Der Unfall mitten im Herzen Kölns sorgte bei vielen für Entsetzen. Ein Lkw-Fahrer erfasste im Jahr 2020 eine Radfahrerin, überrollte sie. Jetzt stand der 45-Jährige vor Gericht.
Radlerin (†55) überrolltProzess gegen Lkw-Fahrer: Kölner Richterin mit Paukenschlag-Urteil
Köln. Die Bilder, die im Prozess gegen einen Lkw-Fahrer (45) gezeigt wurden, sind schrecklich. Der Familienvater musste sich am Dienstag (14. September) vor dem Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Dabei wurde ein Video aus einer Überwachungskamera am Friesenplatz vorgeführt.
Es zeigt, wie der Laster beim Rechtsabbiegen vom Hohenzollernring auf die Venloer Straße eine Radfahrerin (55) erfasst, unter sich begräbt und überrollt. Schlimme Szenen, die kaum zu ertragen sind. Besonders für die Schwester der Toten, die als Nebenklägerin auftrat.
Tödlicher Unfall auf den Ringen: Überwachungskamera filmte alles
Der tödliche Unfall passierte am 14. Mai vergangenen Jahres gegen 11.10 Uhr. Der Lkw-Fahrer war von einer Baustelle auf den Hohenzollernring gebogen und nur ein paar Meter weiter an der Kreuzung vor einer roten Ampel stehen geblieben. Auf dem Video sieht man, wie zwei Radfahrer rechts an dem Brummi vorbeifahren und sich in dem für sie gekennzeichneten Bereich positionieren, um auf Grün zu warten. Das spätere Opfer kommt als dritte angeradelt, bleibt hinter den beiden anderen stehen.
Als die Ampel umspringt, fahren die ersten beiden Radler vor dem Lkw los, das spätere Opfer jedoch bleibt auf Höhe des Lkw – für den Fahrer durch die A-Säule und den rechten Außenspiegel nahezu völlig verdeckt.
Dennoch, so später der Sachverständige Alexander Wiek, hätte der Angeklagte die Radfahrerin sehen können, als diese angeradelt kam. „Entweder achte ich ganz früh drauf und zähle die Radfahrer ab“, erklärte er. „Oder ich warte solange, bis sie aus dem toten Winkel rausgefahren sind. Klar, dann hupen die hinter einem, aber das ist dann eben so.“
Drama in Köln wäre laut Gutachter vermeidbar gewesen
Für den Sachverständigen war die Vermeidbarkeit des Horrorunfalls eindeutig. Laut seines Gutachtens hätte der Lkw-Fahrer 17 Sekunden lang die Radfahrerin, die mit einer weißen Jacke und einer leuchtend roten Hose bekleidet war, beim Annähern sehen können. In der Zeit hätte dieser aber nicht in den Rückspiegel geguckt. „Denn dann hätte er sie sehen können – und müssen“, betonte er.
Besonders tragisch: Der Lkw-Fahrer bremste beim Abbiegemanöver kurz ab, als er mit der vorderen rechten Ecke das Lastwagens das Hinterrad des Fahrrades gerammt hatte. Die 55-Jährige wollte geradeaus fahren. Durch die Kollision stürzte sie unter den Laster, war vermutlich nur leicht verletzt. Doch dann fuhr der Angeklagte wieder an und überrollte die Frau mit dem schweren Fahrzeug im Oberkörper- und Kopfbereich.
Sie war auf der Stelle tot. Auf dem Video sieht man, wie Passanten zunächst winken, um den Fahrer zu alarmieren. Dann schlagen sie geschockt die Hände vors Gesicht.
Angeklagter hatte Spezialschulungen für Verkehr in London
Der Angeklagte ist seit 1995 Kraftfahrer und war mehrere Jahre regelmäßig in London unterwegs, hatte deswegen sogar Spezialschulungen gemacht – explizit mit Blick auf den Fahrradverkehr, der in der britischen Hauptstadt noch viel heftiger ist.
Obwohl er wusste, dass man besonders aufmerksam sein und mehrfach gucken müsse, so die Richterin später in der Urteilsbegründung, sei er quasi blind losgefahren. „Wenn sie mit so einem Riesengerät durch die Innenstadt fahren, müssen sie aufpassen, sehr viel mehr aufpassen“, erklärte sie. „17 Sekunden haben sie nicht in den Spiegel geguckt, sonst hätten sie sie ankommen gesehen.“
Kölner Amtsrichterin mit hartem Urteil gegen Lkw-Fahrer
Das Urteil, das sie dann fällte, war eine Überraschung: Sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung, haute die Richterin raus! Die Staatsanwaltschaft als auch der Vertreter der Nebenklage hatten „nur“ auf eine Geldstrafe – 180 Tagessätze á 55 Euro – plädiert. Der Verteidiger hatte einen Freispruch gefordert.
Der Angeklagte muss außerdem 2000 Euro an die Verkehrswacht Köln zahlen. Ziel sei es, so die Richterin an den Familienvater gewandt: „Dass Sie sich nicht nochmal mit so einer Sorglosigkeit im Straßenverkehr bewegen.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (iri)