Florian Wirtz gehört zu Deutschlands größten Hoffnungsträgern, machte das auch mit seinem Traumtor gegen Frankreich am Samstag deutlich. Wichtige Teile dieser Basis wurden einst in der Jugend in Köln gelegt.
Weltklasse dank 1. FC Köln?Florian Wirtz verrät: Entscheidendes Detail begleitet ihn bis heute
von Béla Csányi (bc)
Deutschlands Hoffnung vor der Heim-EM 2024 trägt nicht erst seit dem irren Acht-Sekunden-Tor gegen Frankreich einen Namen: Florian Wirtz (20)! Das überragende Ausnahme-Talent, das beim Prestige-Erfolg der DFB-Auswahl am Samstag (23. März 2024) direkt vom Anstoß weg traf, geht mit großen Schritten seinen Weg Richtung Weltklasse.
Die Extraklasse des Offensiv-Stars, der in der laufenden Bundesliga-Saison 17 Scorerpunkte in 26 Spielen sammelte und im 15. Anlauf endlich sein erstes Länderspieltor erzielte, hatte sich auch schon vor vielen Jahren beim 1. FC Köln angedeutet. Und wie Wirtz jetzt rückblickend verriet, brachte ihm die Zeit am Geißbockheim auch Qualitäten, die auf allerhöchstem Level den Unterschied ausmachen.
Florian Wirtz entwickelte schon früh den Schulterblick
In einem Interview mit dem „Spiegel“ blickte Wirtz exemplarisch auf seinen bislang letzten Bundesliga-Treffer, das frühe 1:0 beim 3:2-Sieg von Bayer Leverkusen in Freiburg am 17. März. Trotz des Sahne-Schlenzers ins lange Eck fiel in der Betrachtung ein noch wichtigeres Detail auf.
Bei seinem Tiefenlauf aus der eigenen Hälfte bis an den gegnerischen Strafraum hatte Wirtz zunächst noch gar nicht den Ball, das Spielgerät behielt der Nationalspieler allerdings stets im Auge. Ganze sieben Mal blickte er sich binnen sieben Sekunden beim Vollsprint nach vorne über die Schulter, hatte damit den perfekten Überblick über Ball, Raum und Gegenspieler.
Als Teamkollege Alejandro Grimaldo (28) ihm die Kugel schließlich an der Strafraumgrenze servierte, konnte Wirtz ohne Orientierungszeit in den Abschluss-Modus schalten: Zwei Freiburger ließ er mit schnellen Finten noch stehen, dann folgte der präzise Schuss aus 15 Metern.
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Eine vielsagende Szene, deren Ursprung zu weiten Teilen in Köln liegt, ist Wirtz überzeugt. Das entscheidende Stichwort dabei: Vororientierung. „Die Vororientierung habe ich schon in der Jugend beim FC mitbekommen, da wurde es ein, zwei Jahre explizit trainiert“, erinnerte er sich an die Junioren-Zeiten am Geißbockheim.
Dort gehörte die Fähigkeit derart fest zum Übungsplan, dass Wirtz sie auch heute als längst etablierter Bundesliga-Star intuitiv abrufen kann. „Das ist mir wohl in Fleisch und Blut übergegangen“, erklärte er weiter, gestand in diesem Zusammenhang, dass ihm die häufigen Schulterblicke auch erst im nachträglichen Video-Studium der Szene aufgefallen seien.
In eine ähnliche Richtung ging auch das Blitz-Tor gegen Frankreich, bei dem Toni Kroos (34) das französische Mittelfeld per Heber überspielte und Wirtz die Freiheiten im Rückraum für den Traum-Treffer nutzte.
Weil der Torschütze den Ball dank des Schulterblicks vom Anstoß weg nicht aus den Augen gelassen hatte, verlor er bei der Ballannahme keine wertvolle Zeit, was der überrumpelten französischen Defensive andernfalls womöglich noch die Gelegenheit zum Eingreifen gegeben hätte. Der spektakuläre Abschluss mit dem vierten Ballkontakt: für Wirtz fast nur noch Formsache!
Prominentes Vorbild für große Qualität von Florian Wirtz
Was auf den ersten Blick wie ein kleines Detail klingt, ist speziell auf allerhöchstem Level, wo sogar Bruchteile von Sekunden entscheiden, eine der entscheidenden Qualitäten von Spitzenspielern im Spiel mit dem Ball.
„Es klingt einfach, aber diese Fähigkeiten zu beherrschen, ist sehr schwierig. So überlebe ich im Spiel, obwohl ich körperlich nicht stark oder groß bin“, sagte einst Xavi Hernández (44). Das frühere Hirn der spanischen Nationalmannschaft, die von 2008 bis 2012 zwei EM-Titel und eine Weltmeisterschaft abräumte, galt als Meister dieser Disziplin und ist vielen Spielern entsprechend bis heute ein großes Vorbild.
Von Xavi würde sich der DFB-Star wohl nicht nur gerne die fußballerischen Stärken abschauen, sondern im besten Fall auch dessen Erfolgsbilanz. Mit gleich drei Titel-Chancen bei Bayer Leverkusen und der Europameisterschaft im eigenen Land bieten die kommenden Monate dafür so gute Aussichten wie bislang noch nie in der Karriere von Florian Wirtz.