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Frauenfußball-KolumnePerfider Streit um die WM-TV-Rechte: Es gibt nur Verlierer

Gianni Infantino spricht auf einem Event.

Infantino, hier am 1. Mai 2023, hat im Poker um TV-Rechte für die Fußball-WM der Frauen erneut höheren Zahlungen gefordert.

Der Poker um die TV-Rechte für die WM im Sommer ist längst ein ausgewachsener Streit. Durch einen Instagram-Post von Gianni Infantino geht dieser nun in die nächste Runde – dabei haben schon jetzt alle Seiten verloren.

von Annika Becker  (abe)

In knapp zweieinhalb Monaten (am 20. Juli 2023) startet die Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland. Ob und wo das Turnier in Deutschland im Fernsehen zu sehen sein wird, ist allerdings noch immer nicht geklärt, da sich ARD und FIFA nicht einigen können.

Von privaten Sendern, die zunächst auch in den Wettbewerb einsteigen wollten, hört man öffentlich schon länger nichts mehr, ob sie aktuell mitbieten, ist nicht bekannt.

Frauen-WM 2023: Werden die Spiele nicht in Deutschland gezeigt?

In anderen europäischen Ländern ist die Situation ähnlich, auch in Italien, Frankreich, Spanien und UK sind die Rechte noch nicht vergeben. Diese Länder gelten für die FIFA als große Märkte in Europa für den Fußball der Frauen.

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In seinem Instagram-Post vom 1. Mai benennt Infantino diese Länder nicht explizit, spricht aber von den „Big 5“, der Zusammenhang liegt also nahe. Die Deutsche-Presse-Agentur (dpa) beruft sich zudem auf eigene Informationen, nach denen Deutschland zu diesen fünf Ländern dazu gezählt wird.

Sehen Sie hier den Instagram-Post von Infantino:

Neu ist, dass Infantino jetzt damit droht, dass die WM der Frauen in den betreffenden Ländern gar nicht zu sehen sein könnte: „Es ist unsere moralische und rechtliche Verpflichtung, die WM der Frauen nicht unter Wert zu verkaufen. Deshalb werden wir gezwungen sein, sie in den großen fünf europäischen Ländern nicht zu übertragen, sollten die Angebote weiter unfair bleiben (gegenüber Frauen und dem Fußball der Frauen).“

Das würde dann auch bedeuten, dass die FIFA sich weigert, die Spiele auf ihrer eigenen Plattform in den entsprechenden Ländern zugänglich zu machen – es geht also erst mal um den Aufruhr. Damit kennt sich der FIFA-Präsident aus.

FIFA-Präsident Infantino sorgt wegen Frauen-WM für Wirbel

Gianni Infantino behauptete angesichts der WM der Männer in Katar für einen einzigen Tag schon so vieles zu sein: Schwul, Afrikaner, ein migrantischer Arbeiter gar, jetzt ist er angesichts des wachsenden Finanzpotenzials im Fußball der Frauen plötzlich Feminist. Natürlich ist das maximal perfide. Trotzdem ist es aber wichtig, in alle Richtungen genau hinzuschauen. Denn eine Tatsache ist: Der Wert nicht nur vom Fußball, sondern vom Sport der Frauen allgemein stieg in den letzten Jahren enorm.

Das zeigen neue Vertragsabschlüsse und Einschaltquoten, wie zum Beispiel das Wall Street Journal belegen kann – und in Deutschland war im letzten Jahr bekanntlich das EM-Finale der Frauen gegen England mit 17,9 Millionen Menschen vor dem Fernseher das meistgesehene Fußballspiel. Allerdings scheint das noch nicht überall angekommen zu sein. Und dass es speziell im Fußball statt eines fließenden Wachstums nun so einen Umbruch voller medialer Knallgeräusche gibt, ist ein hausgemachtes Problem.

Bisher wurden die Medienrechte an der der Fußballweltmeisterschaft der Frauen immer im Paket mit denen der WM der Männer vergeben, wie so ein Sahnehäubchen. 2019 explodierten dann weltweit die Publikumszahlen: 1,12 Milliarden Menschen sahen die WM in Frankreich. Für die WM 2023 in Australien und Neuseeland gibt es deshalb für einige Länder zum ersten Mal eine alleinige Ausschreibung der Rechte.

Durch die bisherige Kopplung dieser an die Männer-WM ist der Wert der Frauen-WM unsichtbar gewesen. Das macht es wahrscheinlich, dass die verschiedenen Parteien den Wert sehr unterschiedlich bemessen haben – und eine nachträgliche Wertzuschreibung schwierig bis unseriös. Genau das musste jetzt aber geschehen, um einen Wert bei der ersten eigenständigen Vergabe festzulegen.

