Viele Musiker der Kultbands Bläck Fööss, Höhner, Paveier oder Räuber haben sich von den Karnevalsbühnen verabschiedet. EXPRESS.de sprach mit den „Rentnern“ während der Session.
Kölns Karnevals-GrößenSo erleben die „Rentner“ der Fööss, Höhner, Paveier und Räuber die Session
Sie gehörten jahrzehntelang fest zum Kölner Karneval. Mit ihren Bands waren etliche Musiker Stammgast auf den jecken Bühnen. Doch zahlreiche Karnevalsstars haben sich in den vergangenen Jahren aus dem Rampenlicht zurückgezogen.
EXPRESS.de sprach mit den heutigen „Karnevals-Rentnern“. Was machen die Ex-Höhner Henning Krautmacher (67), Peter Werner (75) und Janus Fröhlich (74), die Fööss-Urgesteine Erry Stoklosa (77), Bömmel Lückerath (75) und Kafi Biermann (78), Räuber-Gründer Karl-Heinz „Charly“ Brand (73) oder Bubi Brühl (65) von den Paveiern in der Session?
Urgestein Erry Stoklosa wehrt sich gegen Kritik an den Bläck Fööss
Fööss-Urgestein Stoklosa ist weiterhin noch sehr aktiv auf der Bühne, unter anderem zusammen mit Micky Brühl (63). Doch in der Session geht er es ruhiger an. „Ich freue mich auf Abende auf der Couch“, sagt er lachend. „Auch wenn ich mein Sofa liebe, habe ich in dieser Session vier Einladungen zusammen mit meiner Ehefrau Maggie angenommen. Mehr aber nicht, ich bin ja schließlich nicht mehr der Jüngste.“
Der Karneval fordere inzwischen wirklich Kondition. „Heute sind Sitzungen ja mehr Stehungen, da tun mir die Füße weh. Außerdem habe ich im Alter festgestellt, dass mir vieles im Karneval zu laut geworden ist, daher genieße ich gerade die Nostalgie- oder Flüstersitzungen. Schön, dass die Vereine verstanden haben, dass viele Karnevals-Begeisterte gerade diese Formate sehr lieben.“
Ganz ohne Karnevalsbühne geht es bei Erry dann aber doch nicht. „Es passiert zwar sehr selten, aber wenn ich im Karneval nochmal auf einer Bühne stehe, dann handelt es sich um Benefizveranstaltungen, wie zum Beispiel bei den Löstigen Tasmaniern, wo ich zusammen mit Micky und Bubi Brühl gesungen habe.“
Unter dem Motto „Bekennerabende“ fahren Erry und Maggie zudem an zwei Abenden zusammen mit den Bläck Fööss im Bandbus mit. „Es ist schön zu erleben, was die Jungs so in den Sälen oder bei der ‚Lachenden Kölnarena‘ musikalisch treiben. Es ist schon mutig, bei einem Sessionskurzauftritt zwei nagelneue Songs zu spielen. Aber der Mut wurde belohnt.“
Eins kann Stoklosa dabei nicht mehr hören: „Der Spruch ‚Dat sin ävver nit mieh ming Fööss‘ nervt. Alles hät sing Zick un ming Zick op d’r Bühn es vorbei. Die Jungs machen das hervorragend und auf diese Art und Weise überleben auch alte Fööss-Songs in wunderbarer Qualität.“
Während Erry noch ganz nah am Geschehen ist, hält sich Ex-Hohn Henning Krautmacher komplett zurück. „Ich bin jetzt schon zwei Jahre aus dem Karneval raus und mache wirklich nichts. Ich bekomme zwar sehr viele Einladungen von Gesellschaften, was mich auch sehr ehrt, habe aber allen abgesagt. Es ist meiner Frau und mir in der jetzigen Situation einfach zu gefährlich. Und ich gehe ja nicht ohne Anke feiern“, betont Krautmacher, der seit zwei Jahren seine Frau im Kampf gegen ihre Krebserkrankung unterstützt.
Nur eine Ausnahme hat das Ehepaar gemacht. „Wir sind der Einladung einer Prinzessin gefolgt“, lacht Henning. Und das hatte einen ganz besonderen Grund. „Am Tag der Kölner Prinzenproklamation wurde auch das Bonner Prinzenpaar mit Prinz Oliver und Bonna Maike proklamiert.“
Die Liküra-Prinzessin ist die Oberärztin für Viszeralchirurgie an der Seite von Professor Dr. Andreas Türler, der Mitglied bei den Roten Funken ist, im Johanniter-Klinikum Bonn. „Die beiden haben nicht nur Anke operiert, sondern ihr eine echte Chance gegeben“, betont Henning.
„Da wir am Tisch der Eltern von Maike Derenbach sitzen durften, waren wir vermeintlich abgeschirmt. Was mich total gefreut hat, war, dass ich den Auftritt der Höhner als Zuschauer erleben konnte.“ Selbst auf einer Karnevalsbühne zu stehen, kommt für Henning aber auf keinen Fall mehr infrage.
