Kommentar zum 11.11.Reker immer weiter entrückt – Blockadehaltung schadet dem Karneval

Sessionsauftakt Kölner Karneval Zülpicher Straße: Jugendliche, die mit dem Alkohol übertrieben haben.

Schon früh war der Sessionsauftakt am 11. November 2023 für einige Jugendliche beendet, weil sie es mit dem Alkohol übertrieben hatten.

Nach dem Sessionsauftakt bleibt die Kritik an den Zuständen im Zülpicher Viertel und im Grüngürtel. Ein EXPRESS.de-Kommentar zur Situation und zur Haltung von Oberbürgermeisterin Reker.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Das Aufatmen bei allen Verantwortlichen von Stadt, Polizei und Ordnungsamt war nach dem Elften im Elften klar zu vernehmen. Keine besonderen Vorkommnisse, keine schweren Verletzungen und erst recht kein Todesfall. Die im Vorfeld von vielen prognostizierte Katastrophe im Bereich des Zülpicher Viertels ist zum Glück ausgeblieben.

Dennoch war dieser Samstag kein Ruhmesblatt für Köln. Der Massenandrang brachte die Stadt fast überall an ihre Kapazitätsgrenzen. Die öffentlichen Verkehrsmittel waren derart überfüllt, dass viele Haltestellen nicht mehr bedient werden konnten. Zwischenzeitlich musste auch der Hauptbahnhof gesperrt werden.

11.11.: OB Reker hat Diskussionen bereits Riegel vorgeschoben

Zülpicher Straße und Uniwiese waren am Morgen in Rekordzeit ausgelastet. Noch voller waren nur die sehr jungen Menschen, die teilweise schon ab 9 Uhr Koordinationsprobleme hatten. Der harte Alkohol floss überall. Die Schäden, die durch Glas, Erbrochenes, Urin und Kot hinterlassen wurden, waren enorm. Das sollte aufgearbeitet werden.

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Wenn die Oberbürgermeisterin angesichts dieser teilweise widerlichen Szenen jedoch schon mittags von einem gelungenen Tag spricht, zeigt es nur, wie entrückt sie von den Problemen in ihrer Stadt ist. Durch ihre Basta-Aussage, dass es zu dem Massen-Event auf der Uniwiese keine Alternative gebe, hat sie Diskussionen, die nun im Hinblick auf Weiberfastnacht oder den 11.11.2024 eigentlich folgen müssten, schon wieder einen Riegel vorgeschoben.

Seit 2017 wird am Runden Tisch Karneval über Alternativen gesprochen. Umgesetzt davon wird nichts. Keiner kann für sich in Anspruch nehmen, das Patentrezept in der Schublade zu haben, um die Exzesse einzudämmen und die Karnevalstage für Jugendliche wieder attraktiver zu machen. Aber durch die Blockadehaltung der Oberbürgermeisterin werden alle Versuche schon im Keim erstickt.

Bei den jungen Menschen war am Samstag viel Frust zu vernehmen. Das bloße Herumstehen auf der Zülpicher Straße, zwischen Dönerbuden und Shisha-Bars, und der stumpfe Alkoholkonsum ödete viele dann auch an. Dass es nach ein paar Stunden wieder leerer wurde, dafür aber auf der Uniwiese und am Aachener Weiher immer voller, lag auch daran, dass dort zumindest Musik gespielt wurde.

Feier im Tanzbrunnen zum Karnevalsstart.

Die Feiern im Tanzbrunnen, auf dem Heumarkt oder in der Lanxess-Arena zeigten, wie Massenveranstaltungen funktionieren können, wenn sie organisiert werden.

Auch die Minderjährigen, die Köln gezielt zu diesen Tagen ansteuern, wünschen sich etwas Programm, Toiletten und eine gewisse Organisation. Sie nur saufend in der Gegend herumstehen zu lassen, damit macht man es sich zu leicht. Das organisierte Fest am Heumarkt zeigt, wie ein Massenevent umgesetzt werden kann. Nur braucht es ein zusätzliches Angebot ohne kostenpflichtige Tickets. Jetzt ist es an der Zeit, dass Veranstalter nach vorne treten, um Alternativen zu organisieren.

In einer Karnevalssession werden in Köln rund 600 Millionen Euro umgesetzt. Angesichts dieser Dimensionen sollte sich die Stadt eine Stabsstelle Karneval leisten, die sich ganzjährig mit der Planung der vielen jecken Tage beschäftigt. Bühnen am Rudolfplatz oder Chlodwigplatz wären schon mal eine Alternative gewesen, Menschen vom Feier-Hotspot wegzulocken.

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Es muss in einer Millionenstadt möglich sein, Veranstalter zu finden, die an solchen Tagen ein Programm und die Organisation rund um die Bühne finanzieren. Diejenigen, die jetzt laut Kritik üben, sollen ihre Wege aus dem Dilemma präsentieren. Sollten sich Veranstaltungsprofis finden, müssen deren Konzepte dann auch von Polizei und Rettungsdienst mitgetragen werden.

Wenn die Stadt weiter tatenlos die Szenen hinnimmt und als unausweichlich ansieht, wird das Image des Kölner Karnevals Schaden nehmen, obwohl dies die zahlreichen Jecken, die sich im Ehrenamt engagieren und das Fest mit Herz und Gefühl füllen, nicht verdient haben.