Die Fußball-WM der Frauen steht vor der Tür, doch vor dem Turnier in Australien und Neuseeland gibt es in einigen Ländern noch einiges, was im Argen liegt.
Frauenfußball-KolumneTestspiel-Boykott, Selbstfinanzierung: Nicht bei allen herrscht WM-Stimmung
Die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen beginnt in weniger als zwei Wochen und die ersten Teams sind bereits auf dem Weg nach Australien und Neuseeland.
Viele der teilnehmenden Nationen gehen dem Turnier mit großer Freude und Selbstbewusstsein entgegen, und wissen sich teils im Kreise der Favoriten auf den begehrten Titel. Doch bei einigen Mannschaften herrschen kurz vor dem WM-Auftakt mehrheitlich Frust und Unsicherheit vor.
Frauen-WM: Jamaika finanziert sich per Crowdfunding
Nicht alle Teams reisen unter ähnlichen Voraussetzungen an, denn viele Spielerinnen müssen, neben der so wichtigen WM-Vorbereitung, weiterhin für Anerkennung und Gleichberechtigung kämpfen. Diese ständigen Bemühungen finden auf und neben dem Platz statt und nicht selten auf das Versagen der eigenen Fußballverbände zurückzuführen.
So sah sich die jamaikanische Nationalmannschaft ab April gezwungen, die Kosten für ihre WM-Teilnahme, sowie die Vorbereitung auf den Wettbewerb, per Crowdfunding einzutreiben.
Der eigene Verband verweigert den Spielerinnen bis heute essenzielle, finanzielle Ressourcen, die diese nun selbst aufbringen müssen, um sich den Traum von der WM-Reise zu erfüllen. Ihre Spendenziele haben die „Reggae Girlz“, wie das jamaikanische Team auch genannt wird, bis heute nicht vollständig erreicht.
Frauen-WM: Südafrika boykottiert Testspiel
Eine weitere Nationalmannschaft, die kurz vor dem WM-Start gegen Ungleichbehandlungen kämpft, ist die südafrikanische. Ein langwieriger Streit zwischen den Spielerinnen und dem eigenen Fußballverband gipfelte Anfang dieses Monats im Boykott eines Testspiels durch die Mannschaft.
Für die Partie gegen Botswana hatte man ihnen einen Spielort zugewiesen, dessen Rasen in immens schlechtem Zustand war. Die Spielerinnen fürchteten, zu Recht, ein erhöhtes Verletzungsrisiko, doch ihrer Bitte um eine Verlegung in ein anderes Stadion kam der Verband nicht nach.
Stattdessen schickte das Team aus Protest Jugendspielerinnen aus der südafrikanischen Liga aufs Feld. Der Nationalmannschaft verweigert man auch seit längerem Zusatzzahlungen, die vom Verband zu den Geldern der Fifa beigesteuert werden könnten.
Auch dieses Agieren der Verantwortlichen befeuert den Konflikt weiter und trägt nicht dazu bei, dass sich das südafrikanische Team mit vollem Fokus auf das Sportliche in die WM starten kann.
Kanada kämpft vor WM 2023 gegen Budgetkürzungen
Für bessere Bedingungen und mehr Geld kämpfen ebenfalls die Nationalspielerinnen Kanadas. Die Olympia-Siegerinnen von 2021 befinden sich nach wie vor im Zwist mit ihrem eigenen Verband, der Anfang dieses Jahres mit erheblichen Budgetkürzungen für Aufruhr sorgte.
Die Verantwortlichen drohten dem Team sogar mit rechtlichen Konsequenzen, sollten diese aus Protest Spiele und andere Vorbereitungsmaßnahmen boykottieren.
Viele Nationalmannschaften zeigten sich weltweit solidarisch mit den kanadischen Spielerinnen, ein lilafarbenes Armband, dass bei verschiedenen Partien getragen wurde, wurde zum Protestsymbol für mehr Anerkennung und Gleichberechtigung der Frauen-Teams.
Einen ähnlichen Kampf müssen auch die Spielerinnen der nigerianischen Nationalmannschaft ausfechten. Deren WM-Vorbereitung wurde völlig aus dem Takt gebracht, als man ihnen von Verbandsseite wichtige Gelder kürzte und kurzfristig ein Trainings-Camp absagte. Letzteres hätte für 10 bis 12 Tage in Nigeria stattfinden sollen, jetzt hat das Team kaum Zeit, um adäquat in den Turniermodus zu finden.
Nigeria quasi ohne Vorberteitung zur WM
Der Trainer der Nationalmannschaft, Randy Waldrum, erklärte, dass er die finale WM-Truppe aus 23 Spielerinnen basierend auf der letzten Trainingsmaßnahme von vor mehreren Monaten zusammengestellt habe. Einige von ihnen hätten seit Mai kein Spiel mehr bestritten, weshalb die Verfassung des Teams nur schwer einzuschätzen ist.
Auch der nigerianische Fußballverband zeigt wenig bis kaum Unterstützung für die Nationalmannschaft der Frauen und weigerte sich teils über Monate, Gelder auszuschütten, die den Spielerinnen in jeglicher Hinsicht zustünden.
Alina Ruprecht ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.
Während sich viele Spielerinnen ausschließlich auf den sportlichen Teil des Wettbewerbs konzentrieren können, müssen noch immer zu viele für selbstverständliche Dinge, wie faire Bezahlung, Übernahme der Reise- und Unterkunftskosten durch die zuständigen Verbände, professionelle Vorbereitungsmaßnahmen und vieles mehr kämpfen.
Wie kann ein so großes und wichtiges Fußball-Turnier eines auf Augenhöhe werden, wenn manche Nationalmannschaften auf die Spenden von fremden Menschen angewiesen sind, um ihren sportlichen Alltag in Australien und Neuseeland zu finanzieren? Das respektlose Agieren vieler Verantwortlicher gegenüber den eigenen Nationalmannschaften trübt deren Vorfreude auf die WM in jedem Fall.