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WowRaten Sie mal, was diese „grottenschlechte” Kölner Schülerin nun beruflich macht
Köln – Sie war eine „grottenschlechte“ Schülerin am Kölner Ursulinengymnasium für Mädchen (Abischnitt 3,4), sie schmiss die Höhere Handelsschule. Und die Eltern sorgten sich: Mädchen, was soll aus dir nur werden?
Heute ist Mira Ungewitter eine der ungewöhnlichsten Pastorinnen Europas, die sogar die Jugend erreicht. Wir trafen die 34-Jährige beim Heimatbesuch in Köln.
Pastorin Mira Ungewitter im Tanktop mit Nasenpiercing
Sieht so eine Kirchenfrau aus? Schwarzes Tanktop, Nasenpiercing und riesige Kreolen. „Die hab’ ich mir zugelegt, nachdem ich gelesen hab’, dass Trump die Dinger nicht ausstehen kann“, lacht sie.
Nein, für den US-Präsidenten wäre die bekennende Feministin ein rotes Tuch, aber auch viele Kirchenmänner tun sich schwer mit ihren unkonventionellen Methoden und Ansichten. „Ich war und bin viel unterwegs, aber es war immer beides wichtig, Ausgehen und Kirche.“
Von der Disco auf dem Ring ging's früher zum Gottesdienst
Als Teenie ging’s für sie oft vom „Nachtflug“-Club direkt in den Gottesdienst. Und auch heute noch liebt sie es, die Nächte durchzufeiern.
Mira Ungewitter studierte Theologie in Bonn, arbeitet jetzt als Pastorin der Baptistengemeinde – das ist die größte protestantische Bewegung auf der Welt – in Wien.
Sie predigt in einem alten Ballsaal, ihre Kanzel besteht aus ausrangierte Limo-Kisten, statt Kirchengewand trägt sie auch schon mal ein Johnny-Cash-Shirt und Shorts. „Ich passe mich halt der Situation an“, lacht sie.
Wenn sie einen Asylbewerber aufs Amt begleite, schaffe das Collarhemd mit dem weißen Stehkragen Respekt. Auf der Schwulen-Parade „Vienna Pride“ trage sie das Priesterhemd auch, um zu symbolisieren, dass ihre Kirche nicht ausgrenze. Das kommt an. Sie ist auf Teenager-Festivals ebenso gefragt wie als Jury-Mitglied des Deutschen Predigtpreises.
Gottesdienste studentenfreundlich um 17 Uhr
Ein Tausendsassa mit Surfbrett und VW-Bulli aus den 80ern. Sie hält die Sonntagsgottesdienste um 17 Uhr, weil das eine eine „studentenfreundliche Zeit“ sei. Könnte das die Schäfchen zurück in die Kirche treiben?
Die Verpackung ist die eine Sache, der Inhalt die andere. Und den nimmt Frau Pastor besonders ernst. Sieben bis zehn Stunden arbeite sie bestimmt an einer Predigt, lese auch viel Sekundärliteratur zu den Bibelstellen, um ihre Thesen zu untermauern.
„Frauen gehören in leitende Kirchenpositionen“
Und die haben es in sich. „Es war von vornherein gewollt, dass Frauen leitende Positionen in Kirchen bezogen haben“, glaubt sie. Man müsse das natürlich immer im Kontext der Zeit sehen, aber Jesus sei einfach verdammt fortschrittlich gewesen.
„Er hatte Jüngerinnen in seinem Gefolge, ließ sich von Prostituierten berühren, die Füße waschen, das Haupt salben.“ Und es sei doch ein richtiger Schlag ins Gesicht des Patriarchats, dass eine Frau – Maria von Magdala – die erste Zeugin bei der Auferstehung sei.
Diese Frau, die schon vor 2000 Jahren unbeugsam zu einem Staatsfeind wie Jesus gehalten habe, sei ihre Lieblingsfigur in der Bibel, ihr Vorbild.
Eine Kirche, in der Homosexualität und Abtreibung keine absoluten Tabus sind, in der Frauen die gleichen Rechte wie Männer haben, das wäre schon ihr Ding. Mit so viel Tabubrüchen tun sich ja sogar noch viele Baptisten schwer. Egal, die Frau mit kölscher Seele und dem Wiener Schmäh wird’s ihnen schon zeigen.