Vorbild auf und neben dem Rad: Tony Martin (36), Zeitfahr-Dominator der frühen 2010er-Jahre, hat das Rennrad zwar inzwischen in den Keller gestellt – bleibt aber einer der ganz Großen.

Nun versteigert Martin seine einzige Olympia-Medaille zugunsten der Kriegsopfer in der Ukraine. Der „Bild am Sonntag“ sagte der gebürtige Cottbuser: „Es ist die schlimmste Zeit angebrochen, die ich in meinem Leben je mitbekommen habe. Ich schaute, was das Größte ist, was ich geben kann, um das Leid ein bisschen zu lindern. Das wäre mehr wert als der sportliche Erfolg.“

Tony Martin triumphierte nicht nur bei Olympia

Und von dem hatte „Der Panzer“, wie Martin aufgrund seiner außergewöhnlichen Tempohärte und seines Kampfgeistes Zeit seiner Karriere genannt wurde, eine Menge: Fünf Etappen-Siege bei der Tour de France und acht Zeitfahr-Weltmeistertitel stehen in der Karriere-Bilanz. Plus der Olympia-Triumph, der nun dem guten Zweck dienen soll: Silber bei den Straßen-Wettkämpfen in London 2012, in seiner Parade-Disziplin Einzelzeitfahren.

Mit Defibrillator reanimiert

Nach Herzstillstand: Radprofi meldet sich aus Klinik und will wieder fahren

Merken

Gerade im Spätherbst seiner Karriere war Martin auch im Fahrerfeld der internationalen Rennen angesehener Leader, drosselte 2020 auf der ersten Etappe der Tour de France bei Nizza mit mahnenden Gesten in einer Abfahrt das Tempo. Die Straßen waren enorm seifig, anstelle der Rennleitung übernahm der achtmalige Weltmeister kurzerhand das Kommando.

Nach Karriereende: Tony Martin arbeitet nun am Sportinternat

Die aktive Bühne verließ Martin 2021 nach zahlreichen Stürzen – unter anderem jenem, als eine Zuschauerin bei der Tour de France fahrlässig ein Pappschild ins Fahrerfeld hielt. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und zwei Kindern fernab des großen Trubels am Bodensee in Kreuzlingen (Schweiz).

Als Polizeimeister ist er beurlaubt, stattdessen gibt er seine langjährigen Profi-Erfahrungen als Lernbegleiter an einem privaten Sportinternat an Kinder und Jugendliche weiter. Martin berichtet: „Wir haben 43 Flüchtlinge, Eishockey-Spieler mit ihren Familien, aufgenommen.“

„Noch mehr helfen“: Tony Martin will mit Auktion 20.000 Euro erlösen

„Ich sehe einfach die Notwendigkeit, die Medaille zu versteigern, um noch mehr zu helfen“, erklärt der 36-Jährige. Mit der Auktion für sein olympisches Edelmetall will er im besten Fall 20.000 Euro erlösen. Die Versteigerung läuft über das Portal „United Charity“, um am Ende mit dem Ertrag gezielt Menschen in der Ukraine zu helfen.

Diese Aussicht stellt Martin über den persönlichen Wert des Erinnerungsstücks an seinen einzigen Olympia-Triumph: „Wenn ich meinen Enkeln mal sagen kann, dass durch die Medaille geholfen wurde, ist mir das viel mehr wert, als ihnen das Original zu zeigen. Die Erinnerungen nimmt mir eh niemand.“ Größe, nicht nur auf der sportlichen Bühne. (kmh)