Bitte mal anhalten!Mit dem Wohnmobil durchs Périgord – Frankreichs unterschätztes Paradies

Reise Fotos von Christof Ernst aus Perigord

In Limeuil fließt die Vézère in die Dordogne. Auf beiden Flüssen kann man prima Kajak fahren. Seit einiger Zeit ist außerdem Stand-up-Paddling sehr angesagt.

Mit dem Wohnmobil unterwegs im Périgord: Nur für die Durchreise echt zu schade.

von Christof Ernst  (che)

Wer in Frankreich Urlaub macht, fährt meistens flott nach Süden ans Mittelmeer oder nach Westen an den Atlantik. Das ist einerseits verständlich, andererseits entgeht einem dann eine der schönsten und attraktivsten Regionen unseres Nachbarlandes: das Périgord.

Die Gegend östlich von Bordeaux ist ein Mekka für Weintrinker und Gourmets, ein Paradies für Wanderer und ein Dorado für Kunst- und Geschichtsinteressierte.

Périgord: Trüffel, Rotwein – und der legendäre Cyrano de Bergerac

  1. Lebensart pur: Ausgerechnet ein Engländer hat den Reiz der Gegend früh erkannt: Krimi-Schriftsteller Martin Walker lässt schon seit Jahren Kommissar Bruno Courrèges im Périgord ermitteln. Dabei geht es zwar meistens um Mord, aber auch um Trüffel, Pâté und exzellenten Vin Rouge – also um Lebensart pur. In den Krimis lernt man als Leser zwar viele Orte kennen, sie lohnen aber auch alle einen ganz persönlichen Besuch.
  2. Das muss man gesehen haben: Wenn man von Norden auf das Périgord zufährt, lohnt direkt ein Stopp in Brantôme. Der Fluss Dronne umfließt gleich in zwei Armen das Städtchen, das für seine Kalkfelsen und eine gewaltig große Benediktinerabtei berühmt ist. Noch interessanter – und vor allem für Wassersportfreunde attraktiver – ist Limeuil. Denn dort fließt die Vézère in die größere Dordogne. Das ermöglicht neben fantastischen Fahrradausflügen auch eine Fahrt mit dem Kajak oder das aktuell angesagte Stand-up-Paddling.
  3. Den Namen Bergerac lassen sich Weinkenner auf der Zunge zergehen, weil es in dem Ort sehr guten Rotwein gibt. Und der kann sich durchaus mit einem Bordeaux messen, hat aber den großen Vorteil, dass er um einiges günstiger ist. Tipp: Im örtlichen Tourismus-Büro gibt es Dreier-Gebinde für ca. 35 Euro, die ihr Geld wert sind. Auf Schritt und Tritt begegnet einem natürlich auch die berühmte Romanfigur Cyrano de Bergerac, der Mann mit der langen Nase, der für einen Nebenbuhler schmachtvolle Liebesgedichte verfasst, damit wenigstens der die von Cyrano angehimmelte Roxane zur Frau bekommt.
Kirche in Bergerac (Périgord)

Sie sieht alt aus, ist aber vergleichsweise jung: 1865 wurde die neugotische Kathedrale Notre Dame in Bergerac eingeweiht. Architekt war Paul Abadie, der auch Sacré-Coeur in Paris entworfen hat.

  1. Die Wunder von Lascaux: Gleich mehrfach trifft der Begriff Wunder auf die Höhle von Lascaux zu. Schon ihre Entdeckung war ein unglaublicher Zufall, als 1940 ein Hund in das Loch eines entwurzelten Baumes stürzte. Sein Herrchen, ein junger Mann, sprang hinterher und entdeckte die Höhle mit ihren weltweit einzigartigen Felsenzeichnungen. Das lockte Millionen Besucher aus aller Welt an, die aber mit ihren Ausdünstungen die einmaligen, rund 19000 Jahre alten Höhlenzeichnungen in ihrer Substanz beschädigten. Wunder Nr. 2.: Heute ist die Original-Höhle zwar geschlossen. Aber mittels modernster Technik wurde die ganze Höhle mit einem 3D-Scanner per Laser abgetastet. Daraus entstand ein originalgetreues Faksimile, das man seit 2016 in einem sehr eleganten Museumsneubau besichtigen kann (Eintritt: 22 Euro für Erwachsene, Kinder zahlen 14,50 Euro. Unbedingt online einen Termin reservieren).
  2. Günstige Nebensaison: Das Périgord ist ideal für eine Tour mit dem Wohnmobil oder Caravan, vor allem im Frühjahr oder jetzt im Herbst. Da kostet ein Vier-Sterne-Platz in Brantôme nur 37,10 Euro pro Nacht, mit ACSI-Ermäßigung sogar nur 17 Euro. Mittelklasse-Hotels kosten rund 90 Euro pro Nacht im Doppelzimmer.

Noch mehr Lust auf Frankreich? Bitteschön – hier die besten Tipps für Noirmoutier, das schön ist wie Sylt, aber bei nicht so schickimicki

  1. Es muss nicht immer Trüffel sein: Ja, das Périgord ist weltbekannt für seine Trüffel. Aber das schwarze Gold, wie die raren Pilze genannt werden, ist sündhaft teuer: Bis zu 3000 Euro das Kilo. Es geht auch günstiger. Eine Spezialität ist die einfache, aber höchst schmackhafte Knoblauch-Suppe. Geflügel gibt es in jeder Art, natürlich auch die Foie Gras, die Gänsestopfleber. Wer aber einmal gesehen hat, wie barbarisch die Tiere mit Mais vollgestopft werden, wird eher darauf verzichten. Gut essbar sind dagegen Kastanien-Gerichte in allen Variationen. Bekannt sind zudem der Rocamadour-Käse oder die Bratkartoffeln à la Sarladaise mit Petersilie und Knoblauch in Gänsefett gebraten. Die Restaurantpreise sind viel günstiger als in französischen Großstädten. Für 30 Euro bekommt man schon ein sehr ordentliches 3-Gänge-Menü.
  2. Das nervt: Wenn man im Restaurant deutsche Gäste sofort daran erkennt, dass sie einzeln bezahlen wollen. „L'Addition“, die Rechnung, gilt immer für die ganze Gruppe. Also bitte nach dem Bezahlen und vor dem Lokal den Betrag auseinanderdividieren.
  3. Das bleibt: Eine abendliche Radtour entlang der Dordogne, die Sonne sinkt langsam, ein Fisch springt aus dem Wasser – man spürt den Atem von Glück.

Genussurlaub im Périgord: So komme ich hin

Von Köln nach Brantôme sind es 970 Kilometer (ca. 10 Stunden und 15 Minuten). Es empfiehlt sich auf jeden Fall einen Zwischenstopp in Bourges zu machen. Die schöne Stadt ist vor allem für ihre fünfschiffige Kathedrale Saint Etienne berühmt.

Sprit ist aktuell ein paar Cent teurer als in Deutschland. Es lohnt immer, an Supermarchés zu tanken. Das Fahrradnetz im Périgord ist ganz gut, dagegen sind die Bus- und Bahnverbindungen eher mangelhaft. Für die Rückfahrt empfiehlt sich die Route durchs Burgund. Ist etwas weiter, aber sehr, sehr schön.