Deadline DayFC-Gegner in Europa stoppt Millionen-Deal am Flughafen – und erlebt böses Erwachen

Bamba Dieng jubelt nach einem Tor für Olympique Marseille. Für welchen Klub der Senegalese in der laufenden Saison auf Torejagd geht, ist auch nach einer turbulenten Episode am Deadline Day offen.

Bamba Dieng jubelt am 3. April 2022 für Olympique Marseille. Für welchen Klub der Senegalese in der laufenden Saison auf Torejagd geht, ist auch nach einer turbulenten Episode am Deadline Day offen.

Stürmt Bamba Dieng in der Conference League für OGC Nizza gegen den 1. FC Köln? Nach einer spektakulären Transfer-Wende am Deadline Day ist die Lage um den vermeintlichen Neuzugang der Franzosen unübersichtlich.

von Béla Csányi  (bc)

Mit einem letzten großen Knall hat sich am Donnerstag (1. September 2022) das Wechsel-Fenster in Fußball-Europa geschlossen. Nichts geht mehr auf dem Transfermarkt, auf dem in den vorigen Wochen Deals in Milliarden-Höhe über die Bühne gegangen waren.

Für großes Aufsehen sorgte am Deadline Day dann ausgerechnet ein Geschäft, was am Ende nicht wie geplant zustande kam – und zwar gleich in doppelter Hinsicht. Hauptdarsteller dabei war OGC Nizza, erster Gruppengegner des 1. FC Köln in der Conference League.

OGC Nizza: Chaos pur im Poker um Bamba Dieng

Die Franzosen vom ehemaligen Gladbach-Trainer Lucien Favre (64) waren am letzten Transfer-Tag noch mit einigen Operationen beschäftigt, verzeichneten mehrere Zu- und Abgänge. Alle Geschäfte liefen reibungslos – abgesehen von der geplanten Verpflichtung der senegalesischen Sturm-Hoffnung Bamba Dieng (22).

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Der Angreifer von Ligakonkurrent Olympique Marseille wollte auf der Suche nach mehr Einsatzzeit kurz vor knapp noch den Verein wechseln und hatte sich zunächst Leeds United als neuen Arbeitgeber ausgeguckt. Kontakte zu OGC Nizza aus vorigen Wochen hatten sich zuvor nicht mehr konkretisiert, wie die Lokalzeitung „Nice Matin“ berichtete.

Als Dieng am Flughafen von Nizza bereits auf die Maschine nach England wartete, schaltete sich der örtliche Erstligist gegen 17 Uhr plötzlich doch wieder in die Verhandlungen ein und stach die Zehn-Millionen-Euro-Offerte aus der Premier League kurzerhand aus. Für den Verbleib in der Ligue 1 wollte der Profi das England-Angebot sausen lassen, vereinbarte mit Nizza den Medizincheck als letzte Formalität vor der Unterschrift.

Bamba Dieng: Verrückter Nizza-Poker am Deadline-Day

Doch am späten Abend das böse Erwachen: Kurz vor Schließung des Transferfensters in Frankreich (23 Uhr) senkten die medizinischen Verantwortlichen den Daumen – laut „Nice Matin“ wegen leichter Kniebeschwerden, wegen derer Dieng in der laufenden Saison auch noch keine Minute für Marseille auf dem Rasen gestanden hatte.

Versäumte Fristen, kaputte Faxgeräte und Co.

Historische Transfer-Kuriositäten im Überblick

Eric Maxim Choupo-Moting jubelt über ein Tor für den FC Bayern.

Der Klassiker unter den Transfer-Pannen: Im Januar 2011 platzte der Wechsel von Eric Maxim Choupo-Moting (hier am 23. Oktober 2021) vom Hamburger SV zum 1. FC Köln. Alles war bereitet für eine späte Einigung am letzten Transfertag, doch dann streikte das Faxgerät, mit dem der Vater des Spielers die Unterlagen an den 1. FC Köln schicken wollte. Die Verträge kamen zu spät bei der DFL an, der Wechsel kam nicht zustande. Bei den späteren Transfers des Kameruners zu Paris Saint-Germain oder dem FC Bayern lief dann alles glatt, was Choupo-Moting eine illustre Laufbahn bescherte.

