meine Charaktereigenschaften. Aber am meisten verbinde ich mit diesen Wurzeln meine Familie. Wir sind eine große Familie mit fünf Mädchen. Ich bin mit vielen Kindern aufgewachsen und hatte eine schöne Kindheit.
Sie sind dieses Jahr die neue „Princess Charming“. Warum kam es zu Ihrem Entschluss, sich für die Datingshow zu bewerben?
Sökeland: Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir gar nichts dabei gedacht. Ich habe die Möglichkeit gesehen, dass man sich da bewerben kann und dachte mir, ich könnte es mal probieren. Mit meinem besten Freund habe ich dann zusammen ein Video gedreht, Fotos gemacht und alles abgeschickt. Dann kam irgendwann eine Rückmeldung. Ich wollte eigentlich nicht die „Princess“ sein, sondern eine der Kandidatinnen.
Warum dann der Sinneswandel?
Sökeland: Weil ich beim Produktionsteam ein gutes Gefühl hatte, habe ich mich dazu entschieden, die „Princess“ zu werden. Natürlich hatte ich die erste Staffel gesehen und fand sie echt toll – sowohl was gezeigt wurde als auch was drumherum stattgefunden hat. Das war eine zusätzliche Motivation. Als „Princess“ trägt man zwar mehr Verantwortung, aber ich fand es sehr schön, dass ich sie sein durfte.
Also war die Tatsache, dass Sie vielleicht vor der Teilnahme wenig Glück in der Liebe hatten, kein Grund?
Sökeland: Eigentlich nicht. Meine letzten zwei Beziehungen sind sehr schön gewesen. Auch, wenn ich mit den Frauen nicht mehr zusammen bin, habe ich engen Kontakt zu ihnen. Aus einer romantischen Liebe kann sich eine freundschaftliche entwickeln. Ich liebe dann immer noch diesen Menschen, aber anders. Es gibt nämlich immer einen Grund, warum diese Menschen da sind.
Was bedeutet Liebe für Sie?
Sökeland: Liebe ist etwas, was sich unglaublich verändern kann und ständig entwickelt. In einer Beziehung muss man viel Kraft und Energie anwenden, damit sie funktioniert. Es gib Phasen, in denen es nicht so gut läuft, und gerade da stellt es sich heraus, ob zwei Menschen zusammenpassen. Beziehungen sind etwas, wo man viel kommunizieren, daran arbeiten und sich entwickeln muss. Das hat für mich auch mit Liebe zu tun. Liebe ist nicht einfach, weil das Aufrechterhalten harte Arbeit ist.
„Princess Charming“ Hanna Sökeland: „So wie es gelaufen ist, bin ich sehr zufrieden“
Wie hat Ihr Umfeld auf Ihre Teilnahme reagiert?
Sökeland: Am Anfang durfte ich diese Nachricht nicht veröffentlichen. Das wussten nur wenige Leute, aber von ihnen habe ich viel positives Feedback bekommen. Als die Neuigkeit dann veröffentlicht wurde, habe ich das nicht wirklich mitbekommen, weil ich nicht in Deutschland war. Aber die Resonanz schien durchwiegend positiv gewesen zu sein. Ich habe auch viel Unterstützung von meiner Familie und meinen Freunden bekommen.
Wie war Ihr erster Eindruck vom Drehort?
Sökeland: Mein erster Eindruck von Griechenland war, dass es nachts sehr kalt war (lacht). Ich bin eine Frostbeule und friere sehr schnell. Aber es gibt schöne Ecken in Griechenland, und durch die ganzen Dates habe ich viel gesehen. Schöne Strände, nette Einwohner, romantische Buchten und die große Anzahl an Aktivitäts-Möglichkeiten – das fand ich echt toll!
Und der erste Eindruck von den Kandidatinnen?
Sökeland: Ich war überwältigt, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass es so viele feminine Frauen im Cast gab – was bei Irina („Princess Charming“ der ersten Staffel, d. Red.) nicht so extrem war. Ich wusste natürlich nicht, was mich erwartet. Da war ich positiv überrascht.
Waren sie anfangs aufgeregt?
