Kommentar zur Eishockey-WMViel mehr als Randsport: Deutsches Team hat Medaille verdient

Die deutschen Eishockeyspieler jubeln mit den Fans nach ihrem Sieg.

Die Spieler der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft klatschen am 20. Mai 2022 nach dem Sieg gegen Italien in Finnland die deutschen Fans ab.

Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft spielt bei der WM in Finnland um die Medaillen mit. Am Donnerstag steht das Viertelfinale gegen Tschechien an.

von Uwe Bödeker  (ubo)

Diese Mannschaft begeistert die Fans in Deutschland. Bei der Eishockey-WM steht die DEB-Auswahl nach ihrer besten Vorrunde der Historie im Viertelfinale (Donnerstag, 26. Mai 2022). Es wird Zeit, dass sich das Team mit einer Medaille belohnt, findet unser Autor. Ein Kommentar.

Eishockey in Deutschland? Da fällt im gleichen Atemzug meist der Begriff: Randsportart. Das ist ganz schön abwertend und das schmerzt viele beteiligte Personen. Aber so geht es nahezu jeder Sportart in Deutschland – außer Fußball.

Die Frage ist: Muss man hierzulande immer Randsportart bleiben? Beim Deutschen Eishockey Bund jedenfalls haben sie keine Lust darauf und gehen die Sache an. Konsequent, mit einem guten Konzept und mit ersten Erfolgen. Bei der WM 2022 in Finnland kämpft die DEB-Auswahl aktuell erneut um die Medaillen, am Donnerstag steht um 15.20 Uhr gegen Tschechien das Viertelfinale an. Die Vorrunde war die beste, die Deutschland je bei einer WM absolviert hat.

Ein Hauptgrund für die guten Leistungen: 2014 wurde das Projekt „Powerplay 2026“ ins Leben gerufen. Die Maßnahmen sind umfassend und sollen dafür sorgen, dass Deutschland im Eishockey bei Frauen und Männern regelmäßig bei den Vergaben von Medaillen bei Weltmeisterschaften oder Olympia mitmischen kann.

Seitdem werden Nachwuchstrainer besser ausgebildet, Stützpunkte gefördert und in der Liga mehr deutsche Spieler und Talente eingesetzt, weil der Anteil von ausländischen Profis in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sukzessive gesenkt wird.

Moritz Seider (Detroit Red Wings) spielt mit gerade einmal 21 Jahren aktuell schon seine dritte Weltmeisterschaft. Und seit 2016 hat die deutsche Nationalmannschaft der Herren eine beeindruckende WM-Bilanz hingelegt, sich in der Weltspitze etabliert.


Eishockey-WM: Die Bilanz der deutschen Mannschaft seit 2016

  1. 2016: Viertelfinale (1:4 gegen Russland) bei der WM in Russland (am Ende Platz 7)
  2. 2017: Viertelfinale (1:2 gegen Kanada) bei der WM in Deutschland und Frankreich (am Ende Platz 8)
  3. 2018: Platz 11 bei der WM in Dänemark
  4. 2019: Viertelfinale (1:5 gegen Tschechien) bei der WM in der Slowakei (am Ende Platz 6
  5. 2020: keine WM in der Schweiz aufgrund der Corona-Pandemie
  6. 2021: Halbfinale (1:2 gegen Finnland) am Ende Platz 4 nach dem 1:6 gegen die USA im Spiel um Platz 3

Deutsches Eishockey auf dem Weg nach oben

Keine Frage: das deutsche Eishockey ist auf dem Weg nach oben, wie auch Olympia-Silber 2018 in Pyeongchang/Südkorea beweisen hat. Selbst wenn es zwischenzeitlich Rückschläge geben wird, wie das Aus in der Vorrunde bei Olympia 2022 in Peking, trägt das Konzept Früchte.

Doch reicht das, um keine Randsportart mehr zu sein? Insgesamt gibt es in Deutschland rund 25.000 organisierte Eishockeyspielerinnen- und –spieler. Zum Vergleich: in Kanada spielen in jeder Großstadt so viele Menschen Eishockey wie hier im gesamten Land, insgesamt sind es rund 640.000. An der Basis muss hier also noch viel Arbeit geleistet werden. In Großstädten sollte Eishockey zum Schulsport werden, um Kinder zu begeistern und Talente zu finden und zu fördern.

Und die beste Werbung für ihren Sport macht einmal mehr die Nationalmannschaft. Diese Männer, die das Nationaltrikot voller Stolz tragen, sind richtig gute Vorbilder. Auch wenn die Belastung mit zahlreichen Spielen innerhalb weniger Tage hoch ist, gibt es kein Gejammer. Auch wenn es weh tut, wenn der Gegner einen checkt, gibt es keine Schwalben oder Schauspielerei. Sich vor angeblichen Schmerzen wälzende Spieler sieht man beim Eishockey nicht. Wer blutet, lässt sich hinter der Bande nähen und gibt weiter alles für die Kollegen.

Die Spieler um Kapitän Moritz Müller (35, Kölner Haie) zeigen aufrichtigen Sport, Zusammenhalt und Fair Play. Es ist an der Zeit, dass sich diese Mannschaft mit einer WM-Medaille belohnt. Zudem sollte der Begriff Randsportart in Deutschland in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit Eishockey immer seltener verwendet werden und irgendwann verschwinden.