Wohnungsnot auf MallorcaJetzt greift die Regierung hart durch – das könnte vor allem die Deutschen treffen

Blick auf ein Dorf mit vielen deutschen Einwohnern und Einwohnerinnen auf Mallorca.

Auf Mallorca herrscht derzeit eine extreme Wohnungsnot, wogegen die Regierung nun vorgehen möchte. Das Foto aus dem Jahr 2020 zeigt ein Dorf auf Mallorca.

Die Baleareninsel Mallorca ist nicht nur ein beliebtes Urlaubsreiseziel, viele nutzen die Insel auch als Zweitwohnsitz – doch das könnte sich für alle nicht-ortsansässigen Personen bald ändern.

Alle Mallorca-Fans aufgepasst: Der Traum einer eigenen Ferienwohnung auf Mallorca könnte für viele Deutsche bald platzen, wenn die Regierung der Balearen mit ihren radikalen Plänen zur Bekämpfung der schlimmen Wohnungsnot durchkommt.

Die linken Parteien, die auf den Mittelmeer-Inseln das Sagen haben, wollen nämlich den Immobilienkauf durch Nichtansässige einschränken. Das soll in Abstimmung mit der spanischen Zentralregierung und der Europäischen Union geschehen, wie es in einer Initiative heißt, die am Dienstag (21. Februar 2023) im Regionalparlament in Palma mit großer Mehrheit angenommen wurde.

Mallorca: Kein Immobilienkauf mehr für nicht ansässige Personen?

Ziel sei ein Gesetz, „das die notwendigen Maßnahmen zur Beschränkung des Erwerbs von Eigenheimen durch nicht ansässige natürliche oder juristische Personen vorsieht, um die aktuelle Immobilienspekulation zu verhindern“, heißt es im Text.

Wie die angestrebte Beschränkung aussehen soll, steht zwar noch nicht fest. Einige linke Politiker und Politikerinnen fordern aber schlicht und einfach ein Verbot für nicht-ortsansässige Personen. Man werde die Rechte der Inselbewohner und Inselbewohnerinnen schützen, tönte auf Twitter der Koalitions-Juniorpartner Podemos Illes Baleares.

Mehr als die Hälfte aller Immobilienkäufe auf den Balearen waren 2021 von Ausländern und Ausländerinnen – ganz vorne rangieren die Deutschen, mit 59 Prozent all dieser getätigten Geschäfte.

Ursprünglich wollte Podemos Illes Baleares diese mit einem Verbot in die Schranken weisen und ohne Einschaltung von Madrid und der EU ein entsprechendes Gesetz erlassen. Doch das war den Sozialisten und Sozialistinnen von Ministerpräsidentin Francina Armengol zu gewagt. Als Erstes soll daher der EU-Segen her.Hier nehmen Sie an unserer EXPRESS.de-Umfrage teil:

Die Opposition kritisiert die Pläne, hält diese für kontraproduktiv und zudem für unvereinbar mit EU-Recht. Diese Ansicht teilen viele Juristen, Juristinnen, Makler und Maklerinnen. „Das ist verfassungswidrig und auch europarechtswidrig, keine Frage“, wurde Rechtsanwalt Manuel Stiff jüngst im „Mallorca Magazin“ zitiert. Der Regionalregierung traue er aber dennoch zu, „dass sie das durchzieht“.

Der deutsche Präsident des Balearischen Verbandes Nationaler und Internationaler Makler (ABINI) glaubt derweil nicht, dass ein Verbot für Nichtansässige durchzusetzen ist.

Da das Vorhaben auch Festlandspanier und Spanierinnen betreffen würde, würde das eine Änderung der spanischen Verfassung nötig machen, sagte Hans Lenz im Gespräch mit dem „Mallorca Magazin“. Hinzu komme, dass sich weder die öffentliche Hand noch die lokale Wirtschaft das leisten könnten. Von der Immobilienwirtschaft hängen nach seinen Worten 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Balearen und gut 100.000 Arbeitsplätze ab.

Dass es aber Probleme gibt, die immer schlimmer werden, bestreitet niemand. Wohnungsnot herrscht zwar nicht nur auf Mallorca und Ibiza, sondern auch in vielen anderen Regionen Spaniens und der EU. Doch die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren auf den sehr beliebten Urlaubsinseln besonders stark angestiegen.

Im Zuge dieser Entwicklung kletterten auch die Mietpreise auf neue Höchststände. Es gibt auf Mallorca kaum noch Wohnungen für weniger als 1000 Euro Monatsmiete. Selbst ein WG-Zimmer kostet auf Mallorca in der Regel mindestens 400 Euro. Dabei liegt der monatliche Durchschnittsverdienst auf der Insel nach Zahlen der spanischen Statistikbehörde INE lediglich bei gut 1900 Euro.

„Keine Ärzte, keine Lehrer, keine Justizbeamten“ wegen Wohnungsmangel

Das bleibt nicht ohne Folgen: Keine geringere Institution als der Oberste Gerichtshof in Madrid stellte fest: Der Mangel an Wohnraum und die hohen Kosten „führen dazu, dass es auf den Inseln bald keine Ärzte, keine Lehrer, keine Justizbeamten“ mehr geben werde, hieß es Anfang des Monats, als das Gericht ein Verbot der Ferienvermietung von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Palma bestätigte.

Die Wohnungsnot treibt weitere erschreckende Blüten: Hausbesetzungen nehmen zu. Es wird über Sozialwohnungen in Schiffscontainern diskutiert. Aus der Not entstehen bereits Siedlungen aus Wohnwagen, die von Tag zu Tag größer werden.

Auf dem Parkplatz des Schwimmbads Son Hugo in Palma haben sich in den vergangenen Monaten an die 30 unfreiwillige Camper und Camperinnen zusammengefunden, die praktisch alle einer geregelten Arbeit nachgehen, aber trotzdem kein Geld für eine richtige Wohnung haben, wie die „Mallorca Zeitung“ berichtete.

Die Kritiker und Kritikerinnen meinen, nicht die ausländischen Käufer und Käuferinnen, sondern die Regierung sei in erster Linie schuld. Luis Martín, der Vorsitzende des Verbandes der mallorquinischen Bauträger, klagte im „Mallorca Magazin“, Palma habe bereits gut 53.000 Hektar Bauland auf den Balearen gestrichen, auf denen 20.000 Wohneinheiten entstehen könnten. Seit der Amtsübernahme von Armengol vor knapp acht Jahren hätten zudem 14 Änderungen im Baugesetz zu „Chaos“ geführt.

Die linke Regierung hat aber durchaus an anderen Stellen etwas getan. Zuletzt wurde etwa beschlossen, Bürger und Bürgerinnen beim Kauf einer Immobilie zu unterstützen, indem die öffentliche Hand beim Abschluss einer Hypothek als Bürge auftritt.

Zuschüsse und Zwangsvermietungen auf Mallorca

Es gibt Zuschüsse für junge Leute und Geringverdiener und Geringverdienerinnen, und Wohnungen von Immobilienbesitzern und Besitzerinnen, denen mehr als zehn Objekte gehören, können „zwangsvermietet“ werden, wenn sie mehr als zwei Jahre leer stehen.

Die Fronten sind verhärtet. Aber neue Lösungen müssen her. Andernfalls werden die sozialen Spannungen wohl oder übel zunehmen. Das wissen auch die Kritiker und Kritikerinnen der Regionalregierung.

„Ich persönlich glaube, dass es nicht gut ist für unsere Gesellschaft, wenn Arm und Reich immer weiter auseinanderdriften“, sagte Anwalt Stiff. „Wenn das nämlich extreme Ausmaße annimmt, gehen die Armen irgendwann auf die Barrikaden.“ (dpa)