„Ich werde als Vorleser nicht müde, die Schauspielerei macht mir sehr viel Spaß und an einem neuen Kochbuch arbeite ich auch. Aber in das Fahrwasser des Sängers und Karnevalisten werde ich nicht mehr verfallen, da habe ich einen Strich drunter gezogen. Ich stehe dazu: Wenn man tschö sagt, muss man das auch so meinen. An Aschermittwoch werde ich aber zusammen mit Anke im Piratenkostüm an einer spanischen Strandbar Fisch essen.“ An dem Tag feiert der Sänger nämlich Geburtstag.
Bubi Brühl steht zwar auch nicht mehr mit seinen Paveiern auf der Bühne, ist aber als aktives Mitglied der Kölner Prinzen-Garde schwer unterwegs. „Ich genieße es, mit der Truppe durch die Säle zu ziehen. Wenn wir im ‚Schwatze Schoof‘ unterwegs sind, geht die Post ab“, lacht Bubi. Mit seinem Bruder Micky hat er über das berüchtigte Fahrzeug sogar den Song „Dat Schwatze Schoof“ aufgenommen.
Nicht nur bei der Prinzen-Garde ist Brühl aktiv, sondern auch bei der KG UHU. „Die Abende bei den UHUs sind was ganz Besonderes, denn da tanzt mein Sohn David im Dellbrücker Schnäuzerballett. Überhaupt ist es total schön, nach all den Jahrzehnten, wo ich mit den Paveiern auf der Bühne gestanden habe, jetzt endlich zusammen mit meiner Frau Birgit, Stieftochter Lea und Schwiegersohn Christoph, der Mitglied bei der EhrenGarde ist, Fastelovend feiern zu können.“
Ganz ohne Musik geht es aber nicht. Ab und zu schnappt er sich das Mikrofon und singt zusammen mit seinem Bruder Micky. Bei den Löstigen Tasmaniern war auch noch Erry von den Fööss mit dabei. „Dann präsentieren wir Hits von den Bläck Fööss, Paveiern und aus Mickys Solozeit. Da hat nicht nur das Publikum Spaß, sondern wir drei auch.“
Nach seinem Abschied von den Bläck Fööss stürzte sich Bömmel Lückerath in seine erste Session als Gast. „Ich habe 52 Jahre auf der Bühne gestanden, da war nie Zeit, mit meiner Frau eine Karnevalssitzung zu besuchen, geschweige denn jeck zu feiern. Ich habe mich ja schon gefreut, Dorothee in irgendeinem Saal, wo sie Gast war, zwischendurch mal in den Arm nehmen zu können. Ansonsten habe ich die Fööss bis Aschermittwoch als meine Familie angesehen.“
In seiner ersten Session als „normaler“ Gast kam Lückerath erst gar nicht zurecht. Sätze wie „Schatz, wo ist denn die Garderobe?“, „Sind wir am richtigen Tisch?“, fielen permanent. „Wenn mich meine Frau nicht in den Arm genommen hätte, wäre ich direkt in den Backstagebereich abgebogen. Ich kenne jede Künstlergarderobe und jede Bühne, aber alles andere war für mich totales Neuland.“
So wie sein Kollege Erry Stoklosa hat auch Bömmel die Besuche von Sitzungen stark eingeschränkt. „Wir sind zwar bei der Puppensitzung, bei der Ostermann-Flüstersitzung oder bei der Prinzen-Garde, aber mehr als sieben Veranstaltungen werden es nicht. Im ersten Jahr waren es 15 Sitzungen, dat hält es beste Pääd bahl nit mieh uus“, lacht der Sänger und Gitarrist, der gerade im Karneval verstärkt mit der „Knippschaft“, wo auch Ex-Fööss-Frontmann Kafi Biermann am Mikrofon steht, unterwegs ist.
Zusammen mit seinem Freund Wolfgang Kump liegen Höhner-Gründungsmitglied Janus Fröhlich die kölschen Pänz am Herzen. „Wir zwei genießen es, in der Session mit den Pänz der Kita Sankt Barbara und Sankt Anna gemeinsam zu singen“, erzählt der ehemalige Schlagzeuger. „Ich nehme dann meine Gitarre und et Trömmelche mit und dann singen wir zusammen mit den Kindern Lieder wie ‚Echte Fründe‘ oder ‚Pirate‘.“
So kämen die Kleinsten ganz früh mit der kölschen Sprache in Kontakt. Ganz besonders freut sich der 74-Jährige auf den 9. Februar. „Da werde ich zusammen mit Peter Werner und Hannes Schöner in der Kölner Philharmonie bei der karnevalistischen Matinee ‚Fastelovend Ferkeet‘ zugunsten der Schull- un Veedelszöch auf der Bühne stehen.“ Absoluter Höhepunkt sind dann die Zöch. „Die werde ich zusammen mit meinen Enkelchen erleben“, freut sich Janus.
Ex-Räuber-Frontmann Karl-Heinz Brandt tourte vor Weihnachten erst mit den Paveiern und überraschte dann mit seinem Auftritt zusammen mit Kasalla bei der Proklamation. Ansonsten plant er nichts, sondern lässt sich treiben.
„Ich lasse alles auf mich zukommen. Ich werde mit meiner Frau lecker essen gehen, werde mit ihr Muzen backen und einfach meine Zeit als Rentner genießen. Wer mich kennt, weiß aber auch, dass ich ganz spontan irgendwo auftauche, mich unter die Jecken mische und einfach Karneval feiere“, sagt er grinsend zu EXPRESS.de.