Sökeland: Als ich die Frauen zum ersten Mal gesehen habe, war ich sehr nervös. Ich hatte das Glück, dass einige Kandidatinnen dabei waren, die direkt auf mich zugekommen sind und mich etwas beruhigt haben. Deswegen konnte ich mich besser auf das Abenteuer einlassen und mich mit den Frauen unterhalten. Es ist eine Ausnahmesituation, wenn man im Mittelpunkt steht und von so vielen Menschen Aufmerksamkeit bekommt. Das ist nicht einfach.
Bei „Princess Charming“ müssen Sie pro Folge Frauen nach Hause schicken. Hatten Sie eine bestimmte Vorgehensweise?
Sökeland: Eigentlich nicht. Mir war es wichtig, allen Frauen eine Chance auf Gespräche zu geben, um sie besser einschätzen zu können. Und auch zu wissen, wer zu mir passt. Natürlich waren Frauen dabei, die meinem Typ entsprechen oder nicht. Aber diesen Frauen wollte ich auch eine Chance geben, weil es sich immer ändern kann. Ich habe einfach versucht, fair zu sein.
Und, waren Sie fair?
Sökeland: Ich finde schon, dass es mir gelungen ist und ich die richtigen Frauen ausgewählt habe. So wie es gelaufen ist, bin ich sehr zufrieden.
Welche Eigenschaften braucht eine Frau, um Ihr Herz zu erobern?
Sökeland: Für mich ist es wichtig, dass die Person offen, ehrlich und direkt ist. Einfach aus dem Grund, weil ich das auch bin. Kommunikation und Humor sind auch wichtige Faktoren für mich. Ich bin ein Mensch, der viel Aufmerksamkeit braucht, aber auch viel Aufmerksamkeit schenkt.
Hanna Sökeland übers Menschsein: „Ich gebe die Hoffnung nicht auf“
„Princess Charming“ wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Verdient?
Sökeland: Auf jeden Fall! Durch diese Show wird erreicht, dass LGBTQ normalisiert wird und Menschen, die hilflos sind, sich das anschauen können. Durch solche Shows wird über Themen wie sexuelle Orientierung oder Outing offener kommuniziert. Nicht jeder Mensch hat die Chance, sich mit Menschen auszutauschen, die zum Beispiel schwul oder lesbisch sind. Aber mit Shows wie „Princess Charming“ bekommt das Publikum schneller Informationen. Natürlich müssen viele Dinge getan werden, damit das Thema weiter normalisiert wird. Man könnte auch in Schulen oder Kindergärten darüber sprechen. Aber es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Deswegen: Auszeichnung mehr als verdient!
Wie sollte sich Diversity in den nächsten zehn Jahren entwickeln?
Sökeland: Man sollte Menschen nicht mehr in Schubladen stecken und gleichgültiger sein. Wenn jemand seine sexuelle Orientierung preisgeben will, dann sollte die Person das machen können, aber nicht dazu verpflichtet sein. Ich finde es traurig, dass viele Menschen auf ihre Sexualität reduziert werden. Wir sollten Menschen mehr auf das Menschsein reduzieren.
Finden Sie, dass wir das hinbekommen können?
Sökeland: Schwierige Frage. Ich kann nicht sagen, dass wir das in zehn Jahren hinbekommen. Wenn man einen Blick auf die Geschichte wirft, ist deutlich zu sehen, dass der Mensch immer den gleichen Fehler macht und nicht daraus zu lernen scheint. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.
In einem anderen Interview haben Sie über ein persönliches Ziel gesprochen: die Gründung einer Organisation, die es ermöglicht Schulen, Krankenhäuser und Kinderheime in entwicklungsärmeren Ländern zu bauen ...
Sökeland: Ja, ich hatte schon immer das Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen und fand es traurig, dass Kinder bereits in jungen Jahren gemobbt werden. Das hat mich in der Gesellschaft schon immer gestört, und ich habe es als unangenehm empfunden. Irgendwann war ich in einem Museum mit einer Ausstellung über Beschneidung bei afrikanischen Frauen. Das hat noch mehr mein Interesse geweckt, in Entwicklungsländern zu helfen. Ich war viel in Brasilien und habe Armut gesehen. Das sind alles Gründe, die mich motivieren, etwas zu verändern. Ob ich es schaffe, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass ich darauf hinarbeiten möchte, was ich auch gerade tue. Durch dieses Ziel habe ich die Motivation, alle meine Vorhaben durchzusetzen. (tsch)