Brief an Angela Merkel„Sorge und Angst“: Kölsch-Lieferant befürchtet das Schlimmste
Köln – Dort, wo sonst hektische Betriebsamkeit herrscht und Lkw ein- und ausfahren, ist es ruhig geworden: Dutzende Fahrzeuge stehen frisch gewaschen auf dem Hof von Ralf Schlegelmilch in Poll. Seine Firma „Feiermacher“ ist spezialisiert auf Getränkelogistik und Events.
Kölsch-Lieferant: Werden in Corona-Krise vergessen
Jahrelang war er ausgelastet, fuhr Fässer von A nach B, Schankwagen, bestückte Feste und Feiern. Doch jetzt schaut er mit Galgenhumor auf seinen verwaisten Fuhrpark, denn die 45 Mitarbeiter sind zum Nichtstun verdammt. Corona hat alles verändert.
„Wenn man so will, sind wir Gottes verlorene Kinder“, sagt der Mann, der zudem Präsident der Willi Ostermann Gesellschaft ist und dem Festkomitee Kölner Karneval in Sachen Marketing angehört. Schlegelmilch ist also bestens vernetzt in Köln. Doch auch das kann ihn jetzt nicht trösten. Keine Feste, kein Lkw, der Bier oder Equipment bringt.
Köln: Brief an Angela Merkel in Corona-Krise
„Ich versuche mich tagtäglich neu zu motivieren und als Vorbild für meine 45 Mitarbeiter und deren Familien meine Grundüberzeugung des positiven Denkens zu übertragen“, sagt er. Doch es ist schwer.
Auch deshalb hat er jetzt einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben, an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und an Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Er erklärt: „Es wird sehr viel über die Gastronomie geredet und ich gönne es den vielen Wirten und Restaurantbesitzern.“ Aber: „An uns wird in dieser Debatte nicht gedacht. An die Logistik hinter dem Kneipenbesuch. Das ist ärgerlich.“
In dem Brief an Merkel und Co. heißt es: „Eine Nagelpflegerin, die ein mobiles Nagelstudio betreibt und von Hausbesuchen lebt, erhält einen Betrag von 9.000 Euro. Ein Unternehmen wie meines, mit entsprechenden Strukturkosten und einem größeren Fuhrpark, erhält 25.000 Euro. Für mich ist das leider bestenfalls ein Tropfen auf dem äußerst heißen Stein.“Schlegelmilch will die Arbeit anderer nicht klein reden. „Mir ist aber daran gelegen, dass in der Corona-Krise alle bedacht werden. Das ist aber nicht der Fall.“
Köln: Kredit in Corona-Krise reicht nicht aus
Er lobt die Politik ausdrücklich. „Mir ist nicht daran gelegen, zu kritisieren. Ich möchte nur auch auf unser Schicksal aufmerksam machen.“
Ein letzter Punkt im Brief an die Bundeskanzlerin befasst sich mit den Krediten durch die KfW.
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„Allerdings sprechen wir von einem Kredit, so auch die vielen Stundungsmöglichkeiten der Steuern, der natürlich auch zurückzuzahlen ist. In meinem Fall, sicherlich auch in vielen anderen, war vor der Krise eine Auslastung an 100 Prozent gegeben. Wir haben Erträge eingefahren, die allerdings keine astronomischen Höhen erlaubt haben. Wie sollen wir in die Lage versetzt sein, diese Kreditvolumen regelmäßig und durchgehend zurückzuzahlen?“
Kölsch-Lieferant: Insolvenz droht in Corona-Krise
So bitter es ist – der Grundoptimist Schlegelmilch ist ratlos, was die Zukunft angeht. „Mir fehlt es an der Vorstellung, diese Volumina zusätzlich zu stemmen. Ich habe große Sorge und Angst, durch die Schuldenlast der Zukunft erdrückt zu werden und nachfolgend in eine unverschuldete Insolvenz zu kommen.“
Ob in Berlin, Düsseldorf oder im Kölner Rathaus dieser Hilferuf gehört wird? „Ich weiß es nicht“, meint Ralf Schlegelmilch. „Es ist aber allemal besser als nichts zu tun.“