Beim Kampf um den italienischen Titel im Superfedergewicht zwischen Hassan Nourdine und Michele Broili sorgt der unterlegene Boxer für einen Skandal – und beschert seinem Kontrahenten einen ganz besonderen Triumph.
Hitlergruß an die Fans, SS-Runen tätowiertSkandal-Kampf: „Nazi-Boxer“ sorgt in Italien für Entsetzen
Triest. An diesen Kampf wird sich Hassan Nourdine (34) ohne Frage ein Leben lang erinnern: Der marokkanisch-stämmige Boxer triumphierte am Sonntag (19. September 2021) in Triest im Titel-Fight um die italienische Superfedergewichts-Krone nach Punkten gegen Kontrahent Michele Broili (28). Doch es war nicht nur ein sportlicher Erfolg.
Denn Nourdine, der im Alter von sechs Jahren mit seiner Familie aus Marokko nach Italien gekommen war, feierte gegen Broili einen Sieg von viel größerer Tragweite. Weil der unterlegene Boxer ganz offenbar eine äußerst menschenverachtende Weltanschauung vertritt.
Erfolg gegen „Nazi-Boxer“: Hassan Nourdine feiert bewegenden Sieg
Offensichtliches Indiz dafür: Broilis Körper zieren zahlreiche fragwürdige Tattoos, unter anderem die „SS“-Runen oder die Zahl 88, die in der rechtsextremen Szene als Code für den achten Buchstaben des Alphabets verwendet wird, also: „HH“ – für „Heil Hitler“. Michele Broili ein „Nazi-Boxer“? Einen anderen Schluss lassen seine äußere Erscheinung, aber auch sein Verhalten, nicht zu.
Denn Champion Nourdine erklärte der italienischen Zeitung „La Stampa“ nach dem Kampf: „Ich habe versucht, den ganzen Abend konzentriert zu sein und mich nicht ablenken zu lassen. Aber Broilis Tätowierungen, die den Nationalsozialismus verherrlichen, ekelten mich an. Ganz zu schweigen von einigen seiner Fans, die den Hitlergruß zeigten.“ Berichten zufolge sollen Broilis Anhänger während des Kampfes Nazi-Gesänge angestimmt und mehrfach den rechten Arm gehoben haben. Der italienische Boxer soll den Hitlergruß sogar in Richtung der Fans und seines Teams erwidert haben.
Titelträger Nourdine erklärte daher beim italienischen Ableger der „Vice“: „Beim Wiegen waren wir erstaunt, dass er mit diesen Tattoos bedeckt war. Ich habe mich geschämt: Jeder, der ein Geschichtsbuch oder auch nur eine halbe Seite gelesen hat, kann nicht anders, als sich zu ekeln.“
Hassan Nourdine bezwingt den „Nazi-Boxer“
Deswegen sei es für auch ein ganz besonderer Sieg, führte Nourdine weiter aus. Er habe den Titel „mit mehr Stolz und mehr Genugtuung“ geholt. „Wer gegen diese Ideologie gewinnt, muss stolz sein.“
„Jeder, der zur Schule gegangen ist, weiß, was die Nazis getan haben. Und selbst diejenigen, die nicht zur Schule gegangen sind, wissen, was der Holocaust war“, führte Nourdine aus. Die Tattoos seines Gegners hätten ihn derweil sogar noch zusätzlich angespornt. „Ich wollte einen guten Kampf haben. Und angesichts der Situation hatte ich mehr Lust zu gewinnen.“
Der italienische Boxverband hat das Verhalten Broilis mittlerweile kritisiert und untersucht den Fall. Auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft wurden eingeschaltet. Womöglich wird Broili nie wieder im Ring stehen. (kos)