Im Sommer hoffte die Trans-Frau Nyke Slawik (27) aus dem Wahlkreis Leverkusen/Mülheim noch auf den Einzug in den Deutschen Bundestag. Nun hat es die Grüne geschafft.
„Nie als Junge gefühlt“Historischer Sieg für Köln: Trans-Frau (27) jetzt im Deutschen Bundestag
Köln. „Wahnsinn! Ich kann es noch gar nicht so recht fassen ....“, twitterte Nyke Slawik am Sonntagabend (26. September). Sie kandidierte im Wahlkreis Leverkusen/Mülheim neben den politischen Schwergewichten Karl Lauterbach (SPD) und Serap Güler (CDU). Zwar landete Slawik bei den Erststimmen mit 11,3 Prozent auf dem dritten Platz, doch über ihren Listenplatz hat sie es trotzdem in den Deutschen Bundestag geschafft.
Nyke Slawik:Trans-Frau (27) im Deutschen Bundestag
Wie am Montag (27. September) zudem bekannt wurde, ist auch ihre Parteikollegin und Trans-Frau Tessa Ganserer (44) aus Bayern in den Bundestag eingezogen. Damit gehört Nyke Slawik nun zu den ersten Trans-Frauen im Deutschen Bundestag.
„Herzliche Glückwünsche und danke für einen fairen Wahlkampf auch an Karl Lauterbach und die SPD für das verteidigte Direktmandat in Leverkusen-Köln IV. Ich ziehe über die Liste ein. Hoffe, wir sind dann bald Teil einer gemeinsamen Koalition“, postete Nyke Slawik auf Twitter.
Nyke Slawik: So kam es zum Trans-Outing der Jungpolitikerin
Im EXPRESS-Interview im Juli 2021 erklärt die Grünen-Politikerin, wie sie zu ihrer Partei gekommen ist.
Die Affinität für Umwelt-Themen kam bei ihr durch den bekannten Dokumentarfilm von Al Gore: „Eine unbequeme Wahrheit.“ Schon als 16-Jährige haben sie die erschreckenden Bilder zur globalen Erwärmung zu ihrer Partei gebracht. Hinzu kam damals noch ein ganz privates Thema: Ihre Transsexualität. „Mit 16 habe ich meine Trans-Identität nach außen getragen und mich geoutet“, sagt Slawik über die prägende Zeit.
Nyke Slawik (27) hat sich als Schülerin mit 16 Jahren geoutet
Noch während ihrer Schulzeit an einer katholischen Schule in Leverkusen sei sie kurz danach in die „Transition“ gegangen: In den Übergang zu ihrem „neuen“ Geschlecht als Frau, das für sie alles andere als neu war. Mit 18 änderte sie sofort ihren Namen und alle ihre Dokumente. „Weiblich, stand dann endlich überall“, sagt sie.
Grünen-Politikerin: „Mut für Outing habe ich bei Kölner Verein gefunden“
„Ich habe mich schon immer weiblich und nicht als Junge gefühlt. Als Kind hatte ich nur noch nicht die richtigen Worte dafür. Meinen Schlüsselmoment und den Mut dafür mich zu outen, den habe ich im „Anyway“-Verein in Köln erlebt. Hier habe ich mich sehr wohlgefühlt und andere LGBT-Jugendliche kennengelernt, die mir geholfen haben, zu mir selbst zu stehen“, sagt Slawik. Der Ausdruck „LGBT“ ist die aus dem englischen Sprachraum übernommene Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender.
Die Regenbogen-Flagge-Debatte rund um die UEFA während der EM sah die Trans-Frau mit gemischten Gefühlen. „Einerseits freue ich mich sehr über die große Solidarität. Andererseits hoffe ich, dass man diese Zustimmung auch am 26. September auf dem Wahlzettel zu spüren bekommt“, so die Jungpolitikerin im Juli 2021.
Nyke Slawik kritisiert CDU/CSU: „Solidarität ist oft geheuchelt“
Ihre Kritik: Politiker wie Markus Söder kritisieren zwar die UEFA-Entscheidung, die Münchener Allianz-Arena nicht in Regenbogenfarben leuchten zu lassen, aber blockieren gleichzeitig oft politische Entscheidungen, die wichtig für die Szene wären.
Bayern sei zum Beispiel das einzige Land, das keinen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie habe, kritisiert Slawik. „Die Solidarität von CDU/CSU-Politikern ist oft geheuchelt“, so der Vorwurf der Grünen-Politikerin.
Auch von NRW-Landesvater Armin Laschet (CDU) würde sie sich zum Beispiel mehr Engagement für Regenbogen-Familien wünschen.
„Laschet verweist immer auf das Wahlprogramm, aber wenn sie darin nach dem Stichwort LGBT suchen, finden sie keinen einzigen Treffer“, sagt Slawik. Ein: „Modernes Deutschland“ (CDU-Wahlprogramm-Titel) sehe für sie anders aus. „LGBT-Personen sind anscheinend kein Teil davon und das ärgert mich sehr.“
Grünen-Politikerin und Trans-Frau: „Bekomme Hass, Beleidigungen und Häme zu spüren“
Trotz des Politik-Ärgers will sie sich zum Beispiel neben ihren Grünen-Themen Verkehrswende und mehr Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr weiterhin politisch für die LGBT-Szene einsetzen.
Doch immer wieder merkt die Jungpolitikerin, dass dadurch die Anfeindungen deutlich zunehmen. „Ich bekomme häufig transfeindliche Nachrichten, Hass, Beleidigungen und sexistische Häme zu spüren“, so Slawik. Doch sie will dranbleiben, Gesicht zeigen und Politik für ihre Partei machen – jetzt auch im Deutschen Bundestag.