Die Fußball-Nationalmannschaft der Männer und der Frauen in der Krise, die Formel 1 am Boden – und auch in anderen Sportarten hinkt Deutschland hinterher. Ändert sich das bald wieder?
Deutscher Sport in der Dauer-KriseWarum jubeln plötzlich nur noch Holländer in Serie?
„Deutschland ist nur noch ein Scheinriese“! Die Analyse des Schweizer „Tagesanzeiger“ bringt es leider auf den Punkt.
Die einst gefürchtete und beneidete Sportnation Deutschland hat abgewirtschaftet. Ob Fußball, Formel 1 oder Radsport, wo einst unsere Nationalmannschaften, Michael Schumacher (54), Sebastian Vettel (35) und Jan Ullrich (49), Marcel Kittel (35) oder Andre Greipel (41) Weltspitze waren, sind wir nur noch Mittelmaß.
Dafür jubeln jetzt die Holländer in Serie. Unser kleines Nachbarland (17,5 Millionen Einwohner) zeigt uns, wie’s geht. Oranje boven, wir am Boden.
DFB in der Krise: Weltmeisterschaften ein Desaster
Fußball: Der DFB in der Dauer-Krise. Dem doppelten WM-Vorrundenaus des Vierfach-Weltmeisters ließen die Frauen (zweimal Weltmeister, achtmal Europameister) die erste WM-Blamage folgen.
Und die Misserfolge unter Hansi Flick (58) lassen die Fans im Hinblick auf die Heim-EM angst und bange werden. Die Holländer schlugen sich dagegen bei der WM in Katar achtbar, schieden unglücklich im Viertelfinale nach Elfmeterschießen gegen den späteren Weltmeister Argentinien aus.
Bei den Frauen lassen aktuell, Anfang August 2023, Trainer Andries Jonker (60) und Torjägerin Jill Roord (26), beide früher in Wolfsburg, die Elftal vom ersten WM-Titel träumen.
Formel 1: Von der Formel deutsch ist praktisch nichts mehr übrig. Von sieben Fahrern (2010), zwei Rennen, drei Teams und zwei TV-Sendern blieben ein Fahrer (Nico Hülkenberg), ein Team, ein Sender und eine enttäuschte Hoffnung: Mick Schumacher (24) wurde bei Ferrari aussortiert, von Mercedes als Ersatzfahrer aufgefangen und hat schlechte Aussichten auf die Rückkehr in ein Stammcockpit.
Dagegen rast der Niederländer Max Verstappen (25) seinem Titel-Hattrick entgegen und schickt sich an, Schumis Rekorde zu brechen.
Hier geht es zu unserer Umfrage:
Radsport: Der Holländer Mathieu van der Poel (28) gewann bei der WM in Glasgow den Titel trotz Sturz gegen bärenstarke Konkurrenz (Wout van Aert, Remco Evenepoel, Tadej Pogacar). Der deutsche Meister und Kapitän Nils Politt (29) musste dagegen aufgeben. Die letzten WM-Titel holten Rudi Altig (79) 1966 und Ullrich 1993 bei den Junioren.
Hockey: Die deutschen Männer sind Weltmeister, aber die holländischen Männer und Frauen sind Weltranglistenerste (DHB nur 5. und 4.). Die „Meisjes“ wurden dreimal in Folge Weltmeister.
Eisschnelllauf: Die goldenen Zeiten von Gunda Niemann-Stirnemann (56), Claudia Pechstein (51) und Anni Friesinger (46) sind lange vorbei. Dagegen hat Holland nach der 22-maligen Weltmeisterin Irene Wüst (37) ein schier unerschöpfliches Reservoir und in Irene Schouten (31) und Jutta Leerdam (24) die nächsten Gold-Abonnentinnen.
Auch bei den Männern räumen die Oranje-Flitzer die Medaillen ab.
Kölner Wissenschaftlicher fordert: „Wir brauchen ein Sportministerium“
Der Kölner Sportwissenschaftler Prof. Ingo Froböse (66) macht sich um den Sport in Deutschland Sorgen: „In nahezu allen sportlichen Aktivitäten hat Deutschland den Anschluss an die Weltspitze verloren. Der Abstieg geht immer weiter. Und was machen unsere Funktionäre und Verantwortlichen aus Sport und Politik, in den Verbänden und Organisationen? Sie versuchen, das schlechte Abschneiden auf breiter Front schönzureden.“
Er hat eine klare Forderung: „Deutschland braucht dringend eine andere Herangehensweise: innovative Förderkonzepte, zielführende Talentsichtung und eine stärkere gesellschaftliche Verankerung des Sports. Wir brauchen ein eigenständiges Sportministerium, wie es andere Länder bereits erfolgreich umsetzen. Wir müssen der Bedeutung von Bewegung und Sport in der Bildung von Kindern und Jugendlichen wieder mehr Gewicht geben.“
Froböse sieht in Politik und Gesellschaft aktuell eher das Gegenteil: „Was passiert stattdessen? Wir diskutieren über Leistungsparameter im Sport und schaffen die Wertigkeit der Bundesjugendspiele in der Schule ab. Dieser Weg führt uns ins Abseits.“