Vier Persönlichkeiten, die durch ihr Wirken viel zum Schutz der Menschenrechte beigetragen haben, wurden im Kölner Rathaus geehrt. Sie durften sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen.
Brings, Niedecken, SchwarzerReker feiert Persönlichkeiten – auch wenn sie teils anderer Meinung ist
Am 10. Dezember 1948 verkündete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Genau 75 Jahre später erinnerte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (67) am Sonntag (10. Dezember 2023) an die 30 Artikel, die bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sicherstellen.
„Unsere Welt und Stadtgesellschaft scheint auseinanderzustreben. Die Fliehkräfte werden gespeist von Ungewissheiten. Wir müssen was dagegen tun. Unsere Demokratie wird von innen bedroht. Wir sind in einer Dauerkrise“, sagte sie. Im Historischen Rathaus würdigte Reker vier Persönlichkeiten, die sich für den Schutz der Menschenrechte eingesetzt haben, indem sich diese ins Goldene Buch der Stadt eintragen durften.
BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken schickte Video-Botschaft
Eins hätten Rolly Brings (80), Dr. Monika Hauser (64), Wolfgang Niedecken (72) und Alice Schwarzer (81) gemein: „Sie haben sich durch starken inneren Antrieb, authentisches Wirken und mutiges Handeln hervorgetan“.
Rolly Brings stehe für Humanität und Solidarität. „Als Musiker trifft er den richtigen Ton. Seine Stimme berührt mich. Sie ist rau und ehrlich. Die kölschen Texte haben Kanten und eine davon ist besonders ausgeprägt: die klare Kante gegen Antisemitismus, Antiziganismus und Rassismus.“ An den 80-Jährigen gewandt, sagte Reker: „Du symbolisierst für mich das Gewissen Kölns.“
Der Geehrte hielt sich mit großen Worten zurück. „Am glücklichsten bin ich, dass alle meine Kinder die Fackel weitertragen. Das macht mich stark und hoffnungsfroh“, sagte er und stimmte den von ihm geschriebenen Song „Europa“ an. Darin heißt es: „Europa demokratisch, Europa ohne Hass. Europa bunt-sympathisch: Dat es jet, wat meer pass“.
Mit BAP-Frontmann Niedecken sollte sich in der Piazzetta noch ein Musiker ins Goldene Buch eintragen. Doch der schickte wegen der derzeit laufenden Sartory-Konzerte nur eine Video-Botschaft. „Ich muss mit meinen Kräften haushalten, aber wir holen das nach. Dass ich dann mit John F. Kennedy und der Meistermannschaft des FC in einem Buch stehe, macht mich stolz“.
Für die Rechte der Frauen stehen die beiden anderen Geehrten. Gynäkologin Hauser gründete vor 30 Jahren die Hilfsorganisation Medica Mondiale. Sie unterstützt weltweit Hilfsprojekte für Frauen und Mädchen, die von sexualisierter Kriegsgewalt betroffen sind. „Ich mache das für die Würde der Frauen und für meine eigene Würde“, sagte die gebürtige Schweizerin.
Mit Journalistin Schwarzer wurde auch eine umstrittene Frau durch die Stadt geehrt. „Sie zählte nie zum Mainstream. Ich vertrete auch zum Teil andere Positionen als sie, etwa bei der militärischen Unterstützung der Ukraine oder bei der Kopftuch-Debatte. Aber ich hielte es für falsch, ausschließlich Personen auszuzeichnen, mit denen ich zu 100 Prozent übereinstimme“, sagte die OB.
Schwarzer habe schließlich immer dem Gegenwind, den die Frauenbewegung erfahren habe, widerstanden. „Junge Generationen müssen wissen, dass die Rechte von Frauen, die sie heute ganz selbstverständlich genießen, erkämpft wurden. Dafür gibt es Vorbilder, denn ein Selbstläufer war die Frauenrechtsbewegung noch nie. Für die Verdienste um die Gleichstellung der Frauen gebührt Frau Schwarzer der Respekt“.
Die gebürtige Wuppertalerin, die seit 1976 in Köln lebt, nahm die Ehrung augenzwinkernd entgegen. „Das Adjektiv umstritten, das mich schon so lange begleitet, scheint mir eigentlich zwingend für einen Menschen, der etwas verändern will. Da freuen sich nicht immer alle drüber“.
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Die Frauenrechtlerin mahnte in ihrer Rede: „Die Emanzipation geht kräftig voran. Es klingt vielleicht paradox, aber gerade dies birgt steigende Gefahren. In einem gelassenen Patriarchat, wo jeder weiß, wo er hingehört, herrscht relative Ruhe. Gefährlich wird es in Zeiten des Umbruchs, in denen wir uns befinden. Da versuchen die Kräfte, die bisher privilegiert waren, diese Privilegien nicht zu verlieren“.
Viele Persönlichkeiten der Stadt Köln bei Ehrung im Rathaus
Schwarzer wies auf schlimme Statistiken hin. „In Deutschland wird an jedem zweiten Tag eine Frau von ihrem eigenen Freund, Ehemann oder Ex-Partner umgebracht. Ich möchte dafür sensibilisieren, dass leider auch in Frieden Krieg gegen Frauen herrscht. Bei aller Freude über Karriere und Quoten dürfen wir das Dunkel nicht vergessen.“
Am Festakt im Rathaus nahmen etliche Persönlichkeiten der Stadt Köln teil. Neben den früheren Oberbürgermeistern Fritz Schramma und Jürgen Roters waren auch Ludwig Sebus, Frank Schätzing, Bettina Böttinger, Peter Brings, Bernd Petelkau, Barbara Schock-Werner, Bernhard Conin und Bömmel Lückerath unter den Gästen.