Ein Datum sticht herausJuden-Hass in Köln immer schlimmer? Neue Zahlen bereiten große Sorgen

Demonstration mit vielen Israel-Fahnen auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom.

Die Zahl antisemitischer Vorfälle in Köln ist stark angestiegen, vor allem seit Oktober 2023. Das Foto entstand am 5. November 2023 Köln bei einer israelsolidarischen Kundgebung des Verein Deutsch-Israelische Gesellschaft Köln e. V. auf dem Roncalliplatz.

Immer mehr Angriffe mit antisemitischen Motiven in Köln. Die Jahresbilanz für 2023 spricht eine deutliche Sprache.

von Thomas Werner  (tw)

Die Emotionen im aufgeheizten Israel-Gaza-Konflikt entladen sich auch in Köln. Das ergeben neue Zahlen, die am Mittwoch (12. Juni 2024) bekannt wurden.

Denn: Wie die Stadt Köln mitteilte, hat die Fachstelle gegen Antisemitismus im NS-Dokumentationszentrum im Jahr 2023 einen massiven Anstieg antisemitischer Vorfälle in Köln im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet.

Viel mehr antisemitische Vorfälle – Jahresbericht aus Köln für 2023

Das Zahlenwerk: Wurden im Jahr 2022 noch 83 Vorfälle dokumentiert, so hat sich die Zahl im vergangenen Jahr mit 176 Vorfällen mehr als verdoppelt (plus 112 Prozent) – eine Schock-Bilanz. Aus Sicht der Stadt steht „dieser sprunghafte Anstieg in deutlichem Zusammenhang mit dem 7. Oktober 2023, dem Tag, an dem in Israel der größte Massenmord an Jüdinnen und Juden seit der Schoa verübt wurde.“

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Der Jahresbericht, der hier kostenlos heruntergeladen werden kann, zeigt neben den blanken Zahlen auch eine andere Entwicklung: Die Vorfälle sind deutlich schlimmer geworden! Sie reichen von antisemitischen Anfeindungen und Übergriffen auf Kölner Jüdinnen und Juden, über antisemitische Schmierereien im öffentlichen Raum und beschmierte Stolpersteine, bis hin zu antisemitischen Äußerungen auf Demonstrationen.

In der Kategorie „Angriffe“ sind für 2023 acht Fälle vermerkt, 2022 waren es nur drei. Auch „Drohungen“ sprangen von zwei auf sieben.

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Der überwiegende Teil der 2023 dokumentierten Vorfälle ereignete sich in Form von sogenanntem „verletzendem Verhalten“ (152 Fälle). Darunter fallen auch die insgesamt 27 Demonstrationen im Kölner Stadtgebiet, bei denen antisemitische Äußerungen dokumentiert wurden.

Der Jahresbericht soll das Thema vor allem auf lokaler Ebene sichtbar machen und sensibilisieren. Auch der Aufruf, im Zweifelsfall zu helfen, ist mit der Veröffentlichung verbunden.

Ein Auszug aus dem Bericht zeigt auch, wie hilflos sich Augenzeugen fühlen können. Nachdem im Oktober 2023 ein Mann in einer U-Bahn andere Fahrgäste antisemitisch beleidigt hatte, meldete ein Zeuge den Vorfall bei der Fachstelle und schrieb dazu: „Ich selbst war mit der Situation sehr überfordert und völlig handlungsunfähig. Ich hätte gerne mehr Stellung bezogen und mich mit dem anderen Fahrgast solidarisiert.“