Zeze im Spiel gegen Hertha BSC.

Der 1. FC Köln sorgt immer wieder für gute Transfer-Geschichten, doch diese ist sicherlich eine der Besten dieser Geschichten: 1964 holten die Kölner mit Zeze den ersten Brasilianer in die Bundesliga. Die erste Enttäuschung bei den FC-Fans kam auf, als sie erkannten, dass es sich bei dem Bundesliga-Neuzugang nicht um Pele handelte. Sportlich stand Zeze seinem Landsmann in einigem nach, Sprachprobleme, das deutsche Essen sowie die harte Spielweise der Bundesliga sorgten dafür, dass der Brasilianer sich nicht in der Domstadt wohlfühlte und durchsetzten konnte. Als ihm im Winter dann auch noch eine Schnee-Allergie diagnostiziert wurde, musste Zeze seine Bundesliga-Karriere nach einer halben Saison beenden. Das Foto zeigt ihn am 22. August 1964 im Spiel gegen Hertha BSC.

Der deutsche Torhüter Andreas Köpke hält am 26.6.1996 im Londoner Wembleystadion im Elfmeterschießen des Halbfinalspiels der Fußball-EM zwischen Deutschland und England den Schuss des Engländers Gareth Southgate.

Andreas Köpke, hier als Elfmeter-Held bei der Europameisterschaft 1996, sollte sich nach dem EM-Titel dem VfB Stuttgart anschließen, der Wechsel galt bereits als beschlossene Sache. Doch dann schien sich die Tür beim FC Barcelona zu öffnen und der Nationalkeeper ließ die Schwaben im letzten Moment abblitzen. Genau das machte später aber auch Barça mit Köpke, entschied sich stattdessen für den Portugiesen Vítor Baía. Für Köpke ging es stattdessen zu Olympique Marseille.

Petar-Radi-Radenkovic und Franz Beckenbauer im Grünwalder Stadion.

FC Bayern-Legende Franz Beckenbauer stand1958 kurz davor, sich 1860 München anzuschließen. Die Münchner Löwen waren in dieser Zeit weitaus erfolgreicher, als der Stadtrivale von der Säbener Straße. Der junge Kaiser wollte sich also den 60ern anschließen, ein Transfer stand kurz bevor. Beckenbauer verzichtete jedoch auf einen Transfer, nachdem er im Spiel zwischen seinem damaligen Verein SC 1906 München und 1860 von einem 1860-Spieler eine Ohrfeige bekommen hatte. Statt zu 1860 wechselte er also zum FC Bayern München, wo er zur Legende wurde. Das Foto zeigt ihn am 15. Oktober 1969 im Gespräch mit Löwen-Keeper Petar-Radi-Radenkovic.

Adrien Silva beim Spiel mit Leicester City gegen Newcastle United im Duell

Adrien Silva (l.), hier am 7. April 2018 beim Spiel Leicester – Newcastle, wurde am letzten Transfer-Tag 2017 für satte 20,5 Millionen Euro von Sporting Lissabon zu Leicester City transferiert. Die „Foxes“ reichten die Unterlagen allerdings 14 Sekunden zu spät beim Verband ein, der kein Erbarmen kannte – ebenso wenig wie die FIFA. Der Luxus-Transfer verbrachte seine ersten Monate in England entsprechend auf der Tribüne und spielte anschließend nur 22 Mal für Leicester. Im Anschluss an eine Leihe verließ er den Klub drei Jahre nach seinem turbulenten Transfer ablösefrei.

Ronaldo im Trikot von PSCV Eindhoven.

