Die schrägste Sitzung der SessionMehrere Jahrhunderte Kölner Karneval auf einer Bühne vereint

Michael Kuhl, Boris Müller, Ludwig Sebus und JP Weber feiern zusammen.

Über 200 Jahre geballter Kölner Karneval: Michael Kuhl, Boris Müller, Ludwig Sebus und JP Weber (v.l.) am Montagabend (20. Januar 2025) bei den Löstigen Tasmaniern.

Aus einer Bierlaune heraus haben zahlreiche Karnevals-Größen 2011 die Löstigen Tasmanier gegründet. Die tasmanische Benefiz-Brauhaus-Sitzung bot wieder ein abwechslungsreiches Programm.

„Mondachs han mer frei“. Dieser Leitspruch sollte einst ausdrücken, dass die Karnevalsveranstaltungen zu Beginn der Woche eine kurze Pause einlegen. Doch ausgerechnet einige Karnevalisten, die in der Session mit die meisten Termine haben und die meisten Sitzungen besuchen, ziehen seit 2012 jährlich am freien Montag ein eigenes Programm durch.

Die Löstigen Tasmanier feiern den Fastelovend in seiner ursprünglichsten Form: jeck, knatsch verdötsch und mit bissigem Witz. Am Montagabend (20. Januar 2025) traf sich die jecke Szene wieder im Brauhaus Sion, um den freien Abend ausgelassen zu gestalten und erlebte so mehrere Jahrhunderte Karneval vereint auf einer Bühne.

Löstige Tasmanier führen Brauhaus-Sitzung seit 2012 durch

Mit der Faust an der rechten Schläfe zog der Tross zum Tasmanier-Mottolied in den Saal. Schauspieler Tom Gerhardt, der sonst auch Teil des Treibens ist, stand zeitgleich in München auf der Bühne und wurde durch seinen Sohn vertreten. Dafür genoss Sitzungspräsident Volker Weininger den Abend ganz ohne Auftrittsstress.

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Zum Auftakt zeigte Grandseigneur Ludwig Sebus, wie schelmisch und schlagfertig er mit 99 Jahren immer noch auf der Bühne agiert. „Es ist so schön, die Jugend von Köln vor sich zu sehen“, sagte er und stimmte sein erstes Lied an: „Ben ich och nit mieh janz su knusprig, ich mache met su lang et jeiht. Denn och met Falde ben ich nit opzohalde, un jede neue Daach brängk mir noch Freud“.

Für große Lacher sorgte seine Begrüßung für Bläck-Fööss-Urgestein Erry Stoklosa. „Erry, ich kenn’ dich noch, da wurdest du von deiner Mutter zur Sitzung geführt“, rief er dem 77-Jährigen grinsend zu. Dann startete er ein Potpourri seiner größten Hits. „Ich habe aus 244 Liedern nur 200 genommen“, kündigte er lachend an und endete mit dem bewegenden „Alles su widder dun“.

Julie Voyage, das nach eigener Aussage „ordinärste Funkemariechen Kölns“, übernahm mit der Rolf-Zuckowski-Abwandlung „In der Helmlackiererei“. Ken Reise hatte sich für den speziellen Abend in einen Bademantel gehüllt und in eine Strumpfhose gezwängt. „Die hat 2500 DEN, damit werden in Köln Hängebrücken befestigt“.

Ken Reise beim Auftritt als Julie Voyage.

Ken Reise zeigte sich als Julie Voyage diesmal in ganz ungewohnter Form und äußerst derb.

Es folgte ein Feuerwerk der bösen Gags. „Wir kennen ja den Spruch ‚Früher noch geritten, heute schon mit Fritten‘. Beim Asiaten heißt es ‚Gestern noch gebellt, heute schon gepellt‘.“ Festkomitee-Boss Christoph Kuckelkorn, hauptberuflich Bestatter, habe ein neues Werbemotto: „Sie flennen, wir brennen“. Und als Devise rief er in den Saal: „Wenn alle Stricke reißen, bist du zu fett für die Schaukel“.

Ex-Prinz Boris Müller brachte wieder seine Hommage an die „Doof Noss“ in den Saal. „Er ist es immer noch wert, dass wir einen Gruß ans Himmelspöözche schicken und Hans Hachenberg nicht vergessen“, sagte er in Erinnerung an die Redner-Legende, die in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre.

Ludwig Sebus zusammen mit Volker Weininger.

Tasmanier-Mitglied Volker Weininger (r.) freute sich, dass Ludwig Sebus zur Benefiz-Sitzung gekommen war.

Ein echtes Legenden-Trio konnte Sitzungspräsident Markus Wallpott dann auf die Bühne rufen. „Wir müssen jetzt weitermachen, denn um 22.30 Uhr schließt das Heim, wo die Herren wieder hin müssen“, sagte er und rief Michel und die Pensionisten zu sich. Hinter dem schrägen Bandnamen steckten die beiden Ur-Paveier Micky und Bubi Brühl sowie Fööss-Legende Stoklosa.

Zu dritt spielten sie sich durch das Repertoire der Kult-Bands. „Wenn dann de Musik spillt“, „Pütze Hein“, „Er war der weißeste Mann am Strand“, „Leev Marie“, „Zo Fooss noh Kölle jonn“, „En unserem Veedel“ oder „Noch kein Loß noh Hus ze jonn“ brachten den Saal zum Schunkeln. „Wir wissen nie, was wir weglassen sollen, sonst spielen wir noch in ein paar Stunden“, sagte Micky Brühl. „Wie wir sehen, müssen wir uns um den Karnevals-Nachwuchs keine Sorgen machen“, ergänzte Wallpott.

Erry Stoklosa, Micky Brühl und Bubi Brühl singen zusammen auf der Bühne.

Micky Brühl (M.) und die zwei Pensionäre Erry Stoklosa (l.) und Bubi Brühl sangen zahlreiche Hits der Paveier und Bläck Fööss.

Bruder Hans-Ludwig, genannt Bubi, hatte gleich noch einen Auftritt. Er erhielt für sein Lebenswerk den bronzenen Beutelteufel und wurde als neues Tasmanier-Mitglied aufgenommen. Die Laudatio hielt JP Weber mit Unterstützung von Michael Kuhl. „40 Jahre Höhner – hätten es werden können“, begann er seine Rede. „Die Paveier waren einfach gnädiger. Da der Bubi allerdings auch ein Musiker ist, kann ich mir vorstellen, warum er dahin gegangen ist“.

René Sion, Volker Marx und Markus Wallpott mit Bubi Brühl auf der Bühne.

Die Löstigen Tasmanier René Sion, Volker Marx und Markus Wallpott (v.l.) ehrten Bubi Brühl (2.v.r.) für sein Lebenswerk mit dem Beutelteufel und ernannten ihn zum Mitglied.

Weber: „Bubi wohnt jetzt bei den Naturvölkern in Bornheim, heißt aber trotzdem nicht Nettekoven. Von all den Athleten, die wir im Kölner Karneval haben, gehört er zu denen, die ich arg gern habe. Er ist ein feiner Kerl, jraaduss und darf nun auch den schwarzen Lörres am Hut tragen“. Die Original Eschweiler und Lupo rundeten mit ihren Auftritten den bunten Abend ab.

Wie immer brachte der Benefiz-Abend der Löstigen Tasmanier auch tolle Spenden. TrauBe, die Kölner Trauer-Begleitung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erhielt 6666,66 Euro. Je 3333,33 Euro durften die Vorlese-Initiative Lesewelten und der Verein Klinik-Clowns mitnehmen. „Wir haben so viel Spaß am Fastelovend. Da ist es selbstverständlich, dass wir etwas weitergeben wollen“, sagte das tasmanische Sprachrohr Volker Marx.