Laut FIFA: So viel sollen die Medienrechte an der WM 2023 wert sein

Laut einer anonymen Quelle des Wall Street Journal schätzt die FIFA den Wert der Medienrechte an der WM 2023 insgesamt auf über 300 Millionen US-Dollar (circa 273,4 Millionen Euro). Zustande komme diese Schätzung einerseits durch bereits unterschriebene TV-Verträge für das Turnier, wobei der Anteil dieser an der Schätzung laut WSJ unklar sei. Andererseits werde eben den bisherigen Turnieren nachträglich ein anteiliger Wert zugeschrieben.

Transparent ist das nicht, bietet aber immerhin eine ungefähre Richtung, um welche Zahlen es hier geht. Zum Vergleich: Die gesamten Medienrechte an der WM der Männer in Katar schätzte Forbes auf 2,64 Milliarden US-Dollar (circa 2,4 Milliarden Euro).

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Nun zahlt jedes Land oder jeder Länderverbund nur einen Bruchteil dieser Gesamtsummen und manche Landesmärkte werden als wertvoller erachtet, Deutschland zum Beispiel wird hoch bemessen. Laut dem Spiegel war die WM in Katar ARD und ZDF 214 Millionen Euro wert, also fast ein Zehntel des geschätzten Gesamtwertes.

Infantino beschwert sich nun bereits zum zweiten Mal (und interessanterweise im Wortlaut fast exakt gleich), dass die Angebote aus gewissen Ländern nicht „fair“ seien. Diese Doppelung ist deshalb interessant, weil die TV-Rechte in Deutschland offiziell erst im Januar dieses Jahres ausgeschrieben wurden, mit einer Frist bis zum 14. Februar. Die erste Beschwerde Infantinos gab es aber bereits im Rahmen der WM-Gruppen-Auslosung Ende Oktober 2022.

Auch dort wurden keine Länder explizit genannt, die Zahlen waren aber dieselben: Angeblich lägen die Gebote zwanzig bis 100 Prozent niedriger als bei einer WM der Männer. Oder anders gesagt, zwischen einem und fünf Prozent der Summen. In seinem Instagram-Post behauptet er konkreter: „Während Rundfunkanstalten 100-200 Millionen US-Dollar für die WM der Männer zahlen, bieten sie für die WM der Frauen nur 1-10 Millionen US-Dollar.“

Die Spielerinnen können einem nur leidtun

Die FIFA möchte all das nun dafür nutzen, in kürzeren Abständen große Summen zu verdienen, statt wie bisher nur alle vier Jahre durch die WM der Manner. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky sagte in einem Interview mit der FAZ, es sei die Sache der FIFA, das eingenommene Geld fair zu verteilen. Nur schien man sich an der Sahnehäubchen-Verteilung bisher nicht groß zu stören.

Laut Balkausky habe die ARD ein „marktgerechtes“ Angebot gemacht, unter Berücksichtigung von Zeitverschiebung und Anstoßzeiten. Die liegen vormittags und werden immer wieder als großes Argument genannt, waren aber auch bei anderen internationalen Sport-Großveranstaltungen kein Argument gegen das Ausgeben großer Summen. Die Frage ist nun: marktgerecht in welchem Kontext? Durch die oben beschriebene Problematik ist völlig klar, dass dieser für die TV-Anstalten anders aussieht, als für die FIFA.

Welchen Wert ARD und ZDF den Turnieren der Frauen bisher intern aus finanzieller Sicht beigemessen haben, darüber macht Balkausky in dem Gespräch keine Angaben. Dass die öffentlich-rechtlichen Sender bei Fans des Fußballs der Frauen einen eher schlechten Ruf genießen, liegt allerdings daran, dass die proklamierte Wertigkeit abseits des Finanziellen sich nicht unbedingt in dem wiederfindet, wie mit den Länderspielen und ihren Sendeplätzen umgegangen wird.


Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.


Übertragungen nur im Livestream, keine nennenswerten Vorberichte, ein im besten Fall gehetztes Halbzeitprogramm (oft auch einfach nur ein Standbild), keine Analysen oder Einordnungen nach dem Spiel, die Liste ließe sich fortführen. Deshalb gibt es unter Fans Zweifel daran, wie marktgerecht und an aktuellen Entwicklungen orientiert das Angebot aus Deutschland ist.

Ein solches Misstrauen angesichts eines zurecht schlecht angesehenen Verhandlungspartners wie der FIFA, das muss man auch erstmal hinbekommen. Aus dieser Sicht ist es egal, wie der Poker noch weiter geht, ob man die Spiele im Fernsehen wird sehen können oder nur auf der FIFA-eigenen Plattform oder vielleicht auch gar nicht: Schon jetzt haben alle Seiten verloren, in allererster Linie die Sportlerinnen. Denn um die geht es mal wieder niemandem.