Kölner ExperteRene (46) ist Tatortreiniger, doch Corona hat alles verändert

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Der Kölner Tatortreiniger Rene Schmücking (46) ist in Corona-Zeiten auch als Desinfektor im Einsatz.

von Madeline Jäger  (mj)

Köln – Rene Schmücking (46) ist Tatortreiniger in Köln. Sonst rufen ihn nach dem unerwarteten Tod eines Angehörigen, die Familie oder Freunde des Toten an, um Formalitäten zu klären und den Tatort nach einem blutigen Verbrechen oder schrecklichem Unglück professionell zu reinigen.

Den Schockzustand seiner Kunden ist ein Tatortreiniger gewohnt. Rene Schmücking und sein Team kann so schnell nichts erschrecken. Auch kein kontaminierter Covid-19-Haushalt. Seit sechs Wochen ist der Kölner als „Desinfektor“ in Geschäften, Büros und privaten Haushalten im Einsatz.

Köln: Tatortreiniger (46) desinfiziert bei Corona-Verdachtsfällen

Blut, Messi-Wohnungen, Maden und strengste Gerüche: Alltag für Tatortreiniger wie Rene Schmücking und seine fünf Kollegen. Der Chef von „Tatortreiniger vor Ort“ sitzt im Büro am Kölner Ubierring. Der geborene Kölner lebt mit seiner Familie und den drei Kindern in Troisdorf.

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Als Tatortreiniger ist er in ganz NRW mit einem fünfköpfigen Team im Einsatz. Bei größeren Desinfektions-Aufträgen ist er sogar mit 25 Tatortreinigern vor Ort. Besonders oft wird Schmücking momentan bei Corona-Verdachtsfällen im Kölner Einzelhandel gerufen.

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Rene Schmücking trägt auch als Desinfektor Tatort-Schutzkleidung.

„Ob der Corona-Verdachtsfall tatsächlich an Covid-19 erkrankt ist, erfahren wir in der Regel nicht, weil wir schon vorher gerufen werden“, so der Kölner. Während alle Verkäufer und Mitarbeiter in Quarantäne abwarten, bis das Testergebnis kommt, reinigt und desinfiziert Schmücking die gesamte Ladenfläche von Grund auf.

Tatortreiniger als Desinfektor: Schutzkleidung wie am blutigen Tatort

„Zwischen einer Reinigung und dem Desinfizieren liegen Welten“, erklärt der Tatortreiniger. Er trage mit seinen Kollegen den gleichen Schutzanzug, wie bei einem blutigen Tatort, der Aufwand als Desinfektor sei nicht zu unterschätzen. Die Arbeitskleidung eines Tatortreinigers sei die ideale Ausrüstung für eine Covid-19-Desinfektion.

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Tatortreiniger Rene Schmücking ohne Schutzkleidung.

Vor den Ladenöffnungen am 20. April in Köln, war der Tatortreiniger in mehreren Kölner Textilgeschäften, einer Bank und bei Optikern als Desinfektor im Einsatz. Die Namen seiner Kunden hält er aus Diskretionsgründen unter Verschluss. Das Thema sei hochsensibel.

Supermärkte werden nachts desinfiziert

Noch sei unklar, wie lange das Coronavirus auf bestimmten Oberflächen überleben könne. Manche Labore würden von sieben bis 14 Tagen ausgehen, erklärt der Fachmann. Daher sei eine extrem gründliche Desinfektion wichtig.

„Einzelhändler und auch deren Kunden haben ein gutes Gefühl, wenn eine Grundreinigung und Desinfektion von uns durchgeführt wurde“, so Schmücking.

Manchmal arbeitet er auch nachts als Desinfektor. Zum Beispiel in Supermärkten gehe dies nur so, wegen der langen Öffnungszeiten.

„Viren werden deaktiviert, sie können nicht abgetötet werden“

Als Desinfektor nutzt Schmücking spezielle chemische Mittel.

„Unsere Desinfektionsmittel haben eine Einwirkzeit von bis zu vier Stunden. 99,9 Prozent aller Viren sind danach inaktiv. Man tötet sie aber nicht, wir können nur Bakterien abtöten. Viren müssen deaktiviert werden, weil sie keine Zellen sind“, erklärt Schmücking zur Wirkungsweise der Mittel.

Kölner Tatortreiniger: „Mich haut nichts aus den Schuhen“

Als Tatortreiniger sei er froh, aktuell über genug Schutzkleidung zu verfügen. Auch die spezielle Tatort-Schutzkleidung sei als Desinfektor absolut hilfreich. „Wir arbeiten mit Tuchmasken und Vollmasken mit kleinen Filtern, damit sich Gerüche eines Tatorts nichts ins Geruchsgedächtnis einbrennen“, erklärt der 46-Jährige.

Auch bei Todesfällen ohne Fremdeinwirkung sei oft viel Blut im Spiel.

„Wer stirbt, ist oft im Bad oder in der Küche und steht“

„Wer stirbt, ist oft im Bad oder in der Küche und steht. Dann bekommt er einen Herzinfarkt, die Muskeln erschlaffen und er knallt gegen eine Tischplatte. Das hinterlässt viel Blut. Je nachdem, wie lange das Blut auf Oberflächen bleibt, trocknet es ein. Dann muss es mit Schmutzbrechern entfernt werden“, so der Tatortreiniger.

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Flüssiges Blut könne man wegwischen, Blut-Spritzer ins Gesicht könnten mit den Vollmasken vermieden werden. Nach einer Stunde müsse man die Schutzmasken immer auswechseln, weil ihre Schutzkraft dann nachlasse.

„Unser Worst Case ist immer, dass wir uns mit irgendetwas anstecken“

Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 hat Rene Schmücking nicht. Da habe er an regulären Tatorten eher Bedenken, sich mit Hepatits C oder HIV zu infizieren.

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„Unser Worst Case als Tatortreiniger ist immer, dass wir uns mit irgendetwas anstecken. Denn wir wissen oft nicht viel über den Toten. Als Covid-19-Desinfektoren wissen wir wenigstens in der Regel, was uns vor Ort erwartet“, so der Kölner abschließend.