Gleich acht Teams feiern bei der Frauen-WM ihr Debüt auf der großen Fußballbühne – mit unterschiedlichem Erfolg. Doch nicht nur die Ergebnisse zeigen, dass die Erweiterung wichtig ist.
Frauenfußball-KolumneDebütantinnen bei der WM: Jamaika top, Sambia nicht nur sportlich ein Flop
Die diesjährige Frauenfußball-WM findet erstmals mit 32 statt wie bisher mit 24 teilnehmenden Nationen statt. Die acht Länder, die davon profitieren, sind die Philippinen, Irland, Sambia, Haiti, Marokko, Portugal, Vietnam und Panama, die alle ihre WM-Debüts gefeiert haben.
Sportlich sind sie dabei bisher unterschiedlich erfolgreich, Ergebnisse allein sind aber nicht der einzige Grund, warum eine Erweiterung des Teilnehmerfeldes eine gute Idee war.
Jamaika und Haiti überraschen positiv
Die Spielerinnen erhoffen sich davon vielerorts eine größere Anerkennung durch ihre eigenen Verbände – es ist das altbekannte Problem: Statt von Beginn an eine angemessene Förderung zu bekommen, müssen sie erst in Vorleistung gehen, mit wenig viel erreichen. Das Trainieren unter den guten Turnierbedingungen, die Spiele gegen starke gegnerische Teams und die mediale Aufmerksamkeit für ihre Leistungen wie auch auf die vielen Konflikte mit Verbänden oder Trainern und Trainerinnen sollen einen positiven Push bringen.
Besonders positiv herausgestochen sind bislang Jamaika und Haiti, sodass man sich fragt, was für beide Teams erst möglich wäre, gäbe es nennenswerte Unterstützung durch die Verbände und weniger Probleme im Umfeld. Jamaika bekam es mit Frankreich zu tun, das sich trotz der vielen schwerwiegenden Verletzungen durch den neuen Trainer Hervé Renard eigentlich im Aufwind wähnt und um den Titel mitspielen möchte.
Trotz eines langanhaltenden Streits mit dem jamaikanischen Verband und einer dadurch alles andere als professionellen Vorbereitung – es gab gleich mehrere Crowdfunding-Kampagnen zur Finanzierung der WM-Teilnahme, obwohl die Fifa mehr als genug Geld an die Verbände genau dafür auszahlt – überzeugten die Jamaikanerinnen: mit einer guten Strafraumverteidigung gegen Frankreichs Flanken und Offensivaktionen von Khadija Shaw. Drew Spence zeigte außerdem ein auffälliges Spiel im zentralen Mittelfeld.
Haiti erreichte das Turnier vor dem Hintergrund der Folgen des Erdbebens von 2021, Kriminalität und politischer Instabilität, dem Ausbruch der Cholera und Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Yves Jean-Bart, den ehemaligen Präsidenten des Fußballverbands. Heimspiele auszutragen ist aufgrund der Situation im Land nicht möglich, dabei hat Haiti auch abseits von Supertalent Melchie Dumornay gute Fußballerinnen in den eigenen Reihen, die in der französischen Liga auf sich aufmerksam machen.
Die 0:1-Niederlage gegen England war denkbar knapp, die Europameisterinnen taten sich schwer und mussten immer wieder gefährliche Konter der Außenseiterinnen abfangen. Dumornay ist mit gerade mal 19 Jahren bereits auf einem unglaublichen Niveau und wird für Olympique Lyon in Zukunft in der Champions League wirbeln. Englands Keira Walsh und Ella Toone wurden über große Strecken im Spiel geradezu abgemeldet.
Die Philippinen stecken zwar in der vermeintlich machbarsten Gruppe A mit den Co-Gastgeberinnen aus Neuseeland, der Schweiz und Norwegen. Trotzdem sind die guten Auftritte keine Selbstverständlichkeit, gegen die Schweiz gab es eine 0:2-Niederlage, gegen Neuseeland den ersten WM-Sieg überhaupt – nachdem die Gastgeberinnen am Spieltag vorher ihrerseits gerade erst den ersten Sieg in ihrer Geschichte bei einer WM gegen Norwegen hatten feiern können.
Sambia sticht in vielerlei Hinsicht negativ heraus
Für die Irinnen verläuft das Turnier bisher trotz starker Auftritte eher unglücklich, die Australierinnen brauchten einen Elfmeter, um sie zu bezwingen. Gegen ein zunächst sehr schwaches Kanada gelang im zweiten Spiel sogar die Führung und es sah eigentlich danach aus, als würde das Team um Katie McCabe diese noch ausbauen, allerdings lenkte Verteidigerin Megan Connolly dann vor der Pause den Ball ins eigene Tor. Dann drehte Adriana Leon das Spiel zugunsten Kanadas.
Annika Becker ist freie Autorin bei EXPRESS.de und kümmert sich in ihren Kolumnen um das Thema Frauenfußball. Sie ist Mitglied von FRÜF - Frauen reden über Fußball.
Negativ in verschiedener Hinsicht sticht bisher vor allem Sambia heraus, sah die Vorbereitung in Europa gegen die Schweiz und Deutschland trotz aller Schwächen in der Defensive und dem Testspielcharakter bei den Gegnerinnen noch sehr souverän aus, gab es gegen Japan eine 0:5-Niederlage, gefolgt von einem weiteren 0:5 gegen Spanien.
Stammtorhüterin Hazel Nali und Angreiferin Grace Chanda fielen vor dem Turnier aus. Eigentlich im Vordergrund stehen sollte aber, dass der Verband mit Trainer Bruce Mwape weitermacht, obwohl bereits seit letztem Jahr schwerwiegende Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gegen ihn bestehen. Eine anonyme Spielerin sagte: „Wenn er mit jemandem schlafen will, muss man ja sagen. Es ist normal, dass der Coach mit Spielerinnen unseres Teams schläft.“
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Wie der „Guardian“ berichtete, reichte der sambische Verband die Ermittlungen bereits im September 2022 an die Fifa weiter – Mwape blieb die ganze Zeit über im Amt. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Spanien wurden kritische Nachfragen danach von der Fifa zurückgewiesen. Der „Guardian“-Artikel dazu erschien nach dem Aufeinandertreffen mit Deutschland, also nur wenige Tage vor Turnierbeginn und es ist unklar, inwieweit dies auch dazu beträgt, wie die „Copper Queens“ seitdem spielen.
Es ist extrem fraglich, ob die Problematik ohne die WM überhaupt diese internationale Aufmerksamkeit bekommen hätte, gleichzeitig gab es bisher keine Konsequenzen und Fragen wurden abgeblockt, irgendwo beißt sich da die Fifa-Katze also mal wieder in den Schwanz.