Ausnahmekünstler Roland Kaiser (71) gewährt in seinem „Roadbook“ einzigartige Einblicke in sein Tourneeleben. Besonders verblüffend: Die Fusselrolle ist mit das wichtigste Accessoire.
Nicht ohne meine FusselrolleRoland Kaiser blättert sein ganz privates Tournee-Album auf
Es ist schon ein Phänomen. SPD-Parteichef Kevin Kühnert (33) schwärmt für den Genossen Roland, DFB-Nationalspieler Jonas Hofmann (30) ist ebenfalls glühender Kaiser-Fan. Jung und Alt zieht der Mann, der dieses Jahr sein 50. Bühnenjubiläum feiert, in seinen Bann. In seinem neuen Roadbook gewährt der gerade 71 Jahre alt gewordene Sänger jetzt sehr interessante Einblicke in sein Kaiserreich.
Der „stern“ nennt ihn „Soft-Pornograf des deutschen Schlagers“, die „taz“ würdigt ihn als „Philosophen, gefangen im Körper eines deutschen Schlagersängers“. Fakt ist: Man nimmt dem Kaiser seine eindeutig-zweideutigen Texte auch mit 71 noch ab und so mancher würde sich in den Zeilen nur zu gern wiedererkennen. Aber das allein ist nicht das Geheimnis seines Erfolgs. Wegbegleiter verraten, wie der Kaiser tickt.
Roland Kaiser: Kein Auftritt ohne Fusselrolle
„Mein persönlicher Anspruch ist, dass mein Mann immer perfekt auf die Bühne hinausgeht. Darum helfe ich auch bei der Garderobe. Ich wähle Anzug, Weste, Hemd, Krawatte, Schuhe aus und lege alles bereit“, erklärt Ehefrau Silvia, die ihren Mann zu jedem Konzert begleitet und gefühlt das halbe Jahr aus dem Koffer lebt.
„Welche Manschettenknöpfe zu welchem Hemd? Welches Einstecktuch zu welchem Sakko? In einer Datei halte ich fest, was Roland wann und wo auf welcher Bühne trägt.“
Sie habe immer eine Fusselrolle dabei, weil Roland aus Respekt vorm Publikum korrekt aussehen möchte. Keine Flusen auf dem Hemd, keine Haare auf dem Sakko.
Roland Kaiser blickte dem Tod ins Gesicht
Die Lungenkrankheit COPD sorgte dafür, dass Roland Kaiser vor Jahren kaum noch Luft bekam, kurz vor der Lungentransplantation 2010 sogar ein laufendes Konzert abbrechen musste. Das gleichzeitige Karrieretief ist längst Schnee von gestern.
Dass er sich nach dieser Extremerfahrung neu erfunden habe und heute erfolgreich sei wie nie, sei eine unglaubliche Leistung. „Und dafür bewundere ich ihn“, sagt seine Frau. Interessanterweise habe ihr Mann, seit er dem Tod in die Augen gesehen hat, „kein Lampenfieber mehr“.
Des Kaisers liebstes Essen: Bratkartoffeln und SpagBolo
Christian Weidinger und seine Crew bekochen während der Tournee die rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Klar, stehen da auch asiatisches, glutenfreie Nudeln, Chia und Buchweizen auf dem Plan. Doch Roland Kaiser steht am meisten auf Hausmannskost.
„Er liebt seine Bratkartoffeln mit Spiegelei“, sagt Weidinger. Der Sänger verrät im Buch zudem, dass er keine Überraschungen beim Essen mag. „Also habe ich mich mit dem Caterer darauf verständigt: Mittwoch Spaghetti Bolognese, Donnerstag Bratkartoffeln ... Das ist aber nicht die allgemeine Speisekarte. Andere müssen meine komische Sichtweise aufs Essen ja nicht übernehmen.“
An 200 Tagen im Jahr ist der „Kaiser“ im Auto unterwegs
Von 365 Tagen im Jahr sind Roland Kaiser und seine Frau rund 200 Tage unterwegs. Tausende von Kilometern sitzen sie im Auto, schreiben Mails und Moderationen, wählen Songs fürs Bühnenprogramm aus, hören Demos oder lesen. Roland Kaiser hat übrigens immer die „Hörzu“ dabei. „Die lese ich seit 50 Jahren.“
Oder die beiden schlafen einfach, weil sie wissen, auf Fahrer Gabor Antal ist Verlass. Seit 2016 sitzt er am Steuer und sagt: „Wer so viel reist, ist dankbar für ein bisschen Zuhause-Gefühl unterwegs: ein persönliches Kissen, eine weiche Wolldecke. Ich hatte schnell gemerkt, welche Süßigkeiten die beiden mögen, und habe seither immer Kinderschokolade, Lakritze und eine bestimmte Sorte Hustenbonbons an Bord.“
Roland Kaiser: Krümeljäger und Familienmensch
Maskenbildnerin Yvonne Neumann begleitet den Sänger seit 13 Jahren. Sie erinnert sich noch lachend an ihren ersten Arbeitstag. Von Münster aus ging's los. Damals sei Roland noch selbst gefahren. Er hielt an der Tankstelle und erklärte ihr, er müsse nur noch kurz das Auto saugen. Der gelernte Automobilkaufmann erträgt nämlich keine Krümel im Pkw.
