Valerie Niehaus ist Star der ZDF-„Herzkino“-Reihe „Nächste Ausfahrt Glück“ (ab sofort in der Mediathek) zurück. Die Serie: ein Quotenhit. Vielleicht, weil eben nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen ist – und man der Schauspielerin die Probleme als Mutter und Ehefrau in den 40ern einfach abnimmt.

Aber: Im wahren Leben ist die 48-jährige Valerie Niehaus einfach nur glücklich, nicht mehr 20 sein zu müssen. Im großen Gespräch mit EXPRESS.de bricht sie eine Lanze für Frauen ihres Alters.

Valerie Niehaus: „Alltag steht der Liebe oft im Weg“

Herzkino 2023: Ihre Filmrolle hat Sex, Sie betrügen Ihren Mann mit Ihrer Jugendliebe. Ist die lebenslange Liebe heute ein Auslaufmodell?

Valerie Niehaus: Nein, bestimmt nicht. Ich glaube, die Menschen sehnen sich nach wie vor nach Partnerschaften, die lange halten. Man muss vielleicht flexibler sein im gesamten Leben. Da steht – sicherlich oft – der Alltag der Liebe im Weg.

Sie haben in New York Schauspiel studiert. Haben Sie nie von der internationalen Karriere geträumt?

Valerie Niehaus: Mir war ehrlich gesagt immer wichtig, dass ich Arbeit habe, und ich weiß nicht, ob ich in Amerika die Energie gehabt hätte, um mich da durchzuschlagen und auf die internationale Karriere zu hoffen. Ich genieße es, dass ich hier viele Jobs habe – Filme, Sketch-Shows, Krimi- und auch romantische Serien – und deshalb oft im TV zu sehen bin, aber noch immer ganz normal in den Supermarkt gehen kann und mich nicht hinter dicken Mauern verschanzen muss. Außerdem zwingt mich in Deutschland keiner, auf Social Media aktiv zu sein, um meinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Und das würde mich auch wirklich nicht reizen.

Aber wenn wir uns das Dschungelcamp oder manche Reality-Shows ansehen, scheinen Influencer und Co. die Stars der Zukunft zu sein …

Valerie Niehaus: Die Reality-Formate sind eine Nische, und sie werden auch in Zukunft nicht den ganzen Markt bestimmen oder andere Fernsehunterhaltung vertreiben. Dass Menschen das gern sehen wollen, ist für mich okay. Was mich vielleicht stört: Da finden gefährliche Verzerrungen von Tatsachen statt, was bei vielen eventuell dazu führt, dass sie ihr eigenes normales Leben als ungenügend empfinden. Motto: „So wie du bist, bist du nicht interessant genug“.

Twittern Sie Ihre Meinung schon mal?

Valerie Niehaus: Nein. Schwierig finde ich, dass so viele Politiker im Bundestag per Twitter-Nachrichten zu allem ihren Senf dazugeben. Diese schnelle Art und Weise, etwas rauszuhauen, ist im Zusammenhang mit Politik sehr bedrohlich. Ich würde mir wünschen, dass länger nachgedacht und besonnen agiert wird.

Stichwort Eisenach, dem Drehort der ZDF-Serie. Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass die Menschen aus den neuen Bundesländern sich auch heute noch von der Politik im Stich gelassen fühlen?

Valerie Niehaus: Beim Dreh in unserem total durchwachsenen Team gibt es keinen Unterschied zwischen den Mitarbeitern aus den alten und neuen Bundesländern. Aber wenn man mit den Menschen vor Ort ins Gespräch kommt und ihre Biografien hört, merkt man, dass es doch noch viel Redebedarf gibt. Ich denke, dass man der Generation, die nach der Maueröffnung geboren wurde, auch heute noch erzählen muss, was es bedeutet, in einem Unrechtsstaat zu leben, und dass Demokratie nicht von selbst kommt, sondern ein hohes Gut ist, für das man sich einsetzen muss.

Valerie Niehaus: Höchster Respekt vor Kindergärtnerinnen

Sie spielen eine Kindergärtnerin. Hätte das jemals eine berufliche Alternative für Sie sein können?

Valerie Niehaus: Ich habe den höchsten Respekt für diesen hochverantwortungsvollen Beruf, in dem man so viel Fingerspitzengefühl für Kinder braucht, die nicht die eigenen sind. Aber für mich wäre das nichts. Früher, als ich meinen Sohn noch in den Kindergarten gebracht habe, habe ich mich immer schon gewundert, wie man diese Lautstärke aushalten kann. In unserer Wohnung in Berlin haben wir einen Spielplatz vor der Haustür. Da frage ich mich auch: Warum schreien Kinder die ganze Zeit so?

Optisch könnten Sie immer noch als Kleinkind-Mum durchgehen. Macht es Sie stolz, dass Sie als Liebhaberin besetzt werden – und nicht die kauzige Mutter darstellen müssen?

Valerie Niehaus: Na, ich spiele in der Serie doch die Mutter eines 30-jährigen Sohnes (lacht). Aber im Ernst: Ich finde Frauen in meinem Alter einfach attraktiv, mit allem, was dazugehört: Die Kinder, die zur Welt gebracht wurden, die Beziehungen, die verloren gingen, die Ehen, die gerettet werden wollten, der Job, der bewältigt werden muss. Das alles spiegelt sich im Aussehen und Auftreten wider. Da kann eine 20-Jährige, der man ansieht, dass sie unzufrieden mit sich und der Welt ist, nicht mithalten.

Dann macht es Ihnen wohl keine Angst, auf die 50 zuzugehen?

Valerie Niehaus: Nein, überhaupt nicht. Frauen in meinem Alter müssen nicht mehr so viel Zeit dafür aufbringen, darüber nachzudenken, ob und wo wir reinpassen oder den Vorstellungen der Gesellschaft genügen. Das gilt auch für mich. Ich betreibe einen großen psychosozialen Aufwand, um zufrieden zu sein, und ich denke, mir sieht man einfach an, dass ich ein zufriedener Mensch bin.

Haben Sie sonst noch ein „Jungbrunnen“-Tipp für uns parat?

Valerie Niehaus: Dass ich auf Alkohol und Zigaretten verzichte, das macht bestimmt auch noch etwas aus, denke ich.

Valerie Niehaus: Von „Verbotene Liebe“ zur „heute-show“

Valerie Niehaus ist eine der meistbeschäftigten Schauspielerinnen Deutschlands, dreht bis zu sieben Filme im Jahr. Sie wuchs in Fulda auf, zog mit 13 Jahren mit ihrer Familie nach München und bekam am Tag, als sie ihr Abiturzeugnis erhielt, einen Vertrag für die Seifenoper „Verbotene Liebe“.

Nach zwei Jahren stieg sie aus, studierte am Lee Strasberg Theatre and Film Institute in New York City und hat seitdem in Dutzenden von Kino-, Fernsehfilmen und Serien mitgespielt.

Seit Juni 2018 ist sie zudem Teil der Besetzung in der „heute-show“. Niehaus ist die Großnichte der Schauspielerin Ruth Niehaus aus Meerbusch, einer der großen Kinostars der 50er Jahre. Aus ihrer ersten Ehe hat Valerie Niehaus einen 21-jährigen Sohn. 2021 heiratete die Schauspielerin ihren Lebensgefährten Manuel Graf in ihrer Heimatstadt Fulda.