Frauen-WMZDF-Reporterin spricht Klartext über großes Tuschel-Thema nach Halbfinal-Krimi

Spanien steht bei der Frauen-WM in Australien und Neuseeland im Finale. Im Moment des Jubels wurde allerdings auch im Halbfinale deutlich, dass es im Team nicht allzu harmonisch zugeht.

von Béla Csányi (bc)

Kann eine Auswahl, in der es hinter den Kulissen brodelt, Weltmeister werden? Lange schwebte diese bange Frage als großer Zweifel über den Ambitionen von Titel-Kandidat Spanien bei der Frauen-WM 2023.

Mit dem Final-Einzug am Dienstag (15. August 2023) ist klar: Der große Senkrechtstarter im Frauenfußball greift trotz aller Widerstände nach dem Titel. Dass dabei aber weiterhin nicht alles im Lot ist, wurde selbst nach dem geglückten Sprung ins Endspiel beim Nachspielzeit-Krimi gegen Schweden (2:1) deutlich.

Frauen-WM: Spanien-Spielerinnen wahren Distanz zum Trainer

Inmitten der Jubel-Szenen auf dem Rasen des Eden Park in Auckland kam erneut eine Beobachtung hoch, die sich schon in den vorigen beiden K.o.-Spielen der „Selección“ angedeutet hatte. Viel wurde getuschelt, im ZDF sprach Kommentatorin Claudia Neumann (59) die Lage im Team nun deutlich an.

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Als die Kamera auf Nationalcoach Jorge Vilda (42) schwenkte, der mit seinem Trainer- und Betreuerstab den Final-Einzug feierte, erklärte sie zunächst: „Mit seinem Staff, mit seinen Co-Trainern versteht er sich blendend, das ist nie in Abrede gestellt worden.“

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Allerdings machte Neumann anschließend deutlich, dass es in der spanischen Auswahl auch in Zeiten des Erfolgs zwei Lager gibt – der Trainer auf der einen Seite, weite Teile seines Teams auf der anderen. „Die Spielerinnen feiern unter sich, und der Coach mit seinem Staff“, fasste Neumann die Eindrücke auf dem Rasen treffend zusammen. Tatsächlich ist in Spanien auch weiterhin keine geschlossene Einheit zusammengewachsen.

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Knapp ein Jahr ist es inzwischen her, dass sich gleich 15 Spielerinnen von Vilda abwandten, weil sie ihre persönliche Entwicklung und die des spanischen Frauenfußballs durch die Arbeit des Nationaltrainers in Gefahr sahen.

Als der Verband sich im Machtkampf auf die Seite seines Trainers stellte, bröckelte der Protest. Wie sehr Verbands-Boss Luis Rubiales (45) am Coach hängt, wurde nach dem Final-Einzug deutlich. Der Präsident riss Vildas Arme in die Höhe wie der Ringrichter bei einem siegreichen Boxer, herzte ihn anschließend mit einer innigen Umarmung.

Spaniens Verbands-Präsident Luis Rubiales reißt die Arme von Nationaltrainer Jorge Vilda zum Jubel hoch.

Kürt Verbands-Präsident Luis Rubiales Nationaltrainer Jorge Vilda hier endgültig zum Sieger im Machtkampf bei der spanischen Auswahl?

Einige Spielerinnen stehen inzwischen wieder im Kader, andere blieben standhaft und verzichteten auf eines der großen Karriere-Highlights. Darunter etwa Mapi León (28), Innenverteidigerin von CL-Sieger FC Barcelona.

Doch Harmonie herrscht zwischen Coach und Team nicht, selbst in den großen Momenten gehen viele Protagonistinnen kühl mit Vilda um. Immer wieder posierten sie in Auckland etwa für gemeinsame Fotos in Kleingruppen mit Teilen des Betreuer-Stabs. Vilda war auf kaum einem der Bilder zu sehen, lediglich auf dem Jubel-Foto des gesamten Teams gesellte er sich ganz am Rande dazu.

Spielerinnen und Staff des spanischen Nationalteams feiern den Final-Einzug bei der Frauen-WM und posieren für ein Selfie.

Spielerinnen und Staff des spanischen Nationalteams feiern den Final-Einzug bei der Frauen-WM. Trainer Jorge Vilda blieb bei den Feierlichkeiten weitgehend außen vor.

Unter den Fans hat er entsprechend einen schweren Stand, bei Social Media sieht sich Vilda trotz der Erfolge in Down Under immer wieder spöttischen Kommentaren ausgesetzt. Bei Twitter schrieb ein User etwa nach dem Viertelfinal-Einzug über die Auswahl: „Sie werden eine WM ohne Trainer gewinnen.“

Auch wenn der Verband bemüht ist, das Tuschel-Thema endlich abzuhaken: Bilder wie in Auckland machen deutlich, dass selbst die bisherigen sportlichen Erfolge die emotionale Kluft im Team nicht geschlossen haben.