Tochter Annalena Kaiser übrigens hat Medien- und Musikmanagement studiert und sukzessive Aufgaben von der Mama übernommen. Sie kümmere sich auch um Papas Social-Media-Kanäle. „Privates und Posts, die schnell gehen müssen, übernehme ich: Statements und Papas Begrüßung der Fans sowie Danke-Posts.“ Sie möchte helfen, die Show jung und frisch zu halten. Manchmal gebe es Gegenwind vom Papa („wir wollen mal nicht übertreiben“), aber er setze auch viele Ideen um.
Zusammenhalt wird in Roland Kaisers Band ganz groß geschrieben
Es gibt ein Ritual vor jedem Konzert: Alle Bandmitglieder bilden einen Kreis, fassen sich an den Händen, um den Zusammenhalt zu beschwören. Und der ist in der Tat außergewöhnlich. Mit Detlef Goy (Bass) arbeitet Roland Kaiser schon seit 32 Jahren zusammen, mit Ingolf Kurkowski (Schlagzeug) seit 1996 und mit Chorsängerin Christine Eiben seit 1995. Für den Sänger zählt nicht nur die musikalische Qualifikation, wenn er jemanden Neues sucht. Es müsse auch menschlich passen.
Tina Tandler (Saxofon und Akkordeon) ist seit zwölf Jahren an Bord und sagt: „Es ist gut, wenn man sich wirklich mag. Ich stelle es mir schrecklich vor, mit Menschen auf Tour zu gehen, die man irgendwie aushalten muss. In Rolands Band haben wir ein klares Ziel: Wir wollen alle zusammen etwas richtig Gutes auf die Bühne bringen.“
Roland Kaiser: Pünktlich auf die Minute – aus Respekt zu den Fans
Vielleicht ist das das größte Geheimnis seines Erfolgs: Der Schlagerstar ist seinen Fans aus tiefstem Herzen dankbar und versucht bei jedem Konzert, einen Kontakt aufzubauen: „Ich schaue sie an, spreche sie an, singe für sie. Und die Fans signalisieren mir: Verstanden, du meinst mich!“ Auch wenn er nicht „Wo sind eure Hände?“ von der Bühne brülle.
Deshalb kommen sie immer wieder, harren wie bei „Kaisermania“ 2022 in Dresden Stunden in der Hitze aus, um sich die besten Plätze vor der Bühne zu sichern. Angst, dass ihr Star sie warten lässt, müssen die Fans nicht haben. Roland Kaiser ist immer auf die Minute pünktlich. Silvia Kaiser erzählt, dass sie auf den Tourneen gern die Städte besichtigen würden, ihr Mann auch den Kontakt zu den Fans sehr schätze. Nur in Dresden gehe das nicht, da würden 300 bis 400 Fans das Hotel belagern.
Der Kaisers tolle Technik: Kilometerweise Kabel, Tonnen an Equipment
Bei „Kaisermania“ in Dresden gehören 30 Leute zur Technik-Crew, erzählt „Zak“, der Technische Leiter. Es brauche einen ausgeklügelten Plan und ziemlich starke Nerven.
Mehrere Tonnen Technik müssen pünktlich am Veranstaltungsort eintreffen, wo die Produktionscrew und lokale Helfer sie morgens aufbauen, nachts wieder abbauen, dann zum nächsten Veranstaltungsort fahren. Die Dresdner Bühne sei eher klein, sagt er. Doch die Packliste liest sich gigantisch:
- 15 Boxen für zwei Lautsprechertürme
- 134 Movinglights
- 24 LED-Bars
- 10 LED-Sticks
- 4 Follow-Spots
- 146 LED-Sticks
- 2 Lichtpulte
- eine LED-Wall (14 x 6 Meter)
- 2 LED-Wall (4 x 6 Meter)
- 2 Spiegelwände
- 3 Nebelmaschinen
- 2 Glasfaserkabel à 150 Meter
- ca. 1500 Meter Kabel
Einmalige Einblicke: Das Kaiser-Roadbook
Ein außergewöhnliches Werk, ein Muss für Fans: „Roland Kaiser. Live. Das Roadbook“ (271 Seiten, Heyne-Verlag, 32 Euro) besticht durch Hunderte von Bildern vor und hinter der Bühne.
Fotograf Paul Schirnhofer begleitet Roland Kaiser seit den 90er Jahren auf Tourneen — und diese Vertrautheit merkt man den Aufnahmen an.
„Spiegel“-Bestseller-Autorin Sabine Eichhorst entlockte ihren Interviewpartnern vom Chormitglied bis zum Edelfan interessante Details und Anekdoten über den Star.