Rockermord in KölnZeugin (29) erlebt Hinrichtung ihres Freundes – „Er hat mich noch mal angeguckt“

Markierungen der Polizei dokumentieren den Tatort in einem abgesperrten Bereich im Böcking-Park.

Auf dem Weg am Böcking-Park ist Blut zu sehen. Auch Einmalhandschuhe der Rettungskräfte liegen dort – sie kämpften am 27. Mai 2023 vergeblich um das Leben von Eren Y. Mit schwarz-gelben Schildern hat die Polizei am Tatort Spuren markiert.

Nach dem Mord an einem ehemaligen Rocker in Mülheim steht der mutmaßliche Auftraggeber vor Gericht. Beim Prozessauftakt hat die Freundin des Opfers ausgesagt.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

Die Schüsse fallen am helllichten Tag, es ist eine Hinrichtung auf offener Straße: Am 27. Mai 2023 wird Eren Y. (35), ehemaliges Mitglied der Hells Angels, am Böcking-Park in Köln-Mülheim mit einem Kopfschuss getötet.

Am Freitag (19. April 2024) begann vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den Mann, der den Mord in Auftrag gegeben haben soll. Dabei sagte auch die Freundin (29) des Opfers als Zeugin aus. Die junge Frau, auf die auch geschossen wurde, erzählt von dem Albtraum und dem letzten Blick, den ihr Eren zuwarf ...

Kölner Rockermord: Freundin (29) des Opfers sagt vor Gericht aus

Die 29-Jährige und Eren Y., die erst seit einer Woche ein Paar waren, hatten an jenem sonnigen Maitag in einem Fitnessstudio in Köln-Mülheim trainiert. „Eren hatte in der Zeit mehrere Anrufe bekommen“, erinnert sie sich. Von wem und worum es ging, wisse sie aber nicht.

Alles zum Thema Polizei Köln

Als sie das Studio verlassen wollten, sollen die beiden mutmaßlichen Killer (27, 31) im Foyer auf sie gewartet haben. Der jüngere war ein guter Freund des späteren Opfers. Beide waren Mitglieder des Hells Angels-Chapters „MC Rhine Area“, das aufgelöst wurde. Auch die 29-Jährige kannte ihn.

„Die haben sich ganz normal begrüßt“, sagt sie vor Gericht. Zu ihrem Schutz befindet sie sich bei ihrer Aussage in einem anderen Raum und wird per Video in den Gerichtssaal zugeschaltet. Man sei dann ein Stück zusammen gegangen. Die drei Männer hätten dabei miteinander geredet und gelacht.

Eren (†35) in Köln hingerichtet: Freundin schildert grausame Tat

Die Freundin erinnert sich, dass die zwei anderen total dick angezogen gewesen seien, obwohl es über 30 Grad warm war, und auch Taschen dabei hatten. Die drei Männer hätten schließlich noch gemeinsam eine Zigarette geraucht. Die 29-Jährige: „Eren fragt mich dann, ob ich gleich für ihn zur Apotheke gehen könnte, um ein Medikament zu holen.“ Als er dabei auf sie zukam, passierte es.

Aus dem Augenwinkel habe sie gesehen, wie der jüngere der beiden anderen Männer etwas in seiner Tasche gesucht hat. Dann seien insgesamt fünf Schüsse gefallen. „Eren fiel auf die Knie“, erzählt sie und weint. Auch Erens Mutter, die beim Prozessauftakt ein T-Shirt mit dem Foto ihres Sohnes trägt, hält sich laut weinend die Hand vor den Mund.

„Er hat mich noch mal angeguckt – mit einem Blick, als wollte er mir sagen: Renn!“, so die 29-Jährige weiter. Sie sei dann losgerannt. „Blut lief aus meinem Mund, es hat gezischt. Erst da habe ich realisiert, dass ich auch getroffen wurde.“

Bluttat in Köln-Mülheim: Freundin von Eren (†) leidet noch heute

Eine Kugel hatte ihren Kiefer zerschmettert. Sie verlor viel Blut, wurde im Krankenhaus notoperiert. Unter anderem wurde ihr eine Platte im Kieferbereich eingesetzt. Erst auf der Intensivstation habe sie erfahren, dass Eren tot sei.

Hier unsere Umfrage:

„Ich habe immer noch Schmerzen“, erzählt sie vor Gericht. Körperlich, aber auch seelisch leidet sie noch immer. Sie hat eine posttraumatische Belastungsstörung, ist in Therapie, hat Ängste, Schlafstörungen, kann nicht alleine sein.

Kölner Rockermord: Ein Killer saß kurz vorher noch bei Eren am Tisch

Im Prozess sagt die 29-Jährige tapfer aus. Sie erklärt, dass sie einen der mutmaßlichen Killer von ihrer Arbeit in einem Solarium kenne. Er war dort Kunde und zwei Tage vor der Tat noch bei ihr und Eren zu Hause gewesen.

„Er saß bei uns am Tisch, hat von Eren 50 Euro bekommen, weil er kein Geld hatte“, erinnert sich die Freundin des Opfers. Es sei alles ganz locker gewesen. Allerdings sei sie überrascht gewesen, dass dieser bei ihnen aufgetaucht sei. Denn seit das Kölner Hells Angel-Chapter aufgelöst wurde, hätte Eren mit ihm nichts mehr zu tun gehabt.

Eren selbst sei rund sieben Monate vor seinem Tod bei den Hells Angels ausgestiegen. Die Freundin: „Er war froh, dass er da raus war.“ Der Vorsitzende Richter hakt nach, ob Eren ihr erzählt habe, dass der Kölner Club neu gegründet werden sollte. Dies verneint sie.

Auf die Frage des Richters, ob Eren Schulden gehabt hätte, antwortet sie, dass sie das nicht wisse. Mögliche Geldstreitigkeiten könnten das Motiv für den Mord gewesen sein.

Ex-Rocker in Köln erschossen: Nach Bluttat erhält Freundin Schock-SMS

Der Angeklagte, der ebenfalls Mitglied beim „MC Rhine Area“ war und sich jetzt vor Gericht wegen Anstiftung zum heimtückischen Mord verantworten muss, war am 22. September 2023 in Köln-Stammheim durch eine Spezialeinheit festgenommen worden.

Der Angeklagte geht mit ausgestreckter Hand auf seinen Anwalt zu, um ihn zu begrüßen.

Am Freitag (19. April 2024) wird der Angeklagte in den Gerichtssaal geführt und begrüßt einen seiner Verteidiger. Der 27-Jährige soll im Mai 2023 den Mord an einem ehemaligen Hells Angel in Auftrag gegeben haben.

Die beiden mutmaßlichen Killer hingegen sollen sich über Griechenland in die Türkei abgesetzt haben. Die Flucht soll ein enger Verwandter organisiert haben.

Hinterher, so erzählt Erens Freundin vor Gericht, habe sie eine SMS erhalten. Darin habe gestanden, dass es „wirklich gut wäre“, wenn sie „sich selber die Lichter ausknipsen würde“. Es sei ein totaler Schock gewesen, zumal sie eine neue Handynummer gehabt hätte. „Ich weiß nicht, wie meine Nummer an diese Leute gekommen ist ...“