Vor dem 11.11. in Köln steht wie so oft auch das Thema „Alkohol an Jugendliche“ im Fokus. Ein Experte kritisiert den Plan der Kölner Polizei.
„Das ist ein Schenkelklopfer“Experte nimmt Polizei-Plan für 11.11. in Köln auseinander
Der 11.11. am Montag in Köln – auch für die Polizei aktuell DAS große Thema und schon seit Monaten im Detail vorbereitet. Aber: Nicht alle Aspekte des geplanten Polizei-Einsatzes kommen überall gut an.
Am Freitag (8. November 2024) hatte die Polizei öffentlich weitere Details zu den Plänen am 11.11. verraten. Ein großes Thema: Jugendschutz! Denn trotz Schulpflicht werden sich spätestens am Nachmittag auch wieder viele Minderjährige in den Party-Hotspots wie der Zülpicher Straße tummeln.
11.11. in Köln: Polizei bereitet sich auf Probleme vor, auch mit Jugendlichen
Aber: „Karneval ist kein Freibrief für Alkoholexzesse“, sagt der leitende Polizeidirektor Frank Wißbaum, der den Einsatz am 11.11. mit seinem Stab aus dem Polizeipräsidium führen wird.
„In der fünften Jahreszeit kann man sicher über manches hinwegsehen, aber das Jugendschutzgesetz verliert definitiv nicht seine Geltung. Wir wissen aus den letzten Jahren, dass junge Menschen unter Einfluss von Alkohol Straftaten begehen oder Opfer von sexuellen Übergriffen und Schlägereien werden“, so Wißbaum.
Ein Ansatz: Stark alkoholisierte Jugendliche sollen zunächst an das Jugendamt übergeben werden, das dann weitere Maßnahmen in Abstimmungen mit den Eltern trifft.
Über diesen Plan kann Suchtexperte Prof. Dr. Ulrich Frischknecht nur lachen. Frischknecht ist Professor für Sucht und Persönlichkeitspsychologie an der Katholischen Hochschule in Köln (im Agnesviertel) und bezeichnet den Plan der Polizei als „Karnevals-Schenkelklopfer“.
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Denn: „Jugendämter sind in der Regel genauso überlastet wie die Familien und die Polizei, es wird also höchstwahrscheinlich keine sinnvolle Konsequenz daraus entstehen“, so Frischknecht.
Viel schlimmer noch: „Stunk in der Familie und eine Mehrbelastung durch Formalien dürfte für Betroffene unausweichlich sein und damit die Grundlage für mehr Stress, mehr psychische Belastung und damit ein höheres Bedürfnis nach Suchtmittelkonsum entstehen.“ Laut ihm würde die Maßnahme der Polizei das Suchtpotenzial (z.B. für Alkohol) eher erhöhen als sinnvolle Hilfe bedeuten.
Vor rund einem Monat hatte sich Frischknecht auch in die Diskussion um den Köln-Marathon eingeschaltet, der mit Reissdorf eine Kölsch-Brauerei als Sponsor hat. „Unter dem Deckmantel ihrer Alkoholfrei-Marke erhält sie Werbefläche bei diesem ja prinzipiell mit Gesundheit und Fitness verbundenen Event. Das führt lerntheoretisch dazu, dass die Brauerei mit Fitness und Gesundheit in Verbindung gebracht wird“, erklärte Frischknecht.
Im Bezug auf den 11.11. für den Professor ebenfalls problematisch: „Es werden die Schwächsten zur Rechenschaft gezogen“, so Frischknecht. „Minderjährige Jugendliche, die nicht in der Lage sind, ihren Konsum vor der Polizei zu verbergen. Die Profiteure – Brauereien und Veranstalter – nicht.“
Daher empfehle er Eltern, Anzeige zu erstatten gegen denjenigen, der ihrem minderjährigen Kind Alkohol verkauft hat – die Gaststätte, den Ausschankwagen oder eben gegen Unbekannt.