Pur-Konzert in Lanxess-ArenaAbend ging ans Herz: Hartmut Engler weint bei Köln-Konzert

Hartmut Engler von Pur singt bei seinem Konzert in Köln.

Pur-Sänger Hartmut Engler bei seinem Konzert am Sonntag (23. April 2023) in der Lanxess-Arena in Köln.

Pur sorgten bei ihrem Konzert für eine ausverkaufte Lanxess-Arena. Im Gegensatz zu früheren Touren war der Abend aber nicht nur eine einzige Party. Es gab auch viele nachdenkliche Töne.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Wenn Pur auf Tour sind, dann lässt die Band ihr Herz auf der Bühne und die Fans singen Zeile für Zeile frenetisch mit. Vor knapp 50 Jahren als Schülerband gegründet und vor knapp 40 Jahren in Pur umbenannt, ist die Band um Sänger Hartmut Engler (61) eine der erfolgreichsten Deutschlands.

Pur live, das bedeutet normalerweise zweieinhalb Stunden Partystimmung, strahlende Gesichter und ausgelassene Fröhlichkeit mit Konfetti und Pyrotechnik. Doch am Sonntagabend (23. April 2023) erlebten die 16.000 Fans – die meisten davon im T-Shirt mit Band-Schriftzug – in der ausverkauften Lanxess-Arena im Rahmen der „Persönlich“-Tour auch die ernste Seite der Band.

Pur: 16.000 Fans beim Konzert in der Lanxess-Arena in Köln

„Es ist um uns herum in der ganzen Welt so vieles passiert, was uns vielleicht die Dinge anders betrachten lässt und unser Leben mitunter auch verändert hat. Auch ein solches Thema wird an so einem wunderschönen Abend nicht ausgespart“, verteidigte Engler die doch längeren nachdenklich stimmenden Phasen.

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Mit Liedern wie „Keiner will alleine sein“ oder „Voll sein“, verarbeitete Songschreiber Engler die Folgen der Corona-Pandemie. „Wir hatten alle die Schnauze voll von Einschränkungen und Regeln“, rief er den Fans deshalb zu.

Fans beim Pur-Konzert in der Kölner Lanxess-Arena.

Die Pur-Fans waren glücklich, endlich wieder ein Konzert mit ihren Lieblingen zu erleben.

Zwischen den Gute-Laune-Hits gab es viele Phasen zum Zuhören. „Ich bin dein Verschwörer, ich trink' das Blut der Kinder. Verschwinde durch das Internet und tauche wieder auf“, hieß es beim Song über Verschwörungstheoretiker.

Dass das Lied „Kein Krieg“ bereits 1991 erschienen ist, verwundert angesichts der aktuellen Weltlage und der Aktualität der Textzeilen umso mehr. Mit „Neue Brücken“ und „Brüder“ folgten weitere Titel, die zu mehr Menschlichkeit und Frieden aufriefen.

„Was haben wir das vermisst! Fünf Jahre ist es her, dass wir das letzte Mal hier waren. Es hat sich viel, viel getan“, sagte Engler. „Aber es sind noch ein paar Dinge geblieben. Wir sind immer noch auf der Bühne und ihr seid da. Und noch etwas hat sich nicht geändert. Das nächste Lied kann ein Motto für einen Pur-Abend sein“, kündigte er den Song „Freunde“ an.

Und so durfte zwischendurch dann doch wie gewohnt gefeiert werden. Das Hit-Medley wurde vom Song „Indianer“ gekrönt. Auf den sonst bei dem Lied aufgesetzten Kopfschmuck verzichtete die Band, auf den Titel nicht. „Dieses Lied hat nichts mit dem Schicksal der nordamerikanischen Ureinwohner zu tun, sondern es sind Kindheitserinnerungen. Und die lassen wir uns auch nicht nehmen“, rief der Sänger in die jubelnde Masse.

Pur: Hartmut Engler kamen bei Ständchen für seine Mutter die Tränen

Emotionaler Höhepunkt des Abends war die ergreifende Ballade „Wenn sie diesen Tango hört“, das Lieblingslied seiner vor sechs Jahren verstorbenen Mutter Anni. Im Anschluss sang er für sie ein Ständchen („Heut ist sie 90, sie lebe hoch“), im Hintergrund war ein Foto zu sehen, wie er mit seiner Mama näselt. In dem Moment konnte Engler seine Gefühle nicht mehr zurückhalten, ihm kamen die Tränen.

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„Es ist ein Geschenk, solche Emotionen mit so vielen Menschen auf diese Art und Weise zu teilen. Ich werde diesen naiven Gedanken nicht los, dass sie, während wir hier unten sind, da oben sitzt, zuhört, Spaß hat, ein Glas Sekt trinkt und irgendwie zu mir sagt: ‚Bub, du hast es gut gemacht‘“, erklärte er seinen Gefühlsausbruch.

Emotional dürfte es auch ab Oktober beim Musical „Abenteuerland“ im Düsseldorfer Capitol-Theater werden. Bei „Drachen sollen fliegen“ hatte das Ensemble einen Kurz-Auftritt in Köln. Engler fiebert der Premiere bereits entgegen: „Ich werde so oft da sein“.

Stefan Löcher mit Pur bei der Übergabe des Sold-out-Awards.

Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher (r.) überreichte Pur und dem Tour-Management den Sold-out-Award für die ausverkaufte Show in Köln.

Nach vielen Jahrzehnten gönnte die Band übrigens einigen Klassikern ein neues Gewand und ein paar Anpassungen. Bei „Hör gut zu“ heißt es plötzlich „Ich habe gut und gerne sechs Kilo Übergewicht“.

„Prinzessin“ wurde musikalisch verändert, der Fan-Liebling „Funkelperlenaugen“ von der A-cappella-Gruppe Naturally 7 begleitet. Die Truppe aus New York bestritt das Vorprogramm und kam, ebenso wie Gastsängerin Peppa, mehrmals zwischendurch dazu.

Ensemble des Pur-Musicals „Abenteuerland“ mit Kurzauftritt

Für Pur-Puristen mag die Überarbeitung gewöhnungsbedürftig sein. Doch so hält sich die Band auch nach 17 Alben und zahllosen Konzerten frisch. Auch die Musiker, von den Gründungsmitgliedern Joe Crawford (60) und Rudi Buttas (68) bis hin zum jüngsten Mitglied Severin von Sydow (28), sind inzwischen als „Drei-Generationen-Gruppe“ unterwegs.

Mit den traditionellen „Oh, wie ist das schön“-Gesängen und der letzten Zugabe „Lena“ endete der Abend dann doch Pur-typisch positiv. „Ich kenne die Jungs von Pur jetzt schon seit vielen Jahren und es ist mir jedes Mal eine Freude, wenn sie uns wieder in Köln besuchen“, war auch Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher (51) happy mit dem Abend in der rappelvollen Halle.