1994 stand der VfB Stuttgart kurz vor einem Transfer von dem 17-jährigen Ronaldo Luiz Nazario de Lima. Der damalige VfB-Jugendtrainer Ralf Rangnick hatte das außergewöhnliche Talent des jungen Brasilianers entdeckt und flogt sogar nach Südamerika, um Ronaldo ins Schwabenland zu holen. Die geforderte Ablösesumme von 4 Millionen Euro war dem VfB Stuttgart jedoch zu teuer. Wer weiß, was aus dem VfB mit Ronaldo geworden wäre... (Das Foto zeigt Ronaldo am 21. November1995 bei einem Spiel des PSV Eindhoven)

Abedi Pele von TSV 1860 München (r) kämpft am um den Ball mit Juha Riippa vom finnischen Verein FC Jazz Pori während des Uefa-Cup Spiels im Münchner Olympiastadion.

Den Flug nach München gebucht, den Wechsel zum FC Bayern vor Augen. So fühlte sich Abédi Pelé 1996, als es für ihn Richtung Bundesliga ging. Was er nicht ahnte: Der Flieger aus Turin brachte ihn zwar in die bayrische Landeshauptstadt, allerdings ins blaue statt ins rote Lager. Sein Berater hatte einen Wechsel zu 1860 München ausgehandelt! Der Trostpreis war dennoch das letzte große Karriere-Highlight des Mittelfeldspielers. Auf die zwei Jahre mit 57 Spielen für die Löwen folgten nur noch zwei Wüsten-Jahre bei Al-Ain in den Emiraten. Das Foto zeigt ihn im September 1997 beim Spiel von 1860 im UEFA-Cup gegen den FC Jazz Pori aus Finnland.

Didi nach einem Testspiel des VfB Stuttgart.

1999 verpflichtete der VfB Stuttgart den Brasilianer Didi (re) für zwei Millionen Euro. Die Stuttgarter scheinen jedoch die Verletzungshistorie des Brasilianers nicht allzu sehr studiert zu haben. Als Didi nämlich in Stuttgart ankam, stellte sich heraus, dass ihm das vordere rechte Kreuzband fehlte. Lediglich zweimal lief Didi für den VfB auf, bevor er nach einer Saison ablösefrei zum FC St. Gallen wechselte. Das Foto zeigt ihn bei einem Testspiel der Stuttgarter am 23. Juli 1997.

Mark Rudan im Zweikampf.

Mark Rudan (re) wechselte 2001 von Australien zu Alemannia Aachen. Das besondere: Eigentlich war Rudans Transfer ablösefrei, da sein Vertrag in Australien ausgelaufen war. Rudan fälschte jedoch seine Vertragspapiere, weshalb Alemannia 290.000 D-Mark in einem Koffer an einen Unbekannten übergaben. Ruban, sein Berater sowie Aachens Schatzmeister wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Das Foto zeigt Ruban am 1. März 2009.

Gareth Bale im Spiel gegen Bakari Sagna.

2008 hatte der Hamburger SV die Möglichkeit, Gareth Bale für 6 Millionen Euro zu verpflichten. Als der HSV zur Saison 2008/09 den Trainer Martin Jol vom englischen Zweitligisten Tottenham Hotspurs verpflichtete, wollte dieser den jungen Gareth Bale mit in die Hansestadt bringen. Die Ablösesumme von 6 Millionen Euro war dem HSV jedoch zu hoch, 2013 wechselte Bale übrigens für 1000 Millionen Euro von Tottenham zu Real Madrid. Das Foto zeigt den Waliser am 15. August 2007 im Spiel gegen Arsenal London.

Franca von Hannover 96 bei einer Trainingseinheit mit Mütze und dicken Klamotten

Ein Mittelfeld-Hüne aus Brasilien, hoch aufgeschossen und technisch beschlagen: Jörg Schmadtke glaubte bei Hannover 96 im Januar 2013 an ein echtes Schnäppchen, als er Franca für 1,3 Millionen Euro verpflichtete. Bei der Ankunft fehlten dem Abräumer aber plötzlich acht Zentimeter. Statt der von Hannover erwarteten 1,90 Meter maß Franca nur 1,82. Später korrigierte Schmadtke auf mildernde sechs Zentimeter Differenz. Nach dem denkbar schlechten Start bestritt der Neue dennoch kein einziges Pflichtspiel für den Klub, zwischenzeitlich setzte ihn eine Tuberkulose-Erkrankung außer Gefecht. Das Foto zeigt ihn kurz nach seiner Ankunft in Hannover beim Training.

evin großkreutz auf der Bank des BVB.

Der Transfer von Kevin Großkreutz zu Galatasaray Istanbul 2015 war quasi schon in trockenen Tüchern. Die Arbeits- und Ablöseverträge waren bereits unterschrieben, jedoch vergaßen die Galatasaray-Verantwortlichen Großkreutz eine Spielberechtigung auszustellen. So musste der Ex-Borusse ein halbes Jahr von der Tribüne aus zusehen und durfte kein Pflichtspiel absolvieren. Der Istanbul-Trip war für Großkreutz also ein reines Desaster, weshalb er 2015 zurück in die Bundesliga zum VfB Stuttgart wechselte. (Foto: 5. August 2015)

Axel Witsel hebt im Trikot von Borussia Dortmund beide Hände

Diesen Italien-Kurztrip wird Axel Witsel wohl nie vergessen. Der Belgier, hier am 18. Dezember 2021 im BVB-Trikot, wartete 2016 am Deadline Day auf der Geschäftsstelle von Juventus Turin auf die Vollzugsmeldung für seinen Wechsel von Zenit St. Petersburg in die Serie A. Die Russen ließen sich mit der Nachfolger-Suche allerdings reichlich Zeit. So viel, dass Witsel zwar 13 Stunden lang in den Turiner Büros saß, es aber bis zuletzt nicht zur Unterschrift kam. Später ging es für den Mittelfeldspieler über eine Station in China zu Borussia Dortmund.

Bernd Schuster von Bayer 04 Leverkusen gestikuliert im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen FC Augsburg

Bernd Schuster, hier 1993 im Trikot von Bayer Leverkusen, war 1977 zu Karriere-Beginn ein extrem gefragter Mann auf dem Transfermarkt – so sehr, dass der „Blonde Engel“ bei drei Vereinen gleichzeitig unterzeichnete. Als 18-Jähriger wollte der damals noch blutjunge Offensiv-Mann offenbar auf Nummer sicher gehen, unterschrieb als Jugendspieler des FC Augsburg nicht nur beim FCA einen Profi-Vertrag, sondern auch beim 1. FC Köln und bei Borussia Mönchengladbach. Der FC setzte sich vor Gericht durch, zahlte 125.000 Mark Ablöse und nahm Schuster 1978 unter Vertrag. Von der Entscheidung profitierte auch Schuster: In der Domstadt machte er seine ersten Profi-Schritte auf dem Weg zum Weltstar.

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Nach dem inzwischen geplatzten Deal mit dem entrüsteten Premier-League-Klub ging nun auch der Inlands-Wechsel in die Brüche – Transfer-Experte Fabrizio Romano (29) twitterte kurz vor Mitternacht von der „unglaublichsten Story des Tages.“

Obwohl sich die Transfer-Schranke um 23 Uhr gesenkt hatte, bleibt Nizza, Marseille und Dieng aber noch immer die Hoffnung auf einen Transfer außerhalb der Frist. Schließlich erlauben die Statuten des französischen Verbandes die Nachmeldung eines einzelnen Akteurs, der zuvor bei einem Ligakonkurrenten eingeschrieben worden sein muss. Im Falle von Dieng wäre diese Voraussetzung erfüllt.

Ob Nizza nach dem Medizincheck-Schock aber überhaupt noch Interesse am Transfer über zehn Millionen Euro inklusive Boni besitzt, soll sich im Laufe des Freitags zeigen. Weitere Untersuchungen könnten Auskunft über die Schwere der Knie-Problematik geben – und damit auch den Ausschlag über die Entscheidung im verrückten Dieng-Poker.