„Mein Ziel ist die Bundesliga“Ex-FC-Coach Manfred Schmid über Austria-Höhenflug, Stöger und das Wehrle-Aus

Austria-Trainer Manfred Schmid beim Spiel gegen Hartberg.

Manfred Schmid ist als Coach von Austria Wien erfolgreich. Am 19. Februar 2022 siegte er mit seinem Team in Hartberg.

Nach 26 Jahren bei Austria Wien heuerte Manfred Schmid 2013 beim 1. FC Köln an. Nun ist er als Chefcoach zurück bei den Veilchen und führte die Wiener in die Meisterrunde. Der Ex-Stöger-Assistent im Interview.

von Alexander Haubrichs  (ach)

Nach dem fulminanten Endspurt gab es am vergangenen Sonntag (6. März 2022) erst mal ein paar Kaltgetränke für Manfred Schmid (51) und seine Spieler. Der langjährige Co-Trainer des 1. FC Köln – vor allem unter Trainer Peter Stöger (55) – sorgt als Chefcoach bei Austria Wien gerade mächtig für Furore. Mit vier Siegen aus den vergangenen vier Spielen zogen die Veilchen auf Platz vier in die Meisterrunde ein. Nach all den wirtschaftlichen Turbulenzen und der Neuausrichtung des Kaders hätte das kaum ein Experte für möglich gehalten.

Vor dem Start in die Meister-Playoffs sprach EXPRESS.de mit Schmid über den Erfolg mit der Austria, die Parallelen zu seiner Anfangszeit beim 1. FC Köln und den Abschied von FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle (47).

Manfred Schmid, wir führen das Gespräch am 9. März, in Köln gibt gerade Alexander Wehrle seinen Abschied. Sie haben fast sechs Jahre zusammengearbeitet…Manfred Schmid: Ja und es hat immer viel Spaß gemacht. Ich finde das für ihn und den Verein wirklich schade. Er hat perfekt in diese Rolle gepasst, brachte viele Facetten mit, die in so einer Position in Köln wichtig sind. Er hat sich nie zu wichtig genommen, immer alles für den Verein gegeben. Ich glaube, dass er dem 1. FC Köln fehlen wird.

Sie haben irgendwann auch dem FC den Rücken gekehrt und haben die Herausforderung als Cheftrainer der Austria angenommen.Schmid: Ich bin zu einem Verein gegangen, in dem ich 26 Jahre lange war und viele Erfolge gefeiert habe. Aber die Ausgangssituation war wirklich schwierig. Wir hatten 16 Abgänge, finanziell war die Situation sehr bescheiden, sportlich hatte die Austria in den Vorjahren die Top Sechs deutlich verpasst. Man hat schon überall von einem Krisenklub gesprochen. Da überlegt man natürlich, ob man das macht. Auf der anderen Seite war ich hier 26 Jahre, habe viele Erfolge gefeiert.

Austria Wien war für Manfred Schmid die richtige Wahl

War es die richtige Entscheidung?Schmid: Auf jeden Fall! Klar, am Anfang lief es zwar gar nicht. Aber dann hat diese Mannschaft, die aus ein paar erfahrenen und vielen wirklich blutjungen Spielern besteht, den Turnaround geschafft. Als wir am siebten Spieltag beim Linzer ASK antraten, wären wir bei einer Niederlage Letzter gewesen. Aber wir haben da gewonnen. Und von da an lief es. Wir spielen wirklich begeisternden Fußball und haben so die Fans zurückgewonnen. Beim letzten Heimspiel kamen mehr als 11.000 Fans ins Stadion und haben uns dann minutenlang gefeiert.

Andre Pawlak, Achim Beierlorzer und Manfred Schmid als Trainer-Trio beim 1. FC Köln.

Manfred Schmid (r.) im Juli 2019 als Co-Trainer mit Kollege Andre Pawlak (l.) unter Cheftrainer Achim Beierlorzer beim 1. FC Köln.

Das hört sich aber schon an, als gebe es Parallelen zu Ihrer Anfangszeit beim 1. FC Köln.Schmid: Das ist in der Tat so, sportlich und finanziell war es ähnlich. Als Peter Stöger und ich damals in Köln zum ersten Training kamen, hatten wir acht Spieler unter Vertrag und 38 Millionen Euro Schulden. Und am Anfang waren die Ergebnisse auch bescheiden. Und irgendwann lief es dann. Ich habe aus der Zeit unheimlich viel mitgenommen, alles aufgesaugt, für den Moment, wenn ich einmal selbst in der Verantwortung stehe. Auch wenn ich bei Peter viel Verantwortung übernehmen durfte und viel gelernt habe: Cheftrainer zu sein war immer mein großes Ziel. Unser Erfolg in Köln hat dahingehend meine Karriere ausgebremst. Ich will Entscheidungen treffen, ich will in der Verantwortung stehen, die Arbeit mit den Medien – das macht mir alles große Freude.

Wie ist denn der Kontakt zu Peter Stöger?Schmid: Als ich damals zurück nach Köln bin, ist er zur Austria, als ich dann nach Österreich kam, war Peter schon wieder in Ungarn. Daher ist der Kontakt nicht mehr so intensiv wie früher. Aber wir tauschen uns aus, haben uns neulich im VIP-Raum getroffen. Er freut sich, glaube ich, dass es der Austria wieder besser geht.

Nach einem Remis auf Schalke gehen Manfred Schmid und Peter Stöger über den Rasen

Manfred Schmid (l.) und Peter Stöger am 3. Dezember 2017 bei ihrem letzten Spiel mit dem 1. FC Köln.

Was ist denn noch drin für die Austria?Schmid: Wir freuen uns erst mal, noch zehn Spiele gegen die besten Klubs Österreichs spielen zu können. Und unser Ziel ist ganz klar der europäische Wettbewerb. Die Mannschaft und das Trainerteam haben sich eine Vorgabe gesetzt, wir machen hier keine Abschiedstournee, nur weil wir unser Ziel erreicht haben. Am Sonntag gegen Wolfsberg geht das Abenteuer weiter!

Ist Austria Wien wirtschaftlich wieder in ruhigem Fahrwasser?Schmid: Dank des Einstiegs unserer Investoren-Gruppe können wir jetzt mal in Ruhe arbeiten. Aber dieses Veilchen, das wir hier gepflanzt haben, ist noch ein sehr zartes Pflänzchen. Wir müssen aufpassen, dass es niemand kaputt tritt. Von innen und von außen.

Manfred Schmid hat die Bundesliga als Ziel

Ihr Vertrag läuft noch ein Jahr, was sind mittelfristig ihre Ziele? Können Sie sich auch ein Engagement in der Bundesliga vorstellen?Manfred Schmid: Erst einmal fühle ich mich hier sehr wohl und möchte mit der Austria nun auch weiterhin solchen Erfolg haben. Aber ich habe die Bundesliga natürlich lieben gelernt, hatte mit dem 1. FC Köln einen richtig geilen Klub, mit dem ich so viel erleben durfte. Die ist natürlich schon ein Ziel. Ich traue es mir auf alle Fälle zu, auch in Deutschlands oberster Liga eine Mannschaft erfolgreich zu trainieren.