Deutschlands Handballer stehen vorzeitig im WM-Viertelfinale und träumen von einer Medaille. Das abschließende Hauptrundenspiel gegen Norwegen soll als perfektes Training dienen.
Handball-WMEuphorie in Deutschland geht los, aber jetzt wartet „Pest oder Cholera“
„Kryptonit“ Spanien oder Olympiasieger Frankreich? Mit dem Viertelfinal-Ticket in der Tasche dachten Deutschlands Handballer ausnahmsweise mal einen Schritt weiter. „Das ist wie Pest oder Cholera“, sagte Linksaußen Rune Dahmke mit Blick auf die bevorstehende K.o.-Runde.
Zwar steht in der abschließenden Hauptrundenpartie gegen Norwegen am Montag (20.30 Uhr/ARD) noch ein Finale um den Gruppensieg an. Doch die Gedanken im Lager des Teams von Bundestrainer Alfred Gislason kreisen längst um die nun greifbaren Medaillenspiele.
Andreas Wolff: „Jetzt kommen die richtig harten Gegner“
„Der Traum ist natürlich, was um den Hals hängen zu haben. Sonst müssen wir hier nicht weiterspielen“, sagte Teamoldie Patrick Groetzki nach dem vorzeitigen Sprung unter die besten Acht. Am Mittwoch trifft Deutschland im Viertelfinale in Danzig auf die französischen Rekordweltmeister oder den spanischen Vize-Europameister.
„Jetzt kommen die richtig harten Gegner. Mir fällt ein Stein vom Herzen“, sagte Torhüter Andreas Wolff, beim vorentscheidenden 33:26 (15:12) gegen die Niederlande mit einer Fangquote von 43 (!) Prozent einmal mehr der überragende Mann. Und Gislason verspürte „eine große Erleichterung und Freude. Das macht mich sehr stolz. Wie die Jungs gespielt haben, war schon stark.“
Bei Gislason, das war unübersehbar, fiel nach dem erreichten WM-Ziel eine riesige Last ab. Die Erwartungen an den Trainerfuchs bei seinem ersten Turnier ohne echte Störgeräusche waren groß gewesen. Doch der Isländer und seine Mannschaft, die sich praktisch immer auf ihren Spielmacher Juri Knorr sowie die Torhüter Wolff und Joel Birlehm verlassen kann, hielt dem Druck eindrucksvoll stand.
Nehmen Sie auch an unserer Umfrage teil:
Medaillenträume erscheinen mittlerweile nicht mehr als Utopie, sondern als realistisches Szenario – wenngleich Deutschland als Außenseiter in das Viertelfinale geht. Was nach fünf Siegen in fünf Spielen nun bei der WM alles möglich ist?
„Norwegen zu schlagen“, entgegnete Gislason trocken. Und dann? „Ich weiß ja nicht einmal, gegen wen wir spielen. Wir werden uns, wie immer, auf den nächsten Gegner konzentrieren. Das tut mir leid für euch, aber das ist bislang gut gelaufen für uns“, sagte der 63-Jährige. Er lachte.
Die Partie mit den mitfavorisierten Skandinaviern dient als perfektes Training für die – so oder so – höchst knifflige Aufgabe im Do-or-Die-Spiel. Gislason dürfte Kräfte verteilen. Der Anspruch aber bleibt ganz klar, wie Luca Witzke unmissverständlich formulierte: „Wir wollen die Gruppe jetzt gewinnen und den Flow ins Viertelfinale mitnehmen.“
Andreas Wolff: „Die Franzosen könnten uns eher liegen, weil Spanien unser Kryptonit ist“
Einen Wunschgegner hat Gislason vor seinem ersten K.o.-Spiel bei einer WM oder EM nicht. „Frankreich und Spanien sind zwei sehr unterschiedliche Mannschaften, aber gleich gut“, sagte er. Auch Wolff mochte sich nicht zu 100 Prozent auf ein Team festlegen. Aber: „Die Franzosen könnten uns eher liegen, weil Spanien unser Kryptonit ist.“ Gislason verwies hingegen auf das „sehr gute“ Testspiel gegen Spanien im vergangenen Oktober.
Egal, wer es wird: Tragen soll das deutsche Team auch die Kulisse in Polen. Je weiter das Turnier voranschreitet, desto mehr fühlt sich es sich für die DHB-Auswahl an, als spiele sie in Deutschland.
„Es war wie ein Heimspiel“, sagte Kapitän Johannes Golla nach dem Niederlande-Spiel vor 6250 lautstarken Zuschauern in Kattowitz. Philipp Weber schwärmte von „sehr vielen Gänsehautmomenten“. Es sollen nicht die letzten bei der Weltmeisterschaft gewesen sein. (sid)