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Vier-Tage-WocheExpertin warnt: „Müssen gucken, dass kein Graben entsteht, der nicht mehr überbrückbar ist“

Guido Zander weiß, wie Arbeit in Zukunft aussehen sollte: „Weg von dem One-Size-Fits-All. Sondern hin zu sehr viel mehr Vielfalt.“

Guido Zander weiß, wie Arbeit in Zukunft aussehen sollte: „Weg von dem One-Size-Fits-All. Sondern hin zu sehr viel mehr Vielfalt.“

Wird die Vier-Tage-Woche in Deutschland schon bald flächendeckend Realität? Nein, glaubt ein Experte. In einer 3sat-Dokumentation stellt er nun klar: Verkürzte Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich ist nicht immer die Lösung.

Rund 81 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland wünschen sich eine Vier-Tage-Woche. Das zumindest geht aus einer 2023 veröffentlichten Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Der Mangel an Fachkräften, der inzwischen dramatische Ausmaße annimmt, scheint dieser Lösung jedoch zu widersprechen – zudem droht auch noch ein immer größer werdendes Rentenloch.

Die 3sat-Reihe „WissenHoch2“ nimmt sich nun des viel diskutierten Themas an. Sie fragt in der Wissensdoku „Wunschtraum Viertagewoche?“ (Donnerstag, 2. Mai, 20.15 Uhr, bei 3sat, und bereits vorab in der Mediathek), ob die verkürzte Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich nicht letztlich ein Wunschtraum bleibt.

Angestellte wünscht sich mehr „Me-Time“

Zu Beginn des Jahres 2024 startete das erste wissenschaftlich begleitete Pilotprojekt zur Vier-Tage-Woche in Deutschland. 45 Firmen testen seither auf verschiedene Art und Weise die kürzere Arbeitswoche. Auch Susanne Sippel, die im bayerischen Neumarkt ein Sanitätshaus leitet, ist mit ihrem Unternehmen Teil der Studie. „Wichtig ist mir, dass meine Mitarbeiter mir lange und gesund erhalten bleiben. Das Thema Work-Life-Balance ist einfach immer wichtiger, gerade für die jungen Leute“, sagt sie in der Dokumentation.

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Ähnlich sieht dies Sippels Angestellte Denise Schwinghammer. „Meine Erwartung an die Vier-Tage-Woche ist, dass ich wirklich Zeit habe“, stellt sie klar und ergänzt: „Meine Zeit für mich ist tatsächlich nicht der Haushalt und Erledigungen. Ich möchte Me-Time.“ Me-Time – das bedeutet für Denise Schwinghammer zum Beispiel, „vormittags ins Fitnessstudio zu gehen“.

Installateur Olaf Tettenborn arbeitet beim Sanitärbetrieb Gaßner in der Vier-Tage-Woche.

Installateur Olaf Tettenborn arbeitet beim Sanitärbetrieb Gaßner in der Vier-Tage-Woche.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Heike Bruch gibt Denise Schwinghammer und ihrer Vorgesetzten recht: „Die Förderung von Gesundheit in einem Unternehmen ist eine Investition – zeitlich, aber auch finanziell.“ Als Arbeitgeber müsse man sich vor allem einer Sache bewusst werden: „Es ist teurer, es nicht zu machen.“

Wirtschaftswissenschaftlerin warnt vor „unüberbrückbarem Graben“

Tagsüber ins Fitnessstudio statt ins Büro – ist das überhaupt überall umsetzbar? Nein, betont Guido Zander im Film. Der Wirtschaftsinformatiker berät Unternehmen bei der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen. „Diese Verallgemeinerung, zu glauben, das muss doch jetzt überall gehen, ist sehr oberflächlich. Sie hat eben auch dazu geführt, dass Gewerkschaften glauben, wir müssten nur die Vier-Tage-Woche einführen und das wird automatisch die Produktivität und den Umsatz steigern.“

Das Homeoffice hat die Arbeitswelt verändert: Christina Travisano arbeitet im Homeoffice und kann für ihre Tochter Lailani da sein, wenn diese krank ist.

Das Homeoffice hat die Arbeitswelt verändert: Christina Travisano arbeitet im Homeoffice und kann für ihre Tochter Lailani da sein, wenn diese krank ist.

Nichtsdestotrotz hält auch er eine höhere Flexibilität in puncto Arbeitszeit für unabdingbar. „Was sich sicherlich geändert hat, ist, dass man es nicht mehr um jeden Preis macht“, erklärt Zander. „Dass man auch gegenüber dem eigenen Körper nachhaltiger ist. Und, dass man den Sinn in der Arbeit sucht.“

Mit Sorge blickt der Arbeitszeit-Berater auf „das Narrativ, dass Arbeit etwas Furchtbares ist, was es zu vermeiden gilt“. Zudem bestehe das Risiko einer gesellschaftlichen Spaltung. Darauf weist auch Heike Bruch hin: „Teilweise verstärkt sich eine Zweiklassengesellschaft zwischen Menschen, die mobil und flexibel arbeiten können, und anderen, die qua Aufgabe eher Präsenzpflicht haben.“

Im sozialen, aber auch im produzierenden Bereich etwa sei es häufig nicht möglich, den Arbeitsalltag durch Homeoffice oder eine Vier-Tage-Woche flexibler zu gestalten. „Da müssen wir gucken, dass kein Graben entsteht, der nicht mehr überbrückbar ist“, mahnt Bruch. „Dass die einen Freiheiten haben – und die anderen nicht.“

Die Zukunft: „Weg von dem One-Size-Fits-All“

Der Film zeigt: Der Wille zum Wandel ist häufig da, die Möglichkeiten nicht immer. Bisherige Arbeitszeitmodelle bergen jedoch ebenfalls zahlreiche Probleme in sich – etwa „die Norm der Vollzeit“, die die Soziologin Bettina Kohlrausch in der Dokumentation beschreibt: „Die Idee, man müsse 40 Stunden die Woche 40 Jahre im Leben arbeiten. Sonst riskiert man Armut, oder sonst bringt man sich auch um Entwicklungsperspektiven.“ Klar sei: „Wir müssen an die Organisation der Erwerbsarbeit ran.“

Ähnlich fällt Guido Zanders Fazit aus. „Ich glaube, dass ein ganz wesentlicher Teil in der Zukunft darin legen wird, selber zu entscheiden: Wann fange ich an? Wie lange arbeite ich?“, resümiert er. Dies werde „der Weg der Zukunft“ sein: „Weg von dem One-Size-Fits-All. Sondern hin zu sehr viel mehr Vielfalt, zwischen der die Mitarbeitenden wählen können, um je nach Lebensphase ihren jeweiligen Ideen und Lebensphasen gerecht zu werden.“ (tsch)