Explosionen in KölnAus Angst vor Racheakten – Polizei steht vor Mauer des Schweigens

Die Kölner Polizei hat erste Details zu den Ermittlungen nach den Explosionen in Köln bekannt gegeben.

Eine Serie von Sprengungen hat den Raum Köln erschüttert. Die Polizei vermutet kriminelle Banden hinter den Taten, hat die Hintermänner jedoch noch nicht gefasst.

Geschäfte brennen aus, Hauseingänge werden verwüstet, Geiseln festgehalten – der Raum Köln wird derzeit von einer beispiellosen Welle der Gewalt erschüttert. Unbeteiligte Bürgerinnen und Bürger laufen Gefahr, zufällig zwischen die Fronten zu geraten.

Köln: Polizei nennt Details zu Ermittlungen nach Explosionen

„Wir stehen hier als Polizei Köln aktuell vor großen Herausforderungen durch beispiellose Fälle der Gewalt und Schwerkriminalität, die es bis dato in Köln so noch nicht gegeben hat“, sagte der Chef der Kölner Kriminalpolizei, Michael Esser, bei einer Pressekonferenz.

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Allerdings musste er zugeben: „Wir können Ihnen heute noch keine Ermittlungserfolge präsentieren.“ Es werde mit Hochdruck ermittelt, betonte Esser. Mehr als 60 Ermittlerinnen und Ermittler seien im Einsatz. Insbesondere nach den zwei Explosionen in der Kölner Innenstadt diese Woche gebe es „vielversprechende Hinweise, denen wir jetzt akribisch nachgehen“. Insgesamt liefen bereits etwa 30 Ermittlungsverfahren gegen 25 Beschuldigte.

Die Auseinandersetzungen scheinen kriminelle Banden zu betreffen. „Es gibt offensichtlich im Milieu offene Rechnungen, die noch beglichen werden“, erklärte Esser. Eine solche Rechnung beziehe sich laut Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf das Verschwinden von schätzungsweise 300 Kilogramm Cannabis.

Die betroffene Gruppierung versuche nun, das Cannabis zurückzuholen oder Schadenersatz zu erlangen. In diesem Zusammenhang seien auch zwei Geiselnahmen von Ende Juni und Anfang Juli in Hürth bei Köln und im Kölner Stadtteil Rodenkirchen zu betrachten.

In Bezug auf die Entführung in Hürth wurden drei Personen aus den Niederlanden in Untersuchungshaft genommen – diese seien jedoch eher als kleinere Handlanger einzustufen. Bei der Geiselnahme in Rodenkirchen säßen sieben nicht-niederländische Personen in Untersuchungshaft. Drei weitere Beschuldigte, die vom Tatort in Rodenkirchen fliehen konnten, würden in den Niederlanden vermutet.

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In den Medien wird häufig von der „Mocro-Mafia“ gesprochen, erklärt Bremer. Dieser Begriff fasst Drogenhändler aus den Niederlanden zusammen, die teilweise marokkanischer Herkunft sind. Die Staatsanwaltschaft könne laut Bremer mit diesem „nebulösen Begriff“ nichts anfangen und ermittele wegen bandenmäßiger Verbrechen. Auch die niederländische Polizei verwende den Ausdruck „Mocro-Mafia“ nicht, ergänzte Esser.

Die Ermittlungen sind erschwert, da sowohl Verdächtige als auch Opfer kaum Informationen preisgeben – aus Angst vor Racheakten. „Diejenigen, denen Sprengungen und Schüsse gelten, sind im eigenen Interesse nicht darum bemüht, in Vernehmungen uns die Karten offen auf den Tisch zu legen“, sagte Esser.

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Die niederländische Polizei bestätigte, dass es am 24. August auch eine Explosion vor der Amsterdamer Filiale der Modekette LFDY gab, zu der das Geschäft in Köln gehört. Esser sagte, die Polizei könne derzeit nicht sagen, ob es Zufall sei oder eine Verbindung zwischen Amsterdam und Köln besteht.

In den Niederlanden werden Explosionen schon länger als Druckmittel im kriminellen Milieu eingesetzt. Nun ist dieses Phänomen auch im benachbarten NRW angekommen. „Wir waren wohl die Ersten in Nordrhein-Westfalen, die dieses Phänomen jetzt zu bearbeiten haben“, sagte Esser und äußerte seine Hoffnung, die Situation unter Kontrolle zu bekommen. „Aber – es kann auch anders laufen.“ (dpa/aa)