Ulla Nelles-Filippou lebt seit 20 Jahren in Volos. Die griechische Hafenstadt ist von den verheerenden Überschwemmungen betroffen. Die Schilderungen sind dramatisch.
Überschwemmungen, ToteKölnerin mitten drin: „Bin wirklich sprachlos und wütend“
Es sind Bilder, die erschüttern: Das Tief „Daniel“ hat für zahlreiche Unwetter im Süden von Europa gesorgt. Vor allem Bulgarien, die Türkei und Griechenland hat es schwer getroffen.
Die vorzeitige Zwischenbilanz am Freitag (8. September 2023): Brücken wurden durch die Fluten mitgerissen, Autos ins Meer gespült, bislang starben sechs Menschen in den Wassermassen – die Zahl könnte in den kommenden Tagen noch steigen. Denn viele Menschen sind in den betroffenen Ländern immer noch von der Außenwelt abgeschnitten, haben keinen Strom und können nicht telefonieren.
Kölnerin lebt in überschwemmten Gebiet in Griechenland – dramatische Schilderungen
Mitten drin ist Ulla Nelles-Filippou. Die Kölnerin wohnt seit 20 Jahren in der griechischen Hafenstadt Volos in der Region Thessalien, die Gegend ist ebenfalls von den Überschwemmungen betroffen.
EXPRESS.de erreichte sie am Freitag, nachdem sie einer älteren Dame in ihrem Dorf beim Auspumpen ihres Hauses geholfen hatte. Ihre Schilderungen sind dramatisch, ihre Enttäuschung aufgrund der ausbleibenden Hilfe ist enorm.
Ulla Nelles-Filippou selbst hatte noch Glück im Unglück gehabt: Zwar hat sie auch seit Tagen keinen Strom und kein fließendes Wasser, aber außer zwei vollgelaufenen Schuppen kam sie bei den verheerenden Überschwemmungen noch einigermaßen glimpflich davon. Sie wasche sich momentan mit gesammeltem Regenwasser, berichtet sie.
Ihre Schilderungen der vergangenen Tage sind bewegend: „Solche Regenfälle habe ich hier noch nie erlebt. Nach den Bränden im Juli folgt nun wenige Wochen später direkt die nächste Katastrophe. Ich denke aktuell besonders an die Menschen rund um den Berg Pilion.“
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Wieso, erklärt sie eindrucksvoll: „Dort gibt es viele kleine Dörfer. Aber es stehen auch zahlreiche Häuser mitten im Nirgendwo, wo Familien momentan komplett auf sich alleine gestellt sind. Griechen, Deutsche, Österreicher, Engländer. Sie können von Helferinnen und Helfern nicht erreicht werden, haben keinen Strom und keine Möglichkeit, ihren Handyakku zu laden.“
Das Auswärtige Amt hat zusammen mit dem deutschen Konsulat E-Mails an die deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in den betroffenen Gebieten geschickt. Sie sollten sich bei ihrem Hilfegesuch an die Einheimischen wenden.
Für Ulla Nelles-Filippou eine Farce: „Zuallererst: Wie soll diese Mail die Menschen erreichen? Ohne Strom, ohne Handy? Und dann sind die Griechen selbst doch auch in einer Ausnahmesituation und haben womöglich ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Wie sollen sie dann helfen?“
Kölnerin in Griechenland fragt: „Wo bleibt die Hilfe aus Deutschland?“
Die geborene Eifelerin, die eine längere Zeit vor ihrer Auswanderung auch in Köln gewohnt hat, wird deutlich: „Die griechischen Behörden wollen helfen, sind mit der Situation aber maßlos überfordert. Wo bleibt die Hilfe von der EU? Wo bleibt die Hilfe von Deutschland? Die Menschen in den abgelegenen Regionen brauchen Wasser und Lebensmittel, warum fliegen keine Hubschrauber herum und versorgen sie? Ich bin wirklich sprachlos und wütend.“
In vielen Supermärkten in Volos gäbe es mittlerweile kein Wasser mehr zu kaufen – oder würden zu Horror-Preisen angeboten. Reibach machen in der größten Not, Ulla Nelles-Fillipou erlebt in ihrer Wahlheimat aktuell dramatische Situationen: „Aus Verzweiflung halten die Menschen mittlerweile ihre Eimer an die Regenrinnen, um das Wasser aufzufangen. Die erste Etage der älteren Dame, der ich heute Morgen geholfen habe, war nach wenigen Minuten wieder komplett vollgelaufen.“
Die Kölnerin im griechischen Exil wendet sich nochmal mit einem eindringlichen Appell an die deutschen Verantwortlichen: „Hilfen aus anderen Ländern erfolgen, nur aus Deutschland kommt nichts. Wir brauchen Hilfe, Griechenland braucht ganz dringend Unterstützung nach dieser Katastrophe.“ Nach dem Telefonat packte Ulla Nelles-Filippou im überfluteten Gebiet wieder mit an.