„Sorge, ob wir das überleben“Angst vor Energiekrise: Kölner Sportvereine vor dem Aus?

Eine Fußballmannschaft trainiert bei Flutlicht auf einem Sportplatz.

Gehen die Lichter bald ganz aus? Die Sportvereine in Köln müssen sich vor allem im Winter auf deutlich teurere Energiekosten einstellen. Das Symbolfoto wurde am 21. November 2021 in Lüneburg aufgenommen.

Die Energiekrise wird vor allem im Herbst und im Winter ein großes Thema – auch für die Kölner Sportvereine. EXPRESS.de hat sich bei den Klubs umgehört.

von Niklas Brühl  (nb)

Die Energiepreise schießen in die Höhe, viele Menschen müssen besonders mit Blick auf die bevorstehende kalte Jahreszeit jeden Cent zweimal umdrehen. Kann ich noch guten Gewissens die Heizung aufdrehen, um nicht in der ausgekühlten Wohnung zu sitzen? Muss ich mich beim Duschen künftig beeilen, damit die Kosten im Rahmen bleiben? Fragen, die uns im Herbst und Winter wohl alle beschäftigen werden – allerdings geht es so nicht nur den Privatpersonen so, sondern auch den rund 800 Sportvereinen in Köln.

Die klammen Kassen der Breitensportvereine werden durch die erhöhten Energiekosten auf eine weitere Probe gestellt. Wie läuft es mit dem Beheizen von Sporthallen? Den Duschen? Oder dem Flutlicht? EXPRESS.de hat sich bei verschiedenen Kölner Vereinen umgehört, ob bereits Maßnahmen ergriffen wurden und wie der Ausblick auf die kommenden Monate ausfällt.

Energiekrise im Amateursport: DOSB mit großen Sorgen

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat die prekäre Lage längst erkannt. Schon im Juli setzte der Dachverband ein Positionspapier auf, das darauf abzielte, einen Energie-Lockdown für den Sport zu verhindern. Eine weitere Zwangspause würden viele Vereine, vor allem die kleinen, womöglich nicht überleben. Von den physischen und psychischen Folgen bei den Menschen ganz zu schweigen.

„Wir haben große Sorgen davor, dass sich Fehler, die während der Corona-Pandemie gemacht worden sind, wie pauschale Schließungen, jetzt wiederholen“, sagte Michaela Röhrbein, DOSB-Vorstand Sportentwicklung: „Wir sollten aus der Corona-Pandemie lernen. Das heißt, dass wir nicht kurzfristige adhoc-Handlungen vornehmen, sondern kluge Maßnahmen angehen.“

Kurzfristig sollen die Auswirkungen der Energiekrise mit unkomplizierten Maßnahmen wie Temperaturabsenkungen in Schwimmbädern und Sporthallen oder kalten Duschen abgemildert werden. Zugleich müssten die Sportvereine nach Wunsch des DOSB in den Genuss von Energiekostenentlastungspauschalen kommen.

Kölner Sportvereine äußern sich zur Energiekrise

Aber was sagen die Verantwortlichen der Kölner Sportvereine selbst zur derzeitigen und zukünftigen Situationen in ihren Klubs?

Yvonne Esser, Spielvereinigung Wahn Grengel:

„Wir haben uns dazu entschieden, die Mitgliedsbeiträge nicht zu erhöhen. Viele Familien haben momentan schon so eine hohe Belastung, psychisch und finanziell, sodass wir dort nicht auch noch zusätzlich beeinträchtigen wollen. Wir haben als Verein die Corona-Pandemie gut überstanden, da es genau diese Mitglieder waren, die uns in dieser Zeit nicht im Stich gelassen und uns die Treue gehalten haben.

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Unsere Jugendmannschaften kommen beispielsweise zum überwiegenden Teil schon umgezogen zum Platz, sodass die Umkleiden und Duschen nur von unseren Seniorenmannschaften genutzt werden. Unsere Flutlichter sind dank der LED-Strahler ebenfalls günstiger im Unterhalt. Wir werden auch diese Situation gut überstehen.“

Thomas Bartel, FC Junkersdorf:

„Da es während der Corona-Zeit kaum Abmeldungen gab, sind wir derzeit finanziell ganz ordentlich aufgestellt. Da unsere Sportstätten von der Stadt betrieben werden, sind wir als Verein jetzt nicht direkt so stark von der Krise betroffen. Bislang hat auch noch niemand von der Stadt mit uns Kontakt aufgenommen, dass es in den kommenden Monaten zu irgendwelchen Einschränkungen kommen würde.“

Christian Müller, DJK Südwest Köln:

„Wir haben mit 32 Teams die größte Fußball-Nachwuchsabteilung Kölns, müssen also für rund 700 Jugendliche Sorge tragen, dass sie sich beim Training und den Spielen wohlfühlen. Dazu kommen auch noch unsere Seniorenmannschaften. Aufgrund der derzeitigen Situation sind wir mit unseren Trainern und Trainerinnen bereits in den Dialog gegangen, um den Stromverbrauch zu optimieren.

So soll beispielsweise als eine Maßnahme das Flutlicht direkt nach dem Training ausgeschaltet werden. Wir wollen über die Übungsleiter und Übungsleiterinnen das Bewusstsein der Kinder für die momentane Situation schärfen. Die Beiträge werden wir nicht erhöhen. Wir haben unseren Mitgliedern während der Corona-Zeit die Chance eingeräumt, die Beitragspflicht auszusetzen. Davon haben aber nur die wenigsten Gebrauch gemacht.

Außerdem haben wir den Trainern und Trainerinnen weiterhin ihre Aufwandsentschädigung ausbezahlt, obwohl das Training gar nicht stattfinden konnte. Durch diese Maßnahmen konnten wir eine gewisse Loyalität bei unseren Mitgliedern fördern. Ich fordere aber von der Stadt Köln, alle betroffenen Vereine von etwaigen Maßnahmen so früh wie möglich in Kenntnis zu setzen und von sich aus zu kommunizieren, um darauf reagieren zu können.“

Walter Schulz, SuS Nippes 12:

„Unsere bereits kalkulierten Mehrkosten für dieses Jahr belaufen sich auf 2082 Euro. Und das sind nur die bereits feststehenden Mehrkosten – die Gasumlage kommt obendrauf und weitere Preissteigerungen werden in vielen Berichten angekündigt. Bei unserer Anlage zahlt sich aus, dass sie erst vor wenigen Jahren erneuert worden ist. Vereine und Anlagen mit älteren Installationen müssen wahrscheinlich noch höhere Mehrbelastungen ansetzen.

Eine solche Kostensteigerung ist nicht durch Sparmaßnahmen aufzufangen, da es sich beim Strom vor allem um Beleuchtungen handelt, die aus Sicherheitsgründen unabdingbar sind. Oder um die Flutlichtanlage, ohne die in der Herbst- und Winter-Periode und in den ersten Frühlingstagen kein Sportbetrieb möglich ist. In diesen Monaten brauchen wir in den Frühstunden übrigens auch die Flutlichtanlage, um Schulsport zu ermöglichen. Für den allerdings zahlt die Stadt ohnehin keinen müden Cent.

Einschränkungen beim Sportbetrieb, das ist klar, bedeuten Verlust von Teams, was gleichbedeutend mit dem generellen Verlust von Mitgliedern und Mitgliedereinnahmen wäre und unser Defizit noch in die Höhe schrauben würde. Das alles ist im Breiten- und Amateursport nur zu bewältigen, wenn es vonseiten der Stadt wesentlich höhere Zuschüsse und höhere Zahlungen für Sport- (und Kultur-/Bildungs-)förderungen geben sollte. Bei beidem ist derzeit eher unwahrscheinlich, dass die staatlichen Institutionen von sich aus initiativ werden. In der aktuellen Haushaltslage wird gerade da gespart werden, wo es sich um ‚freiwillige Leistungen‘ handelt, worunter der Breitensport fällt.

Es braucht eine massive Mobilisierung unter den Sportvereinen, damit die Notlagen offensichtlich und die Bereitschaft zur Unterstützung geweckt werden. Die Verbände sind derzeit allerdings sehr zurückhaltend und auch für den Stadtsportbund, der das Problem sieht, ist es ziemlich schwierig, alle Betroffenen auf eine Linie und zum Engagement zu bringen. Wir als Verantwortliche bei SuS Nippes 12 setzen allerdings darauf und sind in dieser Hinsicht aktiv!“

Hans-Georg Offermann, RSV Rath-Heumar:

„Das Problem der Energiekrise trifft uns mit voller Härte. Bei uns ist es auch nochmal eine spezielle Situation, da wir seit langer Zeit darauf hoffen, einen neuen Sportplatz zu bekommen, es bei diesem Thema aber einfach keinen Fortschritt gibt. Wir haben in den vergangenen Jahren einen Mitgliederschwund von 1200 auf knapp über 500 verkraften müssen. Natürlich sind das riesige finanzielle Ausfälle.

Drei Sportvereine in Rath-Heumar bangen um ihre Existenz.

Hans-Georg Offermann vom RSV Rath-Heumar (m.) sorgt sich um die Zukunft seines Vereins.

Im Hinblick auf die Energiekrise versuchen wir jetzt aktiv, unsere Mitglieder darauf zu sensibilisieren, beispielsweise die Türen der Umkleiden im Winter zu schließen, wenn es nicht nötig ist, nicht alle Flutlicht-Masten einzuschalten und so weiter. Ich weiß aber momentan noch nicht, ob wir das auch alles so hinkriegen. Ich hege höchste Sorgen, ob wir diese Situation als Verein überleben.“

Stadt Köln mit Statement zur Energiekrise der Sportvereine

Die Gemüter sind erregt. Doch was sagt die Stadt Köln selbst zu den steigenden Energiekosten im Bereich der Sportvereine? Ein Sprecher der Stadt räumt auf EXPRESS.de-Anfrage ein: „Die steigenden Energiepreise und die Energiesparverordnung stellen den Sport und die Kölner Vereine vor große Herausforderungen. Zu diesen Herausforderungen steht die Sportverwaltung im Austausch mit dem Stadtsportbund Köln.“

Gleichzeitig werde mit der Gebäudewirtschaft an Lösungsmöglichkeiten gearbeitet, die die Senkung des Energieverbrauchs zum Ziel haben. Dabei erfolge eine enge Orientierung an den Handlungsempfehlungen des DOSB für die Vereine. „Alle Überlegungen müssen als Teil einer gesamtstädtischen Strategie betrachtet werden. Der Sport ist dabei ein wichtiger, aber keineswegs der einzige Baustein“, sagt der Sprecher der Stadt weiter.

Die Energiekrise und die Kölner Amateursportvereine – ein Thema, über welches vor allem in den kommenden Monaten wohl noch hitziger diskutiert werden wird.