Anthony Modeste spricht im exklusiven EXPRESS.de-Interview über seine Zukunftspläne beim 1. FC Köln, den Bundesliga-Hit gegen Borussia Dortmund und sein neues Tore-Ziel.
„Viele würden wechseln“ Modeste erklärt Zukunfts-Pläne – bis wann der FC-Star Klarheit will
Dieser Mann liefert eines der größten Comebacks der FC-Geschichte ab! Anthony Modeste (33) war schon in Torjäger-Rente – jetzt darf Köln dank seiner 15 Saisontreffer vom Europapokal träumen. Doch wie lange geht das Modeste-Märchen noch weiter? Im EXPRESS.de-Interview spricht der Franzose (Vertrag bis 2023) über seine Zukunft, sein FC-Jubiläum am Sonntag (20. März 2022) gegen Borussia Dortmund und Coach Steffen Baumgart.
Tony, spätestens seit dem Sieg in Leverkusen zweifelt niemand mehr an Kölns Klassenerhalt. Was ist jetzt noch drin für den FC?
Anthony Modeste: Wir haben noch viel vor, wollen unsere Entwicklung weiterführen. Ich bin mir sicher, dass wir noch einen großen Schritt nach vorne machen können. Mit Dortmund kommt direkt der nächste starke Gegner – aber warum sollten wir nicht gewinnen? Wir haben schon 2015 im Rhein-Energie-Stadion gegen sie gewonnen, als Zolli und ich getroffen haben.
Das Heimspiel am Sonntagabend wird Ihr 150. Pflichtspiel für den FC.
Modeste: Echt? Schon 150?
Ja, und noch dazu als Kapitän, da Jonas Hector ausfällt…
Modeste: Beides bedeutet mir sehr viel, weil mir der FC sehr viel bedeutet. Es geht immer mehr, aber 150 Spiele sind schon eine große Nummer für so einen Verein. Ich bin glücklich und dankbar, dass ich dieses Trikot tragen darf, habe eine besondere Verbindung zum FC. Diese 150-Spiele-Marke möchte ich nutzen, um mich für die ganze Unterstützung der Fans und des Klubs zu bedanken.
Aktuell spielt der FC die beste Saison seit 1994, ist sogar noch zwei Punkte besser als im Europa-League-Jahr 2017. Ist die Situation vergleichbar?
Modeste: Und wie viele Punkte hatten wir letztes Jahr? Das ist wichtiger. Es geht sehr schnell im Fußball. Wir, der ganze Verein genießt einfach diesen Moment – dass wir so früh schon den Klassenerhalt geschafft haben. Wir müssen weiter Spaß haben und nicht schauen, was früher war.
Anthony Modeste: Baumgart kann 20-Jahres-Vertrag bekommen
Der Kader hat sich kaum verändert, der wichtigste Neuzugang war Steffen Baumgart. Ihr Ex-Teamkollege Rafael Czichos hat zuletzt gesagt, der FC sollte ihm einen Zehn-Jahres-Vertrag geben. Stimmen Sie zu?
Modeste: Der Trainer kann auch 20 Jahre kriegen (lacht)! Solange er selbst Spaß hat, natürlich. Bis jetzt hat er hier riesige Arbeit geleistet. Wir Spieler sind alle froh, dass er hier ist – vor allem ich. Das gebe ich gerne zu, weil es einfach die Wahrheit ist.
Unter Baumgart blühen Sie wieder auf. So ein besonderes Spieler-Trainer-Verhältnis gibt es bestimmt nicht häufig.
Modeste: Mit Peter Stöger war es ähnlich. Wenn der Trainer mir das Vertrauen gibt, habe ich immer die meisten Tore geschossen.
Im Winter hatten Sie ein extrem lukratives Angebot aus Saudi-Arabien, haben sich aber dagegen entschieden. Welche Rolle hat Steffen Baumgart für Ihre Entscheidung gespielt?
Modeste: Eine sehr große. Aber nicht nur er, der ganze Verein hat eine Rolle gespielt. Am Ende haben wir alle gemeinsam entschieden, dass ich hierbleibe. Ich denke, das war die richtige Entscheidung. Im Sommer werden wir sehen, wie es weitergeht. Dann habe ich noch ein Jahr Vertrag.
Gab es bereits Gespräche über eine Vertragsverlängerung über 2023 hinaus?
Modeste: Nein, bislang nicht. Mein Berater war zuletzt in der Stadt, aber es gibt noch keine Gespräche.
Möchten Sie in Köln verlängern?
Modeste: Wenn der Verein mich fragt, werde ich mir meine Gedanken machen. Wie gesagt: Der FC ist mein Klub, ich fühle mich hier wohl. Diese Saison noch mehr, nachdem die letzten Jahre nicht so gut waren, weil ich verletzt war oder eben nicht dieses Vertrauen gespürt habe.
Modeste: „Ich bin nicht mehr so jung – meine Karriere ist bald vorbei“
Die finanzielle Situation des Klubs ist allerdings schwierig. Sind Sie zu Abstrichen bereit, um Ihre Karriere hier zu beenden? Viele rechnen mit einem neuen Angebot aus Saudi-Arabien…
Modeste: Ich habe kein Problem, mit dem FC darüber zu reden. Ich glaube aber auch, dass viele Menschen wechseln würden, wenn ein besseres Angebot kommt. Wenn man in einem Supermarkt arbeitet und REWE zahlt mehr, würde man das doch auch machen. Das finde ich normal und verstehe nicht, warum es bei Fußballern ein so großes Problem ist. Ich bin nicht mehr so jung – meine Karriere ist bald vorbei. Deswegen muss ich mir Gedanken machen, meine Familie für die Zukunft absichern. Ja, wir Fußballer verdienen viel Geld, aber nicht ewig.
Wollen Sie bis zum Sommer Klarheit, ob und wie der FC mit Ihnen nach 2023 weitermachen will?
Modeste: Vor Saisonende würde ich gerne wissen, wie meine Karriere im Sommer weitergeht. Es spielen viele Faktoren eine Rolle, aber ich blicke dem entspannt entgegen. Ich spiele jedes Spiel und habe Spaß an meiner Arbeit.
Sie haben Ihre besondere Beziehung zum FC angesprochen. Wie wichtig ist dieser emotionale Faktor für Ihre Zukunfts-Entscheidung?
Modeste: Der FC ist in meinem Herz und wird dort immer bleiben, egal wo und wie ich bin. Aber am Ende weiß auch jeder, dass Spieler kommen und gehen.
Wie viele Jahre haben Sie noch im Tank?
Modeste: Ich will so lange wie möglich spielen. Der Körper sieht das manchmal anders, das weiß ich aus eigener Erfahrung und kann den Moment jetzt noch mehr wertschätzen. Man weiß nie, was morgen ist.
Was haben Sie für Träume für den Rest Ihrer Karriere?
Modeste: Einfach gesund bleiben, das ist das Wichtigste. Gerade in der Pandemie und bei diesem Scheiß-Krieg.
Anthony Modeste will 20-Tore-Marke knacken
Einer, der großen Anteil daran hatte, dass Sie wieder für den FC spielen, ist Alexander Wehrle. Nun hat er den Klub verlassen. Hatten Sie eine spezielle Verbindung?
Modeste: Alex ist ein super Typ, der viel für mich gekämpft hat, als ich aus China zurückgekommen bin. Natürlich nicht er allein, aber ich muss mich bei ihm bedanken. Es bedeutet mir sehr viel, dass jemand für mich so viel getan hat. Wenn ich ihm irgendwann etwas zurückgeben kann, würde ich das gerne machen.
Aber bitte nicht in Stuttgart…
Modeste: (lacht) Ich kann ihn zumindest besuchen.
Am Sonntag bekommt der FC Besuch von einem der besten Stürmer der Welt: Erling Haaland. Kann er sich noch etwas von Ihnen abgucken?
Modeste: Ich weiß ich nicht, vielleicht beim Kopfball? Haaland ist schon stark. Aber Lewandowski bleibt der Beste. Er ist ein kompletter Stürmer, der alles kann.
Sie treffen gegen Dortmund auch auf Ihren Kumpel Axel Witsel. Schweißt Sie die gemeinsame Zeit in China noch immer zusammen?
Modeste: Wir haben eine besondere Verbindung, auch wenn wir uns zuletzt nicht mehr so oft gesehen haben wegen Corona. Er hat für mich eine große Rolle gespielt in China. Gott macht alles richtig – dass Axel ausgerechnet nach Deutschland gewechselt ist und ich zurückgekehrt bin. Solche Leute trifft man nicht so oft, im Fußball habe ich nicht so viele Freunde.
Mit Ihrem Sturmpartner Sebastian Andersson verbindet Sie mittlerweile ebenfalls eine Freundschaft. Er wartet seit November auf einen Treffer. Wie kann er aus dieser Tor-Krise rauskommen?
Modeste: Er kann nur dranbleiben und weiterarbeiten, das zahlt sich aus. Wenn man aufhört, an sich zu glauben, ist es vorbei. Ich bin ein gutes Beispiel dafür, dass man nie aufgeben darf – ich war so weit weg. Seb hat selbst sehr viel Erfahrung. Ich weiß nicht, ob er auf mich schauen muss. Aber ich weiß: Wenn man 14-mal auf dem Boden liegt, muss man 15-mal aufstehen.
Sie selbst haben vergangene Saison kein einziges Liga-Tor geschossen – jetzt bereits 15. Haben Sie ein persönliches Ziel für die letzten Liga-Wochen?
Modeste: Wenn mir Anfang der Saison jemand gesagt hätte, dass ich 15 Tore schieße, dann hätte ich sofort unterschrieben. Letzte Saison hieß es, dass ich nur noch Regionalliga-Niveau hätte – da sind 15 Tore in der Bundesliga schon gut. Aber ich möchte jetzt gerne auch laut sagen, dass ich die 20 erreichen will. Dafür werde ich alles tun. Ich hoffe und weiß, dass mir die Mannschaft dabei helfen wird.