Der einst so beliebte Discounter-Riese Aldi muss sich neu positionieren, denn nur so gelingt ihm die Aufholjagd auf die Konkurrenz. Und um das zu schaffen, will Aldi Altbewährtes mit Neuem verbinden.
Absturz bei AldiDiscounterriese muss sich dringend erneuern: „Hat sich dramatisch verändert“
Der Discounter Aldi hat sich in den letzten Jahren immer weiter entwickelt, doch nicht unbedingt nur zum Guten. Zwischen alten Prinzipien und neuen Wegen verlor Aldi nach Meinung vieler Experten und Expertinnen seine Discounter-Mentalität.
Und nicht nur das: Der Erzfeind Lidl schaffte erstmals, trotz steigender Umsätze für Aldi während der andauernden Corona-Pandemie, einen höheren Gesamtumsatz einzufahren.
Der frühere Aldi-Nord-Manager Dieter Brandes betont gegenüber dem „Spiegel“: „Aldi hat sich dramatisch verändert“. Weiter führt Brandes aus: „Das ist der Weg vom einstmals exzellenten zu einem gewöhnlichen Unternehmen, einem Unternehmen auf dem Weg zum Supermarkt.“
Aber wofür steht Aldi? So ganz weiß das wohl keiner mehr. Wiederzufinden ist Aldi irgendwo zwischen Supermarkt und Discounter, eine eindeutige Tendenz, wie es sie früher einmal gab, ist nicht mehr vorhanden.
Aldi: Discounter oder doch schon Supermarkt?
Die einstige Motivation, Produkte zum bestmöglichen Preis-Leistungs-Verhältnis zu verkaufen, wurde teilweise über Board geworfen. Das Sortiment vieler Filialen wurde nicht nur aufgestockt, sondern auch Markenprodukte und Sonderangebote sind in den Aldi-Filialen vermehrt zu finden, wie der „Spiegel“ weiter berichtet.
Lieferanten gaben hierzu an: „Früher sind die Menschen zu Aldi gegangen, weil sie sich sicher waren, ihren Einkauf zum bestmöglichen Preis-Leistungs-Verhältnis tätigen zu können. Hinzu kam der Vorteil der Komplexitätsreduktion, auch für den Kunden, der nicht zwischen zehn Olivenölen wählen musste und immer wusste, wo die Artikel stehen.“
Und auch digital konnte Aldi bislang nicht mit der Konkurrenz mithalten. Denn trotz aller Bemühungen, die von Aldi vorgenommen wurden, konnten sie Lidl auch im Online-Geschäft nicht aus dem Rennen schlagen.
Ein ehemaliges Mitglied des Lidl-Vorstandes verrät dazu: „Als ich Anfang der Neunziger bei Lidl angefangen habe, haben wir so viel Umsatz gemacht wie Aldi Ertrag.“ Weiter sagte er: „Uns blieb nichts anderes übrig, als sehr aggressiv und mutig zu sein, viel zu probieren und notfalls zu korrigieren. Dieser Spirit fehlt Aldi, deshalb sind wir vorbeigezogen.“
Im Herbst 2015 ging Aldi-Süd das Digitalisierungsproblem an und das mit voller Kraft: Das Projekt „Ahead“ wurde ins Leben gerufen. Eine neue und zeitgemäße Digitalisierung sollte eingeführt werden und Aldi ins moderne Zeitalter katapultieren.
Aldi: Onlineshop „Aldi liefert“ soll Digitalisierung vorantreiben
Doch der Plan ging nicht auf: „Ahead hat sich zu einem gigantischen Zeit-, Kosten- und Ressourcenfresser entwickelt“, sagt ein ehemaliger Beteiligter. Und auch die geplanten Kosten für das Projekt „Ahead“ von rund 650 Millionen Euro stiegen auf unglaubliche 1,6 Milliarden Euro an.
Im Jahr 2017 eröffnete Aldi sodann seinen ersten Onlineshop „Aldi liefert“, dieser erzielte bislang einen Umsatz von 100 Millionen Euro. Konkurrent Lidl dagegen kann mit Zahlen in Höhe von einer Milliarde Euro prahlen. Aldi lässt aber nicht locker und bleibt weiterhin am Ball: „Wir beschäftigen uns damit. Drücken wir morgen schon auf den Startknopf? Eher nicht“, so ein Manager.
Trotz einiger Rückschläge hält Aldi also weiterhin an dem Wandel fest, hin zu einem modernen Discounter, und erhofft sich neue alte Ziele, wie ein interner Mitarbeiter zitiert wird: „Alte Werte, neu interpretiert.“
Zukünftig sollen also neben der gewünschten Digitalisierung auch wieder vermehrt Artikel der Aldi-Eigenmarke angeboten und Markenprodukte großzügig aussortiert werden. Damit will Aldi zu seiner alten Discounter-Mentalität zurückfinden, nur diesmal modernisiert. Ob sich Aldi damit auf die Ebene der Konkurrenz wie Edeka, Rewe und auch Lidl katapultiert, wird sich zeigen